Am Rande einer Kuhweide in Brandenburg warte ich auf den Elch. Er wird Bert genannt und hat sich aus Mangel an paarungsbereiten Artgenossinnen einer Kuhherde angeschlossen. Eine schöne Integrationsgeschichte, vor allem, weil der aus Polen eingewanderte und hier heimisch gewordene Gast nun den Dörfern der Gegend als Maskottchen dient. Zumindest kann man das denken, wenn man Beiträgen auf Facebook oder Instagram glaubt.
Vor Ort sieht die Lage aber anders aus: Elchbulle Bert, so erzählen Bauern und Ranger, soll den Zuchtstier der Herde getötet haben, die Kühe "stalken" (das Wort ist so wirklich gefallen) und "bespringen", wie mir Wildbiologe Frank-Uwe Michler von der Hochschule Eberswalde erklärt. Beim Bespringen soll einer Kuh der Fuß gebrochen sein, weil der eine halbe Tonne schwere Elch einfach zu wild war. Die Kuh musste daraufhin eingeschläfert werden, erzählt ein Ranger. Außerdem steht das Tier oft mitten auf der Straße – eine tödliche Gefahr für Autofahrer. In Skandinavien gibt es jedes Jahr Tausende Elchunfälle.
Eine Reiterin soll sogar den Tod des Tieres gefordert haben, weil sich ihr Pferd beim Anblick von Bert furchtbar erschreckte und sie abwarf, sagt eine Lokalpolitikerin. Ein Bauer rief bei der Kreisverwaltung an und verlangte den Abschuss durch die Behörde, erzählt Wildbiologe Michler.
Wer mit dem Elch in Berührung kommt, findet ihn offenbar gar nicht mehr so toll. Einfach abschießen geht aber nicht. Elche gelten nach dem Bundesjagdgesetz zwar als jagdbares Wild, da sie bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Osten Deutschlands heimisch waren, genießen aber eine ganzjährige Schonzeit.
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