Die Bundeswehr soll wachsen, findet aber nicht genug Kandidaten, viele Stellen sind unbesetzt. Angesichts des Ukrainekriegs wird nun einmal mehr die Forderung nach einer allgemeinen Dienstpflicht laut. Junge Männer und Frauen sollen sich für ein Jahr gesellschaftlich engagieren, in der Altenpflege, bei der Feuerwehr, im Umweltschutz – oder eben in der Bundeswehr.
Sebastian Drescher
Das Problem: Der Bundeswehr fehlt zwölf Jahre nach Aussetzung der Wehrpflicht die Infrastruktur, um eine große Zahl Wehrdienstleistender zu mustern, unterzubringen, auszustatten und auszubilden. All das wieder aufzubauen, würde Material und Geld binden, das an anderer Stelle dringend benötigt wird. Der oberste Soldat, Generalinspekteur Eberhard Zorn, sieht nur Platz für wenige Tausend zusätzliche Rekruten. Es wäre unverhältnismäßig, dafür alle junge Leute eines Jahrgangs zum Pflichtdienst zu verdonnern und das Grundgesetz zu ändern. Zwang ist nur in Notlagen zu rechtfertigen.
Noch weniger überzeugend ist das Argument, ein Pflichtjahr würde den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Echtes soziales Engagement kann nur freiwillig sein. Aber es lässt sich fördern. Mit besserer Bezahlung beim Bundesfreiwilligendienst zum Beispiel. Und indem man sicherstellt, dass sich Menschen ein Ehrenamt "leisten" können – egal ob jung oder alt. Eine Dienstpflicht wäre da sogar hinderlich.
Die neuen Zivis müssten Lücken im sozialen Sektor schließen, statt dass dort endlich die Arbeitsbedingungen besser werden. Wer offene Stellen in der Altenpflege besetzen will, muss ein gutes Angebot machen. Das gilt übrigens auch für die Bundeswehr, deren Fachkräfte endlich richtig ausgestattet werden sollten.