Das sind die Niederlagen, von denen man sonst nicht so gern berichtet: Die Chefeinkäuferin einer Textilfirma muss sich beim Vortrag vor Gruppenleitern mit „Darling“ ansprechen lassen; die leitende Chemikerin, die eine uralte Industrieanlage zu 30 Prozent mehr Produktion getrieben hat, muss mit ansehen, wie der Marketingkollege ihren Erfolg als seinen verkauft; und die Geschäftsführerin einer Stahlgießerei wird von ihren Arbeitern nur angemault, wenn sie Anweisungen gibt.
Es sind beschämende Erfahrungen, die die weiblichen Führungskräfte hier in einer umgebauten Scheune erzählen, denn fachlich, das wissen diese Frauen, sind sie gut. Aber gute Leistung setzt sich nicht von alleine durch, wenn man es mit männlichen Kunden, Mitarbeitern, Kollegen zu tun habe, sagt ihr Trainer Peter Modler. Man müsse auch die Regeln kennen, nach denen Männer spielen und kämpfen.
Peter Modler ist rumgekommen in Männerwelten: Er studierte Jura, lernte Zimmermann und promovierte in katholischer Theologie, war Geschäftsführer in Medienunternehmen und ehrenamtlicher Arbeitsrichter, heute unterrichtet er Wirtschaftsstudierende und saniert mittelständische Unternehmen. Immer wieder erlebe er, wie die Ideen und Initiativen von Frauen untergingen. „Das widert mich an“, sagt der Vater von zwei Töchtern.
Deswegen bietet Modler jetzt Schulungen in männlichem Kommunikationsverhalten an. „Arroganz-Training“ nennt er das werbewirksam. 580 Euro muss jede Teilnehmerin zahlen für solch einen Tag.
Die weiblichen Führungskräfte, die er an diesem Nachmittag empfängt, sind erst einmal skeptisch. Schließlich wollen sie keine machtpoltrigen Männer werden; sie glauben auch nicht an Patentrezepte; außerdem üben sie doch schon so lange: Endloslaberer irgendwann doch zu unterbrechen, nicht mädchenhaft den Kopf schief zu legen...
Weit Fortgeschrittene wissen mittlerweile sogar, wie wichtig Statussymbole für die meisten Männer sind. Meike Landsberg* etwa, die promovierte Chemikerin, die es mit ihren 36 Jahren schon zur Betriebsleiterin in einem Chemiekonzern geschafft hat. Sie darf direkt vors Werk fahren. Dumm nur, dass sie meist mit dem Rad kommt. Jetzt erwähnt sie ihr Privileg eben öfter, etwa ganz beiläufig beim Mittagessen mit Kollegen: Wie schön es bei diesem nebligen Wetter doch sei, „die Einfahrt zu haben“. Das macht Eindruck. So viel Protzerei müsste ihrem Gefühl nach dann aber auch reichen.
Der Klassiker: die Ideenklauerei
Es reicht aber offensichtlich nicht. Oder warum werden ihr laufend Ideen geklaut? „Ha, das ist der Klassiker, die Ideenklauerei“, sagt Peter Modler.
Dann baut er sich vor Meike Landsberg auf und fragt autoritär: „Was können Sie besonders gut?“ Die junge Frau antwortet: „Wir haben das hingekriegt, dass wir lieferfähig geblieben sind beim letzten Materialengpass.“ Modler schüttelt den Kopf: Das „Wir“ ist wunderbar gegenüber Teammitgliedern, aber ganz falsch gegenüber Konkurrenten und Vorgesetzten. „Natürlich!“, Meike Landsberg schlägt sich vor die Stirn: „Ich habe das hingekriegt, dass wir lieferfähig geblieben sind beim letzten Materialengpass.“ Es war zwar eine Teamleistung, aber sie hat das Team geführt.
„Sehen Sie“, sagt Modler, „Sie müssen Ihren Rang voll ausspielen. Wer den Rang nicht ausspielt, wird beklaut.“ Und jetzt werde man spielen, wie Meike Landsberg den Kollegen zur Rede stellt. Ja, darf sie das denn, grob unhöflich sein? Das kann sich die Betriebsleiterin nicht vorstellen.
Peter Modler geht vor die Tür und holt einen Helfer herein, einen jungen Mann. Der wird jetzt gleich den Ideenklauer mimen. Dass er jung ist, sei völlig egal, sagt Modler. „In bestimmten Situationen reagieren die Männer gleich.“ Er hatte schon den Klempnerazubi aus dem Dorf hier, auch der hatte keine Schwierigkeiten, wie ein Chefarzt aufzutreten und gestandene Ärztinnen zu verunsichern. Heute ist es ein Jurastudent, der sich zehn Euro pro Stunde dazuverdienen möchte. Er weiß vorher nur, dass er „dem Dr. Modler“ irgendwie assistieren soll.
Bloß nicht lächeln!
Erst jetzt wird er instruiert: Sie sind der Marketingmann, Sie haben im Interview in der Betriebszeitung die Idee von Frau Landsberg als Ihre verkauft. Gehen Sie mal hier über den Flur. Er geht – und wird gestoppt von Meike Landsberg, wie es ihr Trainer Modler eben noch zugeflüstert hatte. Sie packt ihn mit festem Griff an der Schulter und sagt langsam und ohne jedes Lächeln: „Thomas!“ Pause. „Du hast meine Idee geklaut!“ Der Kollege tut überascht: Wie denn? Was denn? „Meine Idee“, sagt Landsberg. Und jetzt?
Modler assistiert aus dem Hintergrund: „Wiederholen! Es macht nichts, wenn Sie sich dümmlich vorkommen. In Headlines sprechen, nichts Originelles.“ Also noch mal: „Meine Idee!“ Der Marketingkollege wirkt mittlerweile nervös. Meike Landsberg fragt über ihre Schulter: „Aber wie soll es jetzt weitergehen?“ Modler grinst: „Muss es denn weitergehen?“
Nein. Der Sparringspartner weiß sich ertappt. Unangenehm sei es gewesen, er konnte auch einfach nicht weggehen, sagt er. Fühlt er sich verletzt? „Nö, wieso? Es war ja kein persönlicher Angriff.“ Eben, Modler grinst noch mehr, „das sagen 95 Prozent der Männer: Was in der Firma passiert, ist nichts Persönliches.“ Meike Landsberg ist fassungslos: „Und ich hab mir einen Riesenkopf gemacht, dass ich pampig wirke!“ Sie müsse kein schlechtes Gewissen haben, sagt Modler, „der ist aus einem anderen Sprachsystem“.
Die Rangeleien der Männer
Man schaue sich nur mal die zig Rivalitätsveranstaltungen an, die die meisten Jungs, die meisten Männer am Tag so hinter sich bringen: von Brüdern („Bist du bald fertig mit dem Sportteil?“ – „Den kapierst du doch eh nicht!“) über Lehrlinge (Azubi 1 drängt Azubi 2 von der Werkbank: „Jetzt mal Platz für die, die Bescheid wissen!“ – Azubi 2 schiebt Azubi 1 zurück: „Pfuscher kommen zum Schluss dran.“) bis zum Gerangel vorm Firmenkopierer: Der Vertriebler knurrt: „Das kann noch länger dauern“, auch wenn er jetzt 200-mal dieselbe Rechnung kopieren muss, der wartende Außendienstler, der die Botschaft sofort begriffen hat, ätzt zurück: „Na, hoffentlich überfordert Sie das nicht.“
Für die meisten Männer ist solch ein Umgang normal und eher angenehm. Frauen jedoch fühlen sich oft persönlich an-gegriffen. Wenn sie dann drei Tage später endlich den Mut finden, den Kollegen noch einmal darauf anzusprechen, kann der sich schon gar nicht mehr erinnern.
Zwei Kulturen! Zu diesem Schluss kommt die amerikanische Soziolinguistin Deborah Tannen. Die Forscherin hat beobachtet, dass Mädchen dazu tendieren, zu zweit oder in kleinen Gruppen zu spielen und dabei ihre Nähe und Gleichheit zu betonen. Wer „bossy“ auftritt, wird nicht gemocht.
Jungen dagegen spielen eher in größeren Gruppen. Sie klären zunächst die Hierarchie, dann tun sie, was der höherrangige Junge ihnen sagt; gleichzeitig suchen sie ständig nach Gelegenheiten, ihren Rang zu verbessern. Wohlgemerkt: Nicht alle Jungen sind mit diesem Kommunikationsstil erfolgreich, und nicht alle fühlen sich damit wohl, aber die meisten.
Zwar lernen Mädchen wie Jungen eine große Bandbreite an Kommunikationsstilen – Mädchen etwa haben keine Scheu, kleinere Kinder herumzukommandieren, und Jungen können sehr höflich sein, wenn sie in Mädchengruppen mitspielen – aber sie nutzen die Stile unterschiedlich häufig.
Und so, wie sie es in den Kindergruppen gelernt haben, so agieren die meisten auch als Erwachsene: Frauen eher gleichberechtigt und um Konsens bemüht, Männer eher rangelnd und auftrumpfend.
Patente Frauen, abgeschoben in Sackgassen
Zwei Sprachen sind das, sagt Deborah Tannen, beide funktionieren, keine ist besser als die andere – aber der Stil von Frauen führe dazu, dass sie im Umgang mit Männern benachteiligt seien. Etwa wenn Frauen dem Vorgesetzten ihr Projekt vorstellen und dabei ganz sachlich nicht nur die Vorteile, sondern auch sämtliche Risiken erwähnen. Da denkt mancher Chef: Die ist ja nicht mal selbst von ihrem Projekt überzeugt! Und wenn Frauen in großer Runde ihre Vorschläge als Fragen vortragen („Könnte man nicht vielleicht...?“), wirkt das auf manche Männer, als seien die Frauen unsicher, bäten gar um Rat.
irgendwelche Sachbearbeiterjobs, dabei hätten sie das Zeug zur Abteilungsleitung.“
Kurzum: Wenn Frauen sich in männerdominierter Arbeitsumgebung Respekt verschaffen wollen, müssen sie den „Jungscode“ kennen, sie brauchen also einen Arroganzwerkzeugkoffer. Arroganz nicht als Lebenshaltung, sondern als Werkzeug, wenn sie mit sachlichen Argumenten nicht durchdringen. Die Arroganzwerkzeuge sind vor allem körpersprachliche, aber auch machtvolle Sprachgesten. Damit, so Modler, verteidige man wirkungsvoll sein Revier und behaupte den eigenen Rang.
Die gescheiterte Geschäftsführerin
Rang und Revier, das klingt nach archaischer Affenhorde und passt so gar nicht zu Catrin Dohm, findet sie jedenfalls. Dabei bescheinigen ihr Freundinnen durchaus, ein „Alphaweibchen“ zu sein – so wie sie in Frauenteams auftrete. Zielstrebig ist sie ohnehin. Sie hat auf dem zweiten Bildungsweg Kunstgeschichte und BWL studiert, in London noch einen Master draufgesetzt, erst im Kulturmanagement gearbeitet, dann mit einem Bekannten einen Kunstzeitschriftenverlag gegründet. Der Geschäftspartner sollte das Kontakten in der Branche übernehmen, sie die Geschäftsführung. „Aber ich bin gescheitert, ich konnte mich nicht durchsetzen.“
Es begann so gut: Sie hatte den Verlag aufgebaut, nun, da er lief, dachte sie, könne sie doch ihren Mann für ein Jahr in die USA begleiten, wo er eine attraktive Aufgabe ergattert hatte. Für die Zeit ihrer Abwesenheit erteilte sie ihrem Geschäftspartner Holger die „rechtsgeschäftliche Vollmacht“, für den alltäglichen Kleinkram. Holger jedoch machte schwere Fehler, und als sie zurückkehrte, weigerte er sich, ihr die Vollmacht wiederzugeben. Daraufhin legte sie die Geschäftsführung nieder und verkaufte ihre Anteile. Drei Wochen ist das erst her. Die grazile 42-Jährige sieht erschöpft aus.
Trainer Modler zieht die Luft durch die Zähne, als er diese Geschichte hört. „Liebe Frau Dohm! Unter uns beiden: Das war vielleicht eine der wichtigen Erfahrungen, die Sie in Ihrem Leben machen durften.“
Und dann wird nachgespielt, wie Catrin Dohm die Vollmacht zurückforderte. Sie schiebt den Tisch im Seminarraum extra knapp vor die Wand, so, wie sie es in ihrem Büro getan hatte, damit Geschäftspartner Holger beengt sitzen musste. Daran hatte sie gedacht, über „Revier“ hatte sie ja schon einiges in der Ratgeberliteratur für weibliche Führungskräfte gelesen.
Aber dass er einfach "Nein" sagen würde...
Aber dass er einfach Nein sagen würde, und vor allem: dass er beim Nein bleiben würde, damit hatte sie nicht gerechnet. „Nein, die Vollmacht gebe ich dir nicht mehr“, sagt jetzt der Jurastudent. Die Seminarteilnehmerin, die die Rolle von Catrin Dohm übernommen hat, fordert erneut, wird wieder abgewiesen, da steht sie auf und geht. Wieso grinst „Holger“? „Weil es so einfach war“, sagt er. „Catrin Dohm“ hat offengelassen, was nun ist, sie hat sogar noch ihr Revier aufgegeben und ist rausgestapft – „ein größerer Triumph ist kaum möglich“, sagt Modler.
Auf ein Neues. Anweisung an die Teilnehmerin, die Catrin Dohm spielt: „Sagen Sie ihm den Rang. Sagen Sie extrem langsam: „Ich... bin... die... Geschäftsführerin.“ Und „Holger“ antwortet: „Nein, die Vollmacht behalte ich.“ So geht das hin, so geht das her. Modler souffliert: „Einfache, harte Wahrheiten!“ Also „Catrin Dohm“: „Wer hat denn die ganze Scheiße angerichtet?!“ Und endlich fängt „Holger“ zu zappeln an. „Catrin Dohm“ nennt ihm nur noch die Frist, bis zu der die Vollmacht bei ihr sein muss, dann schickt sie ihn raus.
Pfff, sagt die Spielerin, das war hart. „Aber klar, wenn ich was dauernd wiederhole, bin ich diejenige, die das Spiel definiert.“ Modler schüttelt ihr die Hand: „Willkommen im Club.“
Die echte Catrin Dohm ist beeindruckt. Ja, so hätte sie es vielleicht schaffen können. Und doch: „Dieses Durchsetzen gegenüber Männern fällt mir schwer. Ich finde es unhöflich. Es ist nicht meine Art der Kommunikation. Das bin doch nicht ich!“
Will ich diese Fremdsprache überhaupt lernen?
Das hört Trainer Modler oft. „Aber das hat doch nichts mit dem Charakter zu tun! Wenn Sie eine Fremdsprache lernen, bleiben Sie doch trotzdem die, die Sie sind. Die Frage ist nur: Will ich diese Fremdsprache lernen oder nicht?“ Natürlich wäre es schöner, sachliche Argumente hätten mehr Gewicht als Rangprotzerei. Aber sachlichen Argumenten werde eben oft erst dann zugehört, wenn der Rang geklärt ist: Hat diese Person hier überhaupt was zu melden?
Ganz offensichtlich nichts zu melden hatte Elena Breski. Die Eigentümerin eines kleinen Elektronikbetriebs war zwar immer bestens vorbereitet, wenn sie zu den Vorstandstreffen ihres Industrieverbands ging, sie war auch keine unauffällige Erscheinung, trotzdem behandelten die Männer sie wie einen Juniorpartner. Schlimmer noch: wie wenn sie gar nicht da sei.
Kein Wunder, sagte Modler, als Frau Breski im Seminar vormachte, wie sie den Sitzungsraum betrat: Wie auf der Flucht hastete sie an der Wand entlang, setzte sich auf den nächstbesten Platz und schaute dann erwartungsvoll in die Runde. Das Ruder übernahm der Inhaber eines Konkurrenzbetriebs. Während er die immergleichen Geschichten zum Besten gab, hackte er mit dem Zeigefinger auf den Tisch oder haute gleich mit der ganzen Hand auf die Platte. Elena Breski kam nicht zu Wort.
Wie wäre es denn, sie würde sich vorstellen, sie sei die Gastgeberin eines offiziellen Empfangs? Oha, welch Verwandlung: Schon ging sie langsamer und aufrechter, sie begrüßte die Anwesenden einzeln, legte am Platz sogleich die Unterarme auf den Tisch. Ach, merkten die Männer, da ist ja noch jemand!
Und Frau Breski begriff: Wenn ein Mann auf der körpersprachlichen Ebene agiert, nützt es überhaupt nichts, intellektuell dagegenzuhalten. Dann helfen nur machtvolle verbale Kurzbotschaften oder deutliche nichtverbale Signale.
Machtvoll: aggressives Schweigen
Dazu gehört auch aggressives Schweigen. Ein hochwirksames Arroganzwerkzeug, berichtet die ehemalige Seminarteilnehmerin Lillith Merz. Als die 37-jährige Naturwissenschaftlerin im Verhandlungsgespräch um eine Professur all ihre Forderungen nach Laboren und Mitarbeitern auf den Tisch gelegt hatte, man ihr aber keinen Deut entgegenkam, wusste sie, was zu tun war: Sie schaute die Herren an und schwieg. „Ich hab’ eine sagenhaft lange Zeit nichts gesagt, auf nichts reagiert“, was schwer war, sie sei eine rasche Person. Auf einmal erfüllte man ihr die Forderungen.
Gemütlich hat es die Professorin nun trotzdem nicht. Denn die Dauerstellen an Unis sind Gegenstand härtester Auseinandersetzung. „Es geht um Veröffentlichungen, Labore, Redezeiten, Forschungs-inititativen – der Kuchen ist immer wieder neu zu verteilen, das ist nie ausgekaspert.“
Gut, dass sie die Taktiken mittlerweile erkennt. Gerade hat irgendein Prof Kisten voller Forschungsgerät in ihren neuen Laborräumen zwischengelagert – Lillith Merz ließ die Kisten sofort vom Hausmeister auf den Flur expedieren. Schließlich ist das ihr Revier.
Jeden Tag wird sie herausgefordert. Aber wenn sie fünfmal hintereinander sagt: „Nein, ich will das nicht“, dann versteht auch das kampfeslustigste Gegenüber: Frau Professor Merz will das nicht. „Danach grinse ich wieder und lache, ich will ja meine Lebenslust nicht verlieren. Und letztlich ist das auch ein Spiel.“
Aber es ist ein Spiel, in dem es manchmal um die Existenz eines ganzen Betriebs geht. Die mittelständische Stahlgießerei für hochspezielle Güsse war in schwerer Schieflage, als Sylvie Bergler dort die Geschäftsleitung übernahm. Zuvor war sie die rechte Hand des Seniorchefs gewesen. Der war ein klassischer Firmenpatriarch, er brüllte, polterte, griff durch. Sylvie Bergler wusste ihn zu nehmen. Sie fragte viel, er gab sein Wissen weiter, und als er jüngst in den Ruhestand ging, übergab er ihr mangels eigener Kinder die Geschäftsleitung. Doch die Arbeiter, fast alles Männer, viele türkischstämmig, akzeptierten sie nicht als Chefin.
Die Arbeiter akzeptierten sie nicht als neue Chefin - was jetzt?
Das wurde ihr vollends klar, als sie einen Arbeiter, der sich unflätig gegenüber einer Kollegin benommen hatte, zum Gespräch in ihr Büro bat. Er marschierte quer durch den Raum bis vor ihren Schreibtisch und widersprach ihr ständig. „Das war absolut unbefriedigend“, sagt Sylvie Bergler. Sie musste das ändern, nur wie?
Sylvie Bergler ist keine auftrumpfende Person, sondern bescheiden und sachorientiert. Aber nach dem Seminar bei Modler zog die 50-Jährige andere Saiten auf. Gleich am Tag danach ließ sie ihren Parkplatz direkt vor den Eingang verlegen, in doppelter Größe, und mit dem Schild „Geschäftsführung“ versehen – da kommen die Mitarbeiter jeden Tag vorbei. Dann ihr Test: Wer grüßt sie, wer grüßt sie nicht, wenn sie durch die Gießerei geht? „Denn wer mich grüßt, akzeptiert mich.“ Hakan zum Beispiel hatte sie nicht gegrüßt. Sie trat nah an ihn heran: „Zehn Uhr, in meinem Büro!“
Als er kam, ließ ihn die Sekretärin warten. Endlich gab sie ihm den Weg frei, doch kaum wollte er die Schwelle zu Berglers Büro übertreten, stoppte die ihn mit einer abwehrenden Handbewegung. Er blieb sofort stehen. Sylvie Bergler tippte noch „irgendwas“ in ihren PC, sagte dann: „Rein! Tür zu! Setzen!“ Gut, dass sie das vorher geübt hatte: kurze prägnante Sätze, Rang, Revier... Aufgeregt war sie trotzdem.
„Wer ist deine Chefin“, fragte sie nun streng. Deine Chefin? Ja, das Duzen der Mitarbeiter ist in dieser Branche üblich. Hakan murmelte etwas Unverständliches, Bergler unterbrach ihn: „Wer ist deine Chefin?“ Sechs Mal ging das so, bis er sagte: „Sie. Sie Chefin.“ Darauf Sylvie Bergler: „Wieso grüßt du mich dann nicht?“ Sie schickte ihn zurück an die Arbeit. Sie hatte den Richtigen erwischt, denn die Szene sprach sich sofort herum. Wenn sie heute unten in der Halle auf einen Missstand deute – „Und was ist das hier?“ –, kämen gleich alle herbeigerannt und kümmerten sich.
Arrogant auch zu Frauen? Auf keinen Fall!
„Aber ich muss aufpassen, dass ich das nicht aus Versehen auch mit Frauen mache. Eine Frau ist schockiert, zu Recht, und auf Jahre beleidigt, wenn man sie wie einen Mann behandelt.“ Bergler lobt auch unterschiedlich. Bei Frauen geht sie ins Detail, Männer dagegen bekommen ein knappes „Gut gemacht“ zu hören – „Da sind die so glücklich!“ Und sie weist unterschiedlich an. Bei Männern fragt sie nicht groß, sondern zwingt sich zu einem: „Bis Montag hab ich das!“ Sie hat es dann bis Montag. „Die Männer wollen das so, das gibt ihnen Sicherheit.“
Sylvie Bergler sagt das weder triumphierend noch herablassend, sondern schlicht feststellend. Sie ist einfach froh, einen Weg gefunden zu haben, mit den Männern in ihrem Betrieb zu arbeiten. So wie mit ihren männlichen Kunden und Steuerberatern: Wenn die ihre Utensilien auf dem Tisch ausbreiten (Reviermarkierung), tut sie das grad ebenso. Das Signal wird verstanden.
Es ist genau dieses Pragmatische, was manche an Peter Modlers Training kritisieren. Dass erneut die Frauen sich verändern sollen, nicht aber die Männer. Ja, das ist ungerecht, sagt Modler, er hätte es auch lieber anders, aber was hilft’s? „Ich will, dass es meinen Klientinnen in ihrem Beruf besser geht.“ Und zwar jetzt, nicht irgendwann.
Natürlich sollten auch Männer „zweisprachig“ sein, mindestens die Führungskräfte. Das würde allen nützen, den Betrieben sowieso. Dann würden vielleicht auch nicht mehr so viele männliche Führungskräfte klagen, dass sie ja gern Frauen fördern würden, aber es wolle partout keine bei ihren Projekten mitmachen.
Der Bedarf nach pragmatischer Selbsthilfe scheint groß: Modlers Buch „Das Arroganz-Prinzip“ ist in der sechsten Auflage. Und mittlerweile, so erzählt er, wendeten auch Lehrerinnen die Arroganzmittel an. Oder Mütter von drei Söhnen zwischen 8 und 15. „Da hilft es ja auch oft nicht weiter, vernünftig zu argumentieren und auf gute Einsicht zu hoffen. Sondern die Mutter muss eine klare Rangansage machen. Sie muss den Sohn an der Schulter fassen, ihm in die Augen schauen und sehr langsam sagen: Der Grund ist egal, du machst das jetzt. Denn du bist der Sohn, und ich bin die Mutter.“
Frauen werdet wie die Kerle
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Zweifelhafter Artikel
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Pullertrudenalarm!
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Die Verpackung bestimmt nicht den Inhalt!
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Zum Fortkommen unentbehrliche Tipps!
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Christliche Konkurrenztipps
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Nicht das Bild der Bibel
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Biblische Einsichten gegen weibliche Chefs
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Austritt jetzt!
Zum Glück bin ich schon lange aus dem Verein (evangelische Kirche) ausgetreten. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
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Rein! Tür zu! Setzen!
Es ist (leider) genau so, wie beschrieben. Als Frau, die seit 20 Jahren in männerdominierten Technik-Unternehmen arbeitet, weiss ich das zu Genüge. Revierverhalten und Rang-eleien finden täglich statt und v.a. immer, wenn es drauf ankommt. In wichtigen Meetings werden anfangs die Zeichen gesetzt, die Kolleginnen grinsen sich an, denn erst danach kann es losgehen. Rein! Tür zu! Setzen! ist die radikale Form, in anderen Branchen gibt man sich gerne kultivierter - im Kern aber bleibt es dabei. Schade, dass wir Frauen keine Chance haben, so lange wir da nicht mitspielen. Übrigens hat auch Jesus gezeigt, dass man sich nicht an der Nase herumführen lassen sollte und hat Frauen ernst genommen, lasst uns ihm nachfolgen.
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Kenne deine Feinde und halte sie in Schach
Erst wenn Frau in der Führungsposition angekommen ist, kann sie neue Regeln aufstellen. Vorher muss sie die alten Regeln beherrschen, auch wenn ihr dabei bewusst ist, dass diese dringend reformiert werden müssten. Gleiches gilt für faire, respektvolle Männer.
Gerade weil es inakzeptabel ist, sexistisch oder diskriminierend behandelt zu werden, ob bewusst oder unbewusst, braucht man schlagfertige Gegenargumente, die ein solches Verhalten entwaffnen. Diese Argumente gibt uns Modler an die Hand. Zum einen für unsere eigene Gegenwehr. Zum anderen befähigt es uns, Empathie für andere Menschen zu entwickeln und diesen Respekt entgegen zu bringen.
Wenn man allerdings noch nicht einmal realisiert, dass man diskriminiert bzw. diskriminiert wird, kommt man aus den ewigen Opfer- und Täterrollen nicht heraus, wo wir bei Mobbing und Sexismus angekommen wären.
Resolutes selbstbewusstes Verhalten hält Grenzüberschreitungen in Schach. Es steht nirgends in der Bibel, dass Frau sich als Sexobjekt oder als minderwertig behandeln lassen muss. Christus folgten auch viele Frauen und an einigen Stellen in der Bibel wendet er sich explizit an Frauen und erklärt ihnen seine Botschaft, damit sie zu Multiplikatorinnen werden konnten.
Schluss mit dem devoten Christsein. Empört euch! Nur so ändern sich Missstände.
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