###autor###Neulich besuchte ich eine Beduinenfamilie. Der sechsjährige Alan lebt mit vier Brüdern, Eltern und Verwandten in der Halbwüste, etwa 40 Autominuten südöstlich von Bethlehem. Die Familie schlägt hier seit Generationen ihr Zelt auf, sagte die Großmutter. Wir saßen im Zelt auf Matratzen, tranken heißen, süßen Salbeitee und schauten hinaus in die flimmernde Hitze. Die Frauen und Kinder waren gerade von einer Hochzeit im naheliegenden Dorf zurückgekommen und hatten ein großes Tablett Reis mit Ziegenfleischstücken mitgebracht. „Ahlan-wa-sahlan! Willkommen, du musst davon essen!“
Alan aber wollte mir erst die Tiere zeigen. In Ställen stehen ein paar Ziegen, ein Händler nimmt einmal wöchentlich Joghurt, Butter und Käse mit auf den Markt in Bethlehem. Die Familie hat 20 Kamele, die frei in der Wüste herumlaufen und ab und zu zum Trinken vorbeikommen, sowie etwa 300 Schafe und Ziegen. Diese werden von Hirten geweidet. Jeden Nachmittag bekommen sie an einer Futterstelle zusätzlich Weizenkleie. Alan nahm mich dorthin mit. Er sprang barfuß zwischen den Tieren über Stock und Stein, zuletzt ging’s im rasenden Tempo den Berg hinunter, Sand- und Staubwolken wirbelten auf.
Alans Eltern kamen mit einem alten Jeep und verteilten das Futter in die Tröge. Früher hätten sie mehr Weideflächen gehabt und einen Zugang zur Wasserstelle, erzählte der Vater. Jetzt sei rundherum militärisches Übungsgebiet, die Quelle werde von einer israelischen Siedlung kontrolliert. Er müsse das Wasser im Dorf mit dem Traktor holen und zu den Tieren bringen. Von einer Wasserleitung wage er nicht zu träumen. „Die israelische Regierung will uns weghaben, wir sollen ins Dorf. Sie wollen hier eine Zementfabrik bauen“, sagte er. Die Familie habe schon mehrere Abrissverfügungen für die Zeltsiedlung bekommen. Dabei gäbe es Dokumente, dass dies ihr Land sei: „Wir bleiben hier.“