Patrouillenboote, ausgeliefert an die ägyptische Marine im Hafen von Mukran
Zwei Patrouillenboote fuer Aegypten fahren in den Faehrhafen Mukran. Die auf der Peene-Werft gebauten Marineschiffe werden auf Frachtschiffe verladen. Erst vor wenigen Tagen hatte die Bundesregierung hat die Lieferung von zehn Patrouillenbooten fuer die aegyptische Marine genehmigt. Diese Kriegsschiffe sind ein Teil der urspruenglich fuer Saudi-Arabien vereinbarten 33 Patrouillenboote. Mehr als die Haelfe der Schiffe konnte durch ein Ruestungsexport-Verbot an die Saudis nicht mehr ausgeliefert werden.
Jens Koehler/ dpa picture alliance
Seid auf der Hut!
Waffenexporte an zweifelhafte Länder dürfen nur in Ausnahmen sein. Sie sind aber die Regel. Das muss sich ändern.
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
10.01.2022

Man kann der neuen Bundesregierung nicht genug auf die Finger schauen. Der Koalitionsvertrag mag gut sein. Darin ist von einer abrüstungspolitischen Offensive die Rede, von einem atomwaffenfreien Deutschland, von der internationalen Ächtung letaler autonomer Waffen, von einer restriktiveren Rüstungsexportpolitik. Gute Vorsätze. Nur: Was wird daraus?

Da steht auch: "Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind." Keine zwei Wochen nach dem Koalitionsvertrag genehmigte der Bundessicherheitsrat der noch amtierenden alten Bundesregierung den Verkauf von drei Kriegsschiffen und 16 Luftabwehrsystemen an Ägypten. Ägypten ist Kriegspartei im Jemen-Krieg. Und Olaf Scholz, als Bundesfinanzminister Mitglied im Bundessicherheitsrat, trug den Deal mit. Allein damit verdoppelte sich der Wert aller Rüstungsexporte 2021 auf über neun Milliarden Euro, ein Allzeitrekord.

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Burkhard Weitz

Burkhard Weitz war als chrismon-Redakteur bis Oktober 2022 verantwortlich für die Aboausgabe chrismon plus. Er studierte Theologie und Religionswissenschaften in Bielefeld, Hamburg, Amsterdam (Niederlande) und Philadelphia (USA). Über eine freie Mitarbeit kam er zum "Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt" und war mehrfach auf Recherchen in den USA, im Nahen Osten und in Westafrika. Seit November 2022 betreut er als ordinierter Pfarrer eine Gemeinde in Offenbach.

Eine sozialliberale Koalition hatte 1971 den Rüstungsexport eingedämmt: Lieferungen nur an Nato-Staaten. An alle anderen: keine Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge, Panzer, vollautomatischen Handfeuerwaffen. - Pistolen, Revolver, Jagd- und Sportgewehre, Radar- und Funktechnik und Explosivstoffe nur nach Genehmigung, aber nie an Kriegsparteien. Der langjährige Außenminister Hans-Dietrich Genscher hat mal gesagt: "Die deutsche Zurückhaltung in der Rüstungsexportpolitik hat sich auch rückblickend als richtig erwiesen, und man sollte daran festhalten."

Heute lässt sich Rüstung genehmigungsfrei auch an alle EU-Staaten und an die "gleichgestellten Staaten" Australien, Neuseeland, Japan und die Schweiz liefern. Trotzdem sei der Export an andere, sogenannte Drittstaaten, zur Regel geworden, klagte die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung Mitte Dezember. Exporte, die eigentlich verboten gehören.

Es sollte niemanden wundern, wenn jetzt in Kasachstan mit deutschen Gewehren auf Demonstranten geschossen wird

Klar, transnationale Waffenschmieden wie die der deutsch-französischen Rüstungszusammenarbeit machen es der Bundesregierung schwer, Rüstungsexporte zu kontrollieren. Dennoch: Wer will IS-Terroristen zusehen, wie sie mit deutschen und belgischen Waffen einen Völkermord begehen und ganze irakische Dörfer ausradieren? Es sollte niemanden wundern, wenn jetzt auch in Kasachstan mit deutschen Sport- und Jagdgewehren auf Demonstranten geschossen wird. Jahr für Jahr exportieren wir sie im Wert von ein bis zwei Millionen Euro dorthin.

Auch in Frankreich regt sich Widerstand gegen solchen Irrsinn. Französische Medien beklagen längst den Einsatz deutscher und französischer Panzer, Haubitzen, Kriegsschiffe und anderem Gerät im Jemen-Krieg.

Ja, es geht. Politiker können auch gegen den Druck der Waffenlobbyisten Rüstungsexporte beschränken. Sigmar Gabriel hat es bewiesen. Mehrmals widersetzte er sich erfolgreich Saudi-Arabiens Versuch, Panzer und Bauteile für eine Gewehrfabrik aus Deutschland zu beziehen. Jetzt muss sich zeigen, wie viel Mumm die neuen Kabinettsmitglieder haben. Und ob sie, wenn es drauf ankommt, auch dem Kanzler bei Rüstungsexporten die Stirn bieten werden.

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Hat nicht schon Konrad Adenauer gesagt "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern" und somit die Grundfesten dieser Welt- und "Werteordnung" auch in die geschichtliche Zeitkapsel zur Gründung der bundesrepublikanischen "Demokratie" gelegt?!