Komisch. Der Gesundheitsminister stellt ein neues Gesetz vor, damit Schwerkranke besser betreut werden. Aber die Kranken freuen sich nicht, im Gegenteil: Sie protestieren – wie auch ihre Angehörigen.
Es geht um die Menschen, die langfristig oder sogar dauerhaft beatmet werden müssen, etwa Querschnittsgelähmte oder Menschen mit Muskel- oder Lungenkrankheiten. Abhängiger kann man kaum sein – nicht nur von der Maschine, die Luft durch einen künstlichen Zugang am Hals in die Luftröhre drückt, sondern auch von den Fachkräften, die einen versorgen.
Dubiose ambulante Pflegedienste nutzen das aus: Weil die Betreuung von Beatmungspatienten für sie ein lukratives Geschäft ist - die Kassen übernehmen die hohen Kosten von etwa 20.000 Euro pro Monat – haben sie keinen Anreiz, die Kranken von der künstlichen Beatmung zu entwöhnen, was in vielen Fällen möglich wäre. Oder schicken schlecht ausgebildete Pfleger.
Hanna Lucassen
Schluss mit dem Missbrauch, sagt Spahn - zu Recht, aber der Minister hat eine falsche Lösung parat: Anstatt die Pflegedienste besser zu überwachen, sollen die Patienten nicht mehr zu Hause, sondern in spezialisierten Einrichtungen betreut werden, deren Arbeit kontrolliert werden kann. Dabei übersieht Spahn etwas: Die meisten Menschen wollen zu Hause bleiben, gerade wenn sie dauerhaft krank und hilfsbedürftig sind, in allen möglichen Lebensphasen.
Bitte nicht ins Krankenhaus, bitte nicht ins Heim
Bitte nicht ins Krankenhaus, wünschen sich Sterbende. Bitte nicht ins Heim, sagen alte Leute. Ich möchte bei Mama und Papa sein, sagen krebskranke Kinder, bei denen man das auch immer öfter möglich macht. Denn längst hat man erkannt, dass für kranke und verletzliche Menschen eine häusliche Umgebung heilsam ist. Weil Menschen um sie sind, die sie lieben und für die sie nicht nur ein weiterer Patient sind. Weil sie dort bestimmen können.
Spahn wird sicher nachbessern, vielleicht mehr Ausnahmefälle zulassen, die der medizinische Dienst prüfen wird. Aber das bedeutet: Wer zu Hause pflegen oder gepflegt werden will, muss das rechtfertigen. Damit wird die stationäre Pflege zum Normalfall und das Zuhausesein zur Ausnahme. Es sollte umgekehrt sein – gerade für die, die so viel Pflege nötig haben.