- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Spätestens seit seinem Roman "Diese gottverdammten Träume" gilt Richard Russo als Spezialist für US-Kleinstädte, für die Misere der Menschen, die am Wohlstand wenig Anteil haben und von der Politik gern übersehen werden.
Auch "Von guten Eltern", der Abschluss einer 1993 begonnenen Trilogie, wird diesem Ruf gerecht. Der Roman spielt im New Yorker Hinterland, im Städtchen North Bath, das sich an seine besten Tage kaum noch erinnern kann und
nun auch noch von der Nachbargemeinde Schuyler Springs geschluckt wird. Ein souverän erzählter, witziger, dialogstarker Roman über Freundschaft, Verrat, gescheiterte Beziehungen, Älterwerden und Rassismus – großes US-Kino.
Auch der Ire Colm Tóibín schreibt in "Long Island" einen Roman fort: "Brooklyn" aus dem Jahr 2010. In ruhigem, vorzüglich austariertem Ton erzählt er die Geschichte der Irin Eilis Lacey. Sie lebt mit Mann und Kindern inzwischen auf Long Island, doch als sie von einem folgenreichen Seitensprung ihres Mannes erfährt, beschließt sie, zumindest vorübergehend in ihre Heimat, ins County Wexford, zurückzukehren. Dort trifft sie ihre Jugendliebe Jim wieder, der sich mit Nancy, einer Witwe, zusammentun will.
Tóibín macht daraus einen glänzenden Roman über drei Liebende, die sich in einem Dickicht verstricken und für die die gängige Kleinstadtmoral keine Richtschnur mehr abgibt.