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Der Weg zu Maria führt über eine holprige Schotterpiste. Jannis Papadopoulos schaltet in den ersten Gang und lenkt seinen gediegenen Neuwagen vorsichtig durch die staubigen Schlaglöcher. Auf den Grasflächen rechts und links liegen aufgeplatzte Mülltüten, alte Matratzen, Autoteile. "Sie werden einen Kulturschock bekommen", sagt Papadopoulos lächelnd. "Ich bekam einen, als ich das erste Mal hierherkam." Der 59-jährige Augenarzt ist ein freundlicher ruhiger Mann mit sanfter Stimme. Seit sieben Jahren betreut er als Laienpastor eine kleine evangelische Roma-Gemeinde nahe Thessaloniki. Zwischen Flughafen und Müllabladeplatz wohnen 70 Familien in Behausungen aus Brettern, Wohnwagenteilen, Pappe. Sie sammeln und verkaufen Altmetall. Es gibt kein fließend Wasser, Strom zapft man mit langen Kabeln aus fremden Leitungen an, nachts kommen die Ratten. Eine Postadresse hat die Siedlung nicht. Gipsy-Camp, Zigeunerlager, so sagen die Leute in der Umgebung. Und deren Bewohner sind nicht besonders beliebt in der Gegend.
"Wir sind nicht alle gleich" sagt Maria
"Klauen, betteln, können nichts. So reden die Leute über uns", sagt Maria, ein schmale junge Frau mit energischer Stimme, Goldohrringen und langem rotem Rock. "Zum Teil haben sie ja recht", räumt sie ein, "aber wir sind nicht alle gleich." Maria gehört zur etwa hundertköpfigen Gemeinde von Papadopoulos und ist eine der Frauen, die, so der Pastor, hier rauswollen. Sie schickt Ihre Kinder in die Schule, was nicht selbstverständlich ist, und in die Kindergruppe der Gemeinde. Ihre eine Tochter kann mittlerweile sehr gut lesen, die andere nicht, obwohl sie schon in der dritten Klasse ist. Maria wollte mit der Lehrerin darüber sprechen, versuchte mehrmals, einen Termin zu bekommen, sagt sie. "Kein Interesse." Das sei durchaus typisch, sagt Papdopoulos: Die Roma-Kinder, die Disziplin nicht gelernt hätten, störten in den Klassen und kämen nicht gut mit. Manche Lehrer setzten sie dann einfach in die letzte Reihe und ließen sie Bilder malen, förderten sie aber nicht. Dabei hätten sie das besonders nötig, weil ihre Eltern das nicht tun. Oder nicht können wie Maria, die wie die meisten Frauen selbst nicht lesen kann. "Wir möchten eine Lehrerin einstellen, die hier im Gemeindehaus mit den Kindern die Hausaufgaben macht und dafür sorgt, dass diese wirklich was lernen." Denn als Analphabeten werden sie, das sieht er wie Maria, keine Chance haben, raus aus der Siedlung zu kommen. Und rein in die Gesellschaft.
Das Gustav-Adolf-Werk e.V. (Diasporawerk der Evangelischen Kirche in Deutschland) sammelt Spenden, damit die Griechische Evangelische Kirche Thessalonikis in der beschriebenen Siedlung eine Nachhilfelehrerin einstellen kann. Bankverbindung: KD-Bank, IBAN: DE42 3506 0190 0000 4499 11, BIC: GENODED1DKD, Stichwort: chrismon/Thessaloniki.