Sprachstunde - Folge 32
Privat
Podcast "Sprachstunde"
Wieso warum der Begriff "Schulmedizin" kritisch ist
In Abgrenzung zu Homöopathie und Naturheilkunde wird häufig der Begriff "Schulmedizin" verwendet. Warum das ein großer Fehler ist, erklärt Klinikseelsorgerin Karin Lackus
Tim Wegner
23.05.2022

Wenn Patienten, Esoterikerinnen und Heilpraktiker sich von wissenschaftlichen Heilmethoden distanzieren wollen, sprechen sie häufig abfällig von "Schulmedizin". Das Wort entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Gegenbegriff zur Homöopathie. "Man wollte deutlich machen, dass man mit der Homöopathie die bessere Alternative hat", erklärt Karin Lackus, ehemalige Klinikseelsorgerin und chrismon-Bloggerin im Podcast. Sie spricht sich klar gegen die Verwendung von "Schulmedizin" aus.

privat

Karin Lackus

Karin Lackus war bis zu ihrem Tod im April 2023 Autorin des Blogs "Krankenstand" für chrismon. Sie hatte evangelische Theologie studiert und später als Pfarrerin in der Erwachsenenbildung und im Religionsunterricht gearbeitet. Ihre letzten Berufsjahre war sie in der Klinikseelsorge tätig und engagierte sich besonders in der Palliativarbeit. Dann erkrankte sie selbst an Krebs und schrieb 2016 gemeinsam mit Christiane Bindseil das Buch: "Mir geht es gut, ich sterbe ­gerade" (Neukirchener Verlags­gesellschaft, 12,99 Euro) und mehrere Artikel sowie regelmäßig den Blog für chrismon.

Denn später machte der Begriff eine noch unrühmlichere Karriere: "Die Nazis haben die sogenannte 'verjudete Schulmedizin' als Kampfbegriff gebraucht. Das hatte den Hintergrund, dass viele gute Mediziner jüdischer Herkunft waren und die Antisemiten sich abgrenzen wollten", sagt Lackus. "Es gab eine große Nähe vieler Nationalsozialisten zur esoterischen Bewegung." Man wollte die "Neue Deutsche Heilkunde" als naturnahe, volksnahe, deutsche Medizin schaffen.

"Ein Begriff, der diese Bedeutung im Nationalsozialismus hatte - da gehen wir normalerweise etwas kritischer mit um", moniert Lackus. "Dass dieser Begriff unbeschadet in die Gegenwart übernommen werden und diesen abwertenden Beiklang behalten konnte, ist für mich völlig unglaublich."

Warum eine Unterscheidung zwischen sogenannter Natur- und Schulmedizin schwierig ist, welchen Begriff Karin Lackus statt "Schulmedizin" verwenden würde und warum sie die Sprache in Krankenhäusern manchmal schwierig findet, hören Sie in der 32. Folge der Sprachstunde.

Sprachstunde - Folge 32: Schulmedizin

Diese Folge erschien erstmals am 23. Mai 2022.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.
Permalink

Wie viele Begriffe, zum Teil auch sehr alte, die von den Nazis aus der Umgangssprache entlehnt wurden, gibt es? Fliegerhorst z. B. Und dann erst die vielen Bücher, vermutlich im gleichen Geiste geschrieben, die dann auf den Index gehören. Vornamen, die nicht mehr vergeben werden dürfen. Der Adolph vor dem Kolping muss weg! Oder ist der erlaubt, weil er nicht mit F geschrieben wird? Wenn sich die "Kaste" aus dem esoterischen Umfeld an dem Begriff "Schulmedizin" stört, soll sie das tun. Dann bitte aber konsequent auch nicht von der Schulmedizin behandeln lassen. Aus dem diesem Beitrag, der den ewig Empfindlichen gerecht werden soll, ist eine weinerliche Grundtendenz abzuleiten. Es sind genau diese ehemaligen "Makramee-Schülerinnen" (knüpfen für jeden Zweck) und deren Umfeld mit den entrückten Blicken und dem geläuterten Gehabe, die alle anderen aus den Kirchen treiben. Auch diese „berufene Betroffenheitsklientel“ ist verantwortlich für die teilweise Abkehr der Kirchen von den Realitäten. Die Stuhlkreisgesellschaft, macht jede Kirche unglaubwürdig. Aber sie haben einen wertvollen Nutzen. Sie garantieren den sinnlichen Erfolg auf Kirchtagen, in Bibelkreisen anderen Zirkeln.