Verkalkuliert
Trumps früherer Chefstratege will die europäischen Rechtspopulisten einen. Doch seine Ankündigung zeigt vor allem, wie wenig er von Europa versteht.
Tim Wegner
15.08.2018

Donald Trumps geschasster Chefstratege Steve Bannon hat sich Europa als neues Betätigungsfeld auserkoren. Wie das Nachrichtenportal "The Daily Beast" im Juli schrieb, will Bannon von Brüssel aus die rechtspopulistische Sammlungsbewegung "The Movement" gründen und die Europawahl im Mai 2019 aufmischen. Die Ankündigung löste Schrecken aus. Denn der 64-Jährige ist ein strategischer Politprofi, er hat ein Gespür für die Schwächen seiner Gegner, er kennt sich aus mit datenbasierter Wählermanipulation, und vor allem: Er hat viel Geld.

Tim Wegner

Claudia Keller

Claudia Keller ist chrismon-Redakteurin und reagiert allergisch auf großspurige Ankündigungen.

Der Grund für sein geplantes Engagement in Europa seien der US-Milliardär George Soros und seine Open Society Foundation, sagte Bannon "The Daily Beast". In Bannons Vorstellung ist Soros der Kopf der gesamteuropäischen Liberalen. Ihn will er "besiegen". Aber weder ist Soros Anführer der europäischen Liberalen, seine Stiftungen unterstützten lediglich hier und da zivilgesellschaftliche Aufbrüche in Mittel- und Osteuropa. Noch stehen sich Rechtspopulisten und Demokraten in Europa wie monolithische Blöcke gegenüber. Es ist wenig wahrscheinlich, dass sich eine eher islamfreundliche Partei wie "Jobbik" in Ungarn mit Geert Wilders oder Marine Le Pen zusammentut oder dass sich die "Schwedendemokraten", die sich mühen, ihr rassistisches Image loszuwerden, mit Matteo Salvinis Lega Nord verbünden. Würde Bannon mehr von Europa verstehen, wüsste er, dass das einigende Band der europäischen Rechtspopulisten dünn ist und vor allem aus dem Hass gegen das imaginierte "System" besteht.

Bannons Ankündigung verdeutlicht vor allem seinen Narzissmus. Er geht davon aus, dass auch alle anderen so narzisstisch sind wie er. Könnte gut sein, dass er damit recht hat. Aber gerade dann dürften sie wenig geneigt sein, sich um der Sache willen einem selbst ernannten Heilsbringer aus den USA unterzuordnen.  

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