Normalerweise gehe ich in die Textilfabriken hinein. Ich prüfe, ob die Arbeitsbedingungen fair sind, halte Workshops, spreche mit den Arbeiterinnen – etwa siebzig Prozent sind Frauen – und den Leitungskräften. Seit über einem Jahr läuft das alles nur noch online. Dabei wäre es zurzeit besonders wichtig, vor Ort zu sein und die Frauen zu stärken. Denn die Pandemie bringt viele von ihnen in Not.
Sethulakshmy Chakkenchath
Sie sind ohnehin hoch belastet, weil sie sich neben der Arbeit auch noch um die Kinder und um ältere Familienmitglieder kümmern. Nun wird das Geld für die Miete oder für Lebensmittel knapp, weil sie in Kurzarbeit sind oder arbeitslos wurden. Viele Beschäftigte in der Textilindustrie sind Arbeitsmigrantinnen und -migranten. Sie kommen aus weit entfernten ländlichen Regionen oder aus dem Ausland. Am Anfang der Pandemie kam es zu einem Massenexodus in den Fabriken. Die Arbeiterinnen und Arbeiter hatten Angst, bald nicht mehr ihre Verwandten daheim sehen zu können. Sie reisten in ihre Heimatdörfer und blieben dort hängen. Zurück zu den alten Arbeitsstätten können sie nicht, weil die Reisefreiheit vielerorts eingeschränkt ist. Heute fehlt ihnen das Einkommen, mit dem sie oft auch die Verwandtschaft mitversorgt haben.
Schweigen über Ansteckungen
Diejenigen, die weiter in den Fabriken arbeiten, sind oft verunsichert. Sie haben Angst, sich anzustecken, gleichzeitig trauen sie sich nicht wegzubleiben, um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden und weiter Geld zu verdienen. Es ist vorgekommen, dass Leute positiv getestet waren, dies aber nicht offenlegten. Das ist natürlich gefährlich. Wir müssen viel aufklären zurzeit, besser online als gar nicht. Faire Arbeitsbedingungen sind wichtiger denn je.