Hallo, ich bin auch noch da!
Wer organisiert die Playdates nach der Schule? Und warum werden Väter weniger in die Eltern-Kommunikation eingebunden?
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Verabredungen unter Kindern
Hallo, ich bin auch noch da!
Wenn jüngere Kinder sich treffen wollen, sind die Eltern gefragt. Sie schreiben Nachrichten und machen Verabredungen aus. Aber wer fragt dann eigentlich wen und warum?
Tim Wegner
03.10.2024
3Min

Fast jeden Tag stehe ich da. Mal bei Nieselregen, mal bei Sonnenschein, in der Menschentraube vor der Schule unserer Kinder, um sie abzuholen. Es ist mir eines der liebsten Rituale. Meistens sind die Kinder gut gelaunt und freuen sich, abgeholt zu werden. So verscheuchen sie alle Gedanken an die To-do-Liste, die gerade noch im Kopf waren, und machen mir auch gute Laune. Nach dem Abholen packe ich sie in unseren SUV und stelle mich in den Elterntaxistau, aber das ist mal ein Thema für eine andere Kolumne.

Es soll jetzt darum gehen, dass ich dort also fast jeden Tag stehe, zusammen mit vielen anderen Eltern, von denen die meisten, aber keineswegs alle, Frauen sind. Wir grüßen uns und kennen uns, aber wenn eines unserer Kinder dann zu einem Geburtstag eingeladen wird, oder irgendetwas anderes besprochen werden muss, scheinen mich viele vergessen zu haben.

Jedenfalls bekommt meine Frau die Whatsapp-Nachricht. Was nicht daran liegen kann, dass sie besser zu erreichen wäre. Denn wenn eines gilt, dann: Wer etwas von meiner Frau will, sollte immer anrufen und keine Nachricht schreiben. Außer es reicht, wenn die Antwort eine Woche später kommt. Aber auch das ist ein anderes Thema, das wäre mal was für eine Beziehungs-Kolumne.

Lesen Sie hier: Warum werden Väter eigentlich so ausgiebig gelobt?

Also meine Frau bekommt die Nachricht, dass eines unserer Kinder zum Geburtstag eingeladen worden ist oder die Anfrage, ob man nicht ein Playdate ausmachen könnte. Und dann, sobald sie es sieht, erzählt sie mir davon. Manchmal macht sie dann alles aus, aber oft bin ich auch damit dran und dann muss sie mir erzählen, was in der Nachricht stand, oder die Nachrichten an mich weiterleiten. Oder auch fragen, ob man mich nicht auch zur Gruppe hinzufügen könnte.

Ich will mich nicht beschweren, denn ich leide nicht darunter. Eher noch meine Frau, weil sie mich dann informieren muss. Aber ich möchte das doch zum Anlass nehmen, um mal zu Fragen, warum ist das denn eigentlich so – warum werde ich erstmal nicht angeschrieben oder gefragt?

Die einfachste Antwort wäre nun, dass ich die einsame Ausnahme bin und ansonsten nur Mütter diese Kinderdinge erledigen. Daher schreiben die anderen Mütter lieber die Mütter an, weil sie denken, der Mann wird eh nicht antworten. Aber wie gesagt, das stimmt nicht. Es sind immer viele andere Väter beim Abholen und auch sonst ist es in unserem Bekanntenkreis keineswegs so als würden sich Mütter alle um die Kinder kümmern und die Väter arbeiten. Das kann also nicht der Grund sein.

Eine zweite Antwortmöglichkeit wäre, dass die Frauen einfach keinen Bock haben, mir zu schreiben, weil ich so ein unsympathischer Typ bin. Es ist natürlich schwer so etwas über sich selbst zu sagen, aber ich glaube, daran liegt es auch nicht. Wenn wir uns vor der Schule unterhalten und auch wenn ich dann über den Umweg meiner Frau in die Kommunikation eingebunden werde, sind alle ganz freundlich und wir verstehen uns gut.

Vielleicht liegt es also doch an der fiesen alten Rollenverteilung und zwar an der in unseren Köpfen. Manche sagen ja auch klassische Rollenverteilung, aber das hört sich so elegant und richtig an - wie klassische Musik. Passt also gar nicht. Diese altmodische Rollenverteilung, der Mann arbeitet für Geld, Frau kocht, putzt und kümmert sich um die Kinder - ist so unendlich fest in unseren Köpfen verankert, dass sie völlig blind funktioniert.

Die Eltern der Freunde unserer Kinder wenden sich wie natürlich an die Mutter. Sie meinen das auch gar nicht böse oder konservativ. Das passiert ohne nachdenken. Diese Erkenntnis hat natürlich auch etwas Entlastendes. Sie zeigt, dass auch andere Menschen im Alltag nicht immer alles hundertfach durchdenken, bevor sie es dann tun. Mache ich ja auch nicht, dafür gibt es zum Glück dann diese Kolumne.

Aber auf den zweiten Blick ist es dann doch erschreckend. Es zeigt, was für ein langer Weg noch vor uns liegt, bis wir diese fiese alte (hört sich besser an, oder?) Rollenverteilung aus unseren Köpfen gebracht haben werden. Bis dahin immer schön Kinder abholen, smalltalken und bitten, auch in die Whatsapp-Gruppe zu dürfen.

Kolumne

Michael Güthlein
,
Konstantin Sacher

Michael Güthlein und Konstantin Sacher sind Väter: ein (1) und drei Kinder (10, 9, 6). Beide erzählen über ihr Rollenverständnis und ihre Abenteuer zwischen Kinderkrabbeln und Elternabend, zwischen Beikost und Ferienlager. Ihre Kolumne erscheint alle zwei Wochen; sie schreiben im Wechsel.