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Die Sprache des 17. Jahrhunderts mag sich für uns heute befremdlich anhören, aber auch wenn Stil und Form manchmal etwas altbacken wirken, Inhalt und Bilder in "Geh aus, mein Herz, und suche Freud" sind so anschaulich, dass man sich fragt, an welchem Ort Paul Gerhardt wohl gewesen sein muss, als er den Text dieses Sommerlieds geschrieben hat.
Ich stelle mir jetzt einmal vor, dass er 1653 im Garten saß und 15 (!) Verse – die Katholiken haben im Gotteslob immerhin zehn davon übernommen – über Fauna und Flora in einer Detailverliebtheit schrieb, für die man heute einen Biologieleistungskurs benötigen würde.
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Okay, es ist schon ziemlich dick aufgetragen, wenn im Text Lerche, Täublein und Nachtigall die Umwelt ergötzen. Wenn die Bächlein rauschen, wenn wilder Weizen wächst und der schnelle Hirsch mit dem leichten Reh zusammen ins tiefe Gras springt, dann schmunzele ich über die Wortwahl und denke trotzdem: Recht hat er. Während ich dies schreibe, wird der Dauerregen langsam vom Frühsommer vertrieben und die Geräusche und Farben der Natur sind überwältigend. Seit Corona wandere ich sehr gerne mit meiner Frau und nehme Natur zunehmend intensiver wahr. Und will natürlich, dass sie beschützt wird und erhalten bleibt.
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Dieser Song ist natürlich kein umweltpolitisches Lied. Denn eigentlich ist Paul Gerhardts Aufzählung von funktionierender Natur nur das Vorgeplänkel für mehr.
"Ich selber kann und mag nicht ruhn, / des großen Gottes großes Tun / erweckt mir alle Sinne."
Paul Gerhardt
Die erste Hälfte meines Lieblingsverses schlägt den Bogen von der Natur zu mir persönlich. Der kirchenmusikalische Konsument wird zum Mitmacher, zum Mitdenker und Mitsänger. Alle Naturbeschreibungen der ersten sieben Verse sind nur das lange "Song-Intro" zur Schlussfolgerung: Jetzt bin ich dran, zusammen mit anderen, Gott zu loben.
"Ich singe mit, wenn alles singt / und lasse, was dem Höchsten klingt / aus meinem Herze rinnen."
Paul Gerhardt
"Denn wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über." Dieses biblische Sprichwort kann ich unterschreiben. Wenn ich mit Freude angesteckt bin, dann fange ich an zu singen. Aber auch in anderen Momenten ist Singen für mich therapeutisch wertvoll. Musik bestärkt, baut auf und gibt mir Halt. Lässt mich herunterkommen, macht auch mal melancholisch, aber meistens froh.
Für mich als Chorkind ist das gemeinsame Singen das Wichtigste im Gottesdienst, noch wichtiger als eine gute Predigt. Schon sehr früh habe ich als Kind im Kirchenchor mitgesungen, zuerst – vor dem Stimmbruch – im Sopran und Alt, danach Tenor und später Bass. Chorsingen verbindet, ist kommunikativ und hat genau diese positiv ansteckende Wirkung. Deshalb hatte ich meine intensivsten Erfahrungen von Gottes Nähe in Verbindung mit Musik und sehr oft beim gemeinsamen Singen. Das sind nicht immer fromme Lieder, aber auch in "We Are the World" oder "You’ve Got a Friend" steckt in meiner Wahrnehmung viel Göttliches.
Zusammen mit Michael Kunze schreibe ich seit inzwischen 15 Jahren Chormusicals – zuletzt das Weihnachtsstück "Bethlehem" – mit religiösen Themen, weil Musik das ideale Transportmittel von wichtigen Botschaften ist. Und wenn zudem Tausende von Sängerinnen und Sängern sie gemeinsam singen, bekommen sie Gewicht und werden gehört. Bei der Düsseldorfer "Bethlehem"-Premiere letzten Dezember beeindruckte die von 3000 Sängerinnen und Sängern intonierte Friedensbotschaft als Hoffnungslicht in einer Zeit, die von Kriegen und Auseinandersetzungen beherrscht wird.
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2007 habe ich "Geh aus, mein Herz, und suche Freud" anlässlich von Paul Gerhardts 400. Geburtstag neu als jazzigen Swing interpretiert. Immer wenn ich in meinen Konzerten oder Kirchengemeinden dieses Lied begleite, tue ich das im Swing-Feeling und denke mir: Diese groovige, fröhlich beschwingte Grundstimmung täte uns als Kirche, die leider oft eher steif und trocken rüberkommt, schon wirklich gut.