Der Deutsche Presserat hat die "Berliner Zeitung" wegen eines schweren Verstoßes gegen die Grundsätze zur Trennung von Tätigkeiten gerügt.
20.03.2020

Weitere Rügen wurden zudem gegen die Online-Ausgabe der Zeitschrift "Mädchen", das Magazin "Grazia" und zum wiederholten Mal wegen Schleichwerbung gegen die "Hörzu" ausgesprochen.

Der Verleger der "Berliner Zeitung", Holger Friedrich, habe bei der Redaktion die Berichterstattung über den Börsengang eines Unternehmens angeregt, an dem er über ein weiteres Unternehmen selbst beteiligt war, erklärte das Selbstkontrollorgan am Freitag in Berlin. Die Redaktion habe nach eigener Aussage diese Anregung in Artikeln auf der Titelseite der Printausgabe unter der Überschrift "Ostdeutsche Erfolgsstory in der Medizin" sowie online unter dem Titel "Biotech: Centogene gibt Debüt an der New Yorker Börse" umgesetzt, ohne ein mögliches Eigeninteresse des Verlegers zu prüfen. Im Ergebnis habe die Redaktion die Berichte veröffentlicht, ohne den gravierenden Interessenkonflikt des Verlegers offenzulegen, kritisierte das Gremium.

Unzureichende Kennzeichnung von Werbung

Die Online-Ausgabe der Zeitschrift "Mädchen" rügte der Presserat wegen Links zu kommerziellen Glücksspiel-Angeboten, die mit einem Beitrag unter der Überschrift "Worauf stehen Jungs bei Mädchen? Die 5 Top Eigenschaften, auf die alle Jungen stehen!" veröffentlicht wurden. Das Gremium sieht darin eine unzureichende Kennzeichnung von Werbung, da die Verlinkungen nicht als Werbung erkennbar waren. Zudem sei es mit den presseethischen Grundsätzen nicht vereinbar, in einem redaktionellen Angebot, das sich in erster Linie an Jugendliche richte, für Glücksspiele zu werben.

Das Magazin "Grazia" missbrauchte dem Presserat zufolge Berichterstattung als Gegenleistung. Es habe einem Unternehmen als Ausgleich für eine Geldforderung angeboten, einen redaktionellen Beitrag über dessen Produkte zu veröffentlichen und diesen über die Social-Media-Kanäle der Zeitschrift zu pushen. Das Unternehmen habe der Redaktion Modeartikel zugesandt, die teilweise verloren gingen. Mit der angebotenen Berichterstattung wollte demnach die Redaktion eine Bezahlung der Ware ersetzen. Das sei ein grober Verstoß gegen die klare Trennung von Redaktion und Werbung, rügte der Presserat. Redaktionelle Berichterstattung müsse frei von jeglichen Gegenleistungen erfolgen, es dürften ausschließlich publizistische Erwägungen eine Rolle spielen.

Neun Missbilligungen

Der TV-Zeitschrift "Hörzu" warf der Presserat wiederholte Schleichwerbung für Arzneimittel vor. Das Magazin habe in mehreren Artikeln zu Gesundheitsthemen jeweils ein konkretes Präparat genannt, ohne dass hierfür ein ausreichendes Leserinteresse, beispielsweise aufgrund eines Alleinstellungsmerkmals, aus dem Artikel hervorgegangen sei. Die "Hörzu" sei bereits in der Vergangenheit vom Presserat für diese Praxis gerügt worden.

Neben den vier öffentlichen Rügen sprach das Gremium neun Missbilligungen und acht Hinweise aus. Der Presserat prüft Beschwerden gegen Berichterstattung von Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien und kann bei Verstößen gegen journalistische Grundsätze Sanktionen aussprechen, als härteste Form die öffentliche Rüge.

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