Kirchgang - Butzbach Markuskirche
Kirchgang - Butzbach Markuskirche
Mylius / Wikimedia Commons
Jesus, der Wecker
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
04.01.2019

Markuskirche Butzbach, Sonntag, 10 Uhr: Schon im frühen 13. Jahrhundert leistete sich die Stadt Butzbach im Wetteraukreis eine Basilika. Bis in die Reformationszeit baute man sie zur Hallenkirche aus. Eine Perle im Fachwerkstädtchen am Rande des Wetteraukreises. Die evangelische Gemeinde hat sich in dieser Pracht ausgebreitet – leider etwas rumplig. Vorne stapeln sich Holzstühle, ein Pappluther verdeckt die alten Grabplatten. In den Gängen stehen Klapptische aus Biertischgarnituren, darauf Plastikschälchen 
mit Stiften. Am ersten Advent soll es eine Mitmach­aktion geben. Der Raum füllt sich mit Konfirmanden und älteren Herrschaften, etwa 70 Personen.

Anstelle eines Orgelvorspiels tickt eine Uhr über Lautsprecher. Konfirmanden sagen Sätze wie "Kommt Zeit, kommt Rat" und ­"Alles mit der Zeit" – bis das schrille Klingeln eines Weckers aus dem vordigitalen Zeitalter erklingt. Die Pastorin tritt nach vorne: "Was war denn das?", fragt sie gekünstelt überrascht, "habt ihr das gehört?" Man schaut sich um: Mit wem redet die Dame so kindlich? Der Gottesdienst war "für Große und Kleine" ausgeschrieben. Es sind aber nur fünf Kinder da. "Es ist erster Advent", sagt die Pfarrerin. "Und der Wecker möchte uns daran erinnern, wachsam zu sein."

Drei Höhepunkte hat der Gottesdienst ...

Alles Weitere ist schnell erzählt. Zwei Damen assoziieren frei mit der Pastorin zum Thema Wachsamkeit. Sie sprechen von Menschen, "die genau auf das gehört haben, was Gott von uns möchte": "Dass es uns gut geht." Die fünf Kinder werden nach vorne gerufen. Die ­Pas­torin hält Bilder hoch, die in der ­dritten Bankreihe schon nicht mehr zu er­kennen sind: der heilige Martin, die heilige Elisabeth und Jesus, "der Jederzeitwecker". Die Kleinen sollen an den Klapptischen Zeichnungen von alten Weckern ausmalen.

Drei Höhepunkte hat der Gottesdienst. Das Gleichnis Jesu aus Markus 13 von einem, der loszieht und seinem Tür­hüter aufträgt, in seiner Abwesenheit wachsam zu bleiben. "Wir sollen auch miteinander wachsam sein", sagt die Pastorin. Zweitens der Posaunenchor mit seinen bewegten Choralvorspielen. Er bewährt sich auch als Gesangsensemble und bringt der Gemeinde einen Kanon bei: "Mache dich auf und werde Licht." Und drittens der Segen: Die Pfarrerin breitet die Hand­flächen aus und spricht ruhig und souverän – und plötzlich spürt man ihre wunderbare Präsenz in diesem alten Raum. Nächstes Mal bitte mehr davon!

Kontakt

Evangelische Markuskirchengemeinde Butzbach
Kirchplatz 12
35510 Butzbach

Telefon: +49 6033 65575
Telefax: +49 6033 65530

E-Mail: gemeindeamt@markusgemeinde.de
www.markusgemeinde.de

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.
Permalink

Burkhard Weitz, der Wecker!? Überraschungsbesuch in Butzbach!
Was haben wir gelernt? Dass es gut ist, ab und zu mal den eigenen, gewohnten Kirchenraum mit den Augen "Fremder" zu betrachten. Danke. Wir arbeiten dran!
Dass das Gottesdienstformat "für Große und Kleine" bisweilen schwer umzusetzen ist. (Hat früher schon unter dem Etikett "Familiengottesdienst" nur Wenige begeistert.) Danke auch dafür. Wir arbeiten auch da noch weiter dran!
Eigentlich weiß jeder Pfarrer und jede Pfarrerin, dass jeder Gottesdienst eine öffentliche Veranstaltung ist. Jeder und jede weiß auch, dass irgendwie immer jemand im Kirchenraum sitzen kann, der wertet und bewertet. Und dass die allermeisten ohnehin immer besser wissen, wie man´s macht, ist für uns Pfarrer auch kein neuer Gedanke. Dass diese Veranstaltung aber mit einer 5-Sternlein-Bewertung wie im ADAC-Test veröffentlicht wird, ist schon irritierend. Als zuständiger Dekan frage ich mich, welchen Aussagewert ein subjektives Erlebnis an einem Zufallssonntag eigentlich hat?! Und wem man da eigentlich was vermitteln will?! Der Kollegin hätte es vermutlich eher geholfen, sie nach dem Gottesdienst wenigstens anzusprechen, sich zu erkennen zu geben und ihr die Eindrücke direkt widerzugeben. Denn wie gesagt: die Pfarrerinnen und Pfarrer arbeiten dran! Jeden Sonntag - und manchmal auch werktags in Altenheimen, Kindertagesstätten, bei Besuchen, in Gruppen - in Gottesdienste und bei Andachten. Und manchmal gelingt es auch mal weniger gut, die Idee oder einen Gedanken zu vermitteln. Da ist dann ein Bild oder ein Ausdruck haarscharf daneben gegangen. Aber auch das wissen wir. Und dass es am Ende trotz einem Sternlein in der Liturgie oder der Predigt Momente gibt, in denen der Geist einfach weht und wirkt, wo er will. Und weil das so ist, wird auch am kommenden Sonntag der Gottesdienst gefeiert. Und dann auch wieder in einem aufgeräumten Kirchenraum!

Permalink

Sehr geehrter Herr Weitz,

ich habe Ihren Artikel unter der Rubrik: „Was erleben Sie im Gottesdienst“ gelesen. In dieser Sparte erhalten Gottesdienstbesucher die Möglichkeit, von ihren persönlichen subjektiven Erfahrungen in einem Gottesdienst zu berichten. Sie selbst teilen mit den Leserinnen und Lesern Ihre Gedanken, die Sie sich während eines Gottesdienstes in Butzbach gemacht haben.

Zunächst will ich anmerken, dass es meiner Ansicht nach ein Unterschied ist, ob man als unbefangener, dem Gottesdienst gegenüber aufgeschlossener Besucher an einem solchen teilnimmt oder als ein Besucher, der die Absicht hat, einen kritischen Artikel über seine Beobachtungen zu schreiben. Der Blickwinkel und damit auch das Erleben des Gottesdienstes ändern sich mit der jeweiligen Absicht. Bevor ich Sie nun an meinen Empfindungen beim Lesen Ihres Berichts teilhaben lasse, muss ich klarstellen, dass jegliche konstruktive Kritik, die zur Verbesserung der Qualität der von uns gehaltenen Gottesdienste beiträgt, sein darf und auch sein muss. Dabei ist aber entscheidend, wie sie geäußert wird, ganz banal: Der Ton macht die Musik.

Nun also zu meinen Empfindungen:

Ich war und bin anhaltend enttäuscht darüber, dass auch in christlichen Kreisen die Kultur der gegenseitigen Wertschätzung arg gelitten hat. Statt eines Austauschs auf Augenhöhe und im geschwisterlichen Miteinander ist es offensichtlich ein akzeptierter Ton, eine Kollegin/ einen Kollegen öffentlich bloß, also an den Pranger zu stellen. Auch die den Beitrag beendenden versöhnlichen Worte können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier nicht von einem wohlwollenden Blick auf die/den Nächste/n gesprochen werden kann, ganz zu schweigen von den Folgen, die eine öffentliche, derart vorgetragene – man muss sagen vernichtende – Kritik für Betroffene haben kann.

Durch diese Form der Berichterstattung verlieren wir als Kirche unsere Glaubwürdigkeit, denn wer möchte Teil einer Organisation sein, die zu Recht Repräsentanten öffentlicher Organisationen zu einem fairen Miteinander aufruft, deren Mitglieder aber unter dem Deckmäntelchen einer notwendigen Berichterstattung, die natürlich immer sehr subjektiv ist, dazu neigen, die von ihnen selbst gepredigten Grundsätze im kollegialen Miteinander zu vergessen.

Mit freundlichen Grüßen
Anne Wirth