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Medellín ist der neue Sehnsuchtsort bei deutschen Travellern. Coole Clubs, billige Drinks, ewiger Frühling. Besonders die "Comuna 13" hat es den Touristen angetan: Einst das gefährlichste Viertel der Stadt, lockt es heute mit bunten Graffitis und der längsten Rolltreppe der Welt. Zynischer Elendstourismus? Das muss jeder Reisende der "Graffiti-Tour" selber entscheiden, immerhin erinnert ein Gedenkstein an die "Operation Orion", als der damalige Präsident Álvaro Uribe mit Hubschraubern, Panzern und Sturmgewehren das Viertel regelrecht ausräucherte, in dem er eine Hochburg der Guerilla vermutete.
Heute herrscht in Kolumbien Frieden, zumindest auf dem Papier. Aber der Frieden, den Präsident Juan Manuel Santos vor gut einem Jahr geschlossen hat, ist in Gefahr. Sollten im Mai die Anhänger der Uribe-Partei siegen, fürchten Kirchen und Politiker um das Abkommen. Zumal die Gewalt gerade in der Comuna 13 nie ganz aufgehört hat. Das Armenviertel, dessen Fassaden jetzt so schön bunt sind, ist immer noch ein Umschlagplatz für Waffen und Drogen. Morde und Verschleppungen sind an der Tagesordnung. Umso wichtiger ist die Arbeit von Pfarrer John Hernandez aus der lutherischen Emmausgemeinde: Er bringt ehemalige Farc-Kämpfer, Theologen, Vergewaltigungsopfer, Jugendliche, Frauen und Männer zusammen in Kursen für Konfliktbearbeitung und Versöhnung. Nach 50 Jahren Krieg eine große Aufgabe. "Wir wollen der Gewalt, die Teil der kolumbianischen Kultur geworden ist, etwas entgegensetzen." Der Pfarrer lädt auch einmal die Woche ins "Café Lutero" in der "Casa de Paz" ein, dem Gemeindezentrum. "Wir wollen Friedensstifter sein."
Stammgast ist Paula, die als Einzige in ihrer Familie mit "Ja" gestimmt hat, als das Volk über den Frieden abstimmen durfte. "Mein Bruder ist bei der Marine, mein Vater beim Militär, weil er sonst keine Arbeit fand." Noch ernüchternder: Auch in ihrer Kirche wurde offen zum "No" aufgerufen. "Der Pastor meiner charismatisch-evangelischen Gemeinde hat laut dafür gebetet, dass die Mehrheit das Friedensabkommen ablehnt." Dieser Gemeinde hat Paula den Rücken gekehrt, durch Zufall erfuhr sie von der "Casa de Paz" und deren Friedensarbeit. "Wir brauchen in Kolumbien mehr solche Friedenshäuser." Denn noch ist es so, dass die Friedenskurse an einem geheimen Ort stattfinden und nicht in der Comuna 13. Im Viertel selbst ist es nicht sicher genug. "Die ehemaligen Farc-Kämpfer leben hier versteckt", berichtet Pfarrer Hernandez, "sie wären ein leichtes Ziel für die Paramilitärs." Und – soll man als Tourist die bunten Fotos von der Rolltreppe nach Hause schicken? Ja, klar. Wenn man gleichzeitig die Arbeit der Friedens-stifter unterstützt. Frieden kostet Geld.
Das Gustav-Adolf-Werk hilft der lutherischen Emmausgemeinde in Medellín derzeit, ein eigenes Haus zu erwerben.
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Stichwort: chrismon/Friedensarbeit Kolumbien