Staatsleistungen Warum die gegenwärtige Finanzierung der Kirche für den Staat ein ganz guter Deal ist

„Der Staat sollte aufhören, der Kirche so viel Geld zu geben.“ Diese Forderung wird in den letzten Monaten immer wieder erhoben. Endlich eine wirkliche Trennung von Staat und Kirche! Erklärte Kirchengegner und bekennende Atheisten nennen unglaublich hohe Summen, mit denen der Staat die Kirchen unterstützt – angeblich unberechtigt. Das klingt überzeugend – und doch ist vieles daran falsch. Denn die Kirche geriet ja nicht einfach so in den Genuss von finanziellen „Privilegien“. Vielmehr ist jede einzelne Zahlung sehr wohl begründet.
Die Kirche erhält zum Beispiel Geld für Leistungen, die sie – wie andere Organisationen – stellvertretend für den Staat erbringt. So ist es etwa bei den Kindertagesstätten, den Schulen oder Krankenhäusern. Dort wird ihnen ein Teil ihrer Kosten erstattet. Dies ist etwas völlig anderes als die sogenannten Staatsleistungen im engeren Sinn – jener Ersatz für die Säkularisierungen in früheren Jahrhunderten. Damals hat der Staat kirchliches Eigentum vereinnahmt, dessen Erträge für die Gehaltszahlungen an die Pfarrer bestimmt waren. Diese Staatsleistungen machen rund zwei Prozent der kirchlichen Einnahmen aus. Noch einmal auf einem anderen Blatt steht eine Serviceleistung des Staates: Er zieht für die Kirchen die Kirchensteuern ein. Was viele nicht wissen: Die Kosten dafür lässt er sich erstatten. Der Staat verdient damit Geld, er schenkt den Kirchen nichts.

Eine klare Trennung zwischen Staat und Kirche hilft

Bei den Kindertagesstätten kann er sehr viel sparen. Dadurch, dass die Kirchen solche Aufgaben übernehmen, kann er sich zahlreicher Pflichtaufgaben im Sozialen und in der Bildung entledigen. Die Kirchen wie andere private Träger von ­Kitas, Schulen oder Krankenhäusern springen ein und zahlen auch noch einen er­heblichen Anteil der Kosten für diese Einrichtungen – rund 15 bis 20 Prozent –, die ansonsten der Staat tragen müsste. Der Staat unterstützt hier also nicht die Kirchen, sondern umgekehrt: Die Kirchen über­nehmen für Staat und Gesellschaft elementare Aufgaben, was sich für diese auszahlt.
Solches Zusammenspiel ist in einer Demokratie richtig und wichtig, in der nicht alles vom Staat gemacht werden soll. Denn wohin das führen könnte, haben wir an der DDR gesehen, wo der Staat alle diese Aufgaben an sich gezogen hatte. Das ­„subsidiäre“ Handeln von nichtstaatlichen Organisationen im Bereich der Bildung und aller sozialen Aktivitäten gehört zu den großen Errungenschaften und den Grundlagen unseres Gesellschaftssystems.
Bei den eigentlichen Staatsleistungen, bei denen tatsächlich Geld ohne Gegenleistung vom Staat an die Kirchen fließt, gibt es Verträge, in Bayern und Baden-Württemberg zum Beispiel aus der Zeit der Weimarer Republik, in anderen Bundesländern aus den fünfziger Jahren und später. Sie sind aber nicht deshalb schlecht, nur weil sie ein gewisses Alter haben. Niemand behauptet ja, dass das Bürgerliche Gesetzbuch langsam ungültig werde, nur weil es inzwischen 110 Jahre alt ist, also älter als die Verträge zwischen Staat und Kirche.
Ich bin sehr dankbar, dass das Verhältnis von Staat und Kirche in unserem Land ausgezeichnet ist. Vielleicht gerade weil es eine klare Trennung von Staat und Kirche gibt? Jeder ist zunächst für einen Bereich verantwortlich, in dem der andere keine Befugnisse hat. Und dann nehmen sie beide Aufgaben für das Gemeinwohl wahr, die nur in guter Zusammenarbeit und mit einer wohlwollenden Neutralität des Staates gegenüber den Kirchen gelingen können.
So wie Staat und Kirchen heute einander unterstützen – und dabei zugleich ihre Rollen sorgfältig unterscheiden –, ist es gut. Davon haben Bürger und Bürgerinnen einfach am meisten.

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