chrismon: Viele Deutsche sorgen sich um den Frieden in Europa. Sie auch?
Christine Schweitzer: Ja. Im vergangenen Sommer drohte Krieg in der Ukraine, und dann kamen die vielen Flüchtlinge. Der Bund für soziale Verteidigung reagiert darauf mit einer Tagung im März in Magdeburg: „Bedrohungen und friedenspolitische Alternativen in unserer krisenhaften Zeit“. Wir wollen zeigen, wie man verhindern kann, dass Bedrohungsängste zu destruktivem Verhalten führen.
Nehmen wir die Ukrainekrise. Wovor haben die Leute da Angst?
Viele fragen sich: Wie geht es weiter, falls die Nato im Sommer beschließt, dort Kampftruppen zu stationieren? Das würde gegen frühere Vereinbarungen mit Russland verstoßen und könnte zu einer Eskalation des Konfliktes führen.
Und was sagen Sie den Tagungsteilnehmern?
Dass jeder bewaffnete Konflikt eine lange Vorgeschichte hat. Häufig verliert während eines Krieges der Auslöser an Wichtigkeit und der Konflikt wird aus anderen Gründen weitergeführt, wegen Dingen, die während des Krieges geschehen sind.
Und im Fall der Ukrainekrise?
In der Ukraine gab es einen Aufstand, den sogenannten „Euromaidan“, weil viele die Willkür und die Korruption in ihrem Land satthatten. Denken Sie zudem an die Situation in der Ostukraine, die Abspaltung der Krim und das Eingreifen Russlands. Dazu kommt die internationale Lage – die westlichen Sanktionen gegen Russland und militärische Drohgebärden auf beiden Seiten. Das sind zwar alles unterschiedliche Vorgänge und Ebenen, die aber zusammengenommen hochgefährlich sind.
Und lässt sich eine solche vielfache Krise friedlich überwinden?
Durch langfristiges Denken und präventives Handeln. Außenpolitiker sollten hinterfragen, ob ihre Pläne Konflikte verschärfen oder schaffen. Der zweite Schritt ist, nach Möglichkeiten ziviler Konfliktbearbeitung zu suchen: Wie kann man konstruktiv auf die Konfliktparteien einwirken? In der Ukrainekrise macht es die deutsche Politik teilweise richtig vor. Sie organisiert runde Tische und unterstützt Weißrussland, das vermittelt und beiden Parteien nahesteht. Da wird Grundlegendes aus den Lehrbüchern der zivilen Konfliktbearbeitung angewandt.