Erika Larsen
Der Mann im roten Bischofsmantel mit dem Hirtenstab sieht nur so katholisch aus. Bischof Wolfgang Herz-Lane ist Chef der Lutheraner in Baltimore an der amerikanischen Ostküste. Aber egal wo. Wenn er irgendwo ankommt, gründet er als Erstes mal eine Gemeinde
21.09.2014

Es gibt Leute, die können Chaos nicht ausstehen. Aber sie brauchen es dringend, weil sie das Ordnen lieben, das Organisieren. Margaret Herz-Lane grinst: „Da, auf der anderen Seite des Tisches sitzt so einer. Ich mische alles durcheinander, schaffe neue Sachen an, türme alles auf. Und dann kommt mein Wolfgang und knurrt. Was ist denn das schon wieder für ein Chaos? Und dann räumt er auf.“ Wolfgang Herz-Lane, evangelisch-lutherischer Bischof von Baltimore, und seine Frau Margaret, Gemeindepfarrerin in der Hafenstadt in Maryland, sind seit mehr als 30 Jahren little america. Ein melting pot, ein Schmelztiegel gegensätzlicher Talente.

Melting pot – auch ihrer einstmals sehr europäisch wirkenden Kirche haben die Herz-Lanes und ihre Mitstreiter an der Ost­küs­te der Vereinigten Staaten ein neues Gesicht gegeben. Zunächst in New Jersey und seit fünf Jahren in Maryland und ­Delaware, auf einem Kirchengebiet so groß wie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zusammen. Dieses neue Gesicht sieht man am Sonntagmorgen im wohlhabenden Ellicott City beim Konfirmationsgottesdienst in der First Lutheran Church. Und man sieht es am Nachmittag in der Landgemeinde Myersville im waldigen Hügelland im Westen oder weiter südlich in Hyatts­ville beim gemeinsamen Gottesdienst mit den Anglikanern.

Menschen namens Funke, Thielemann oder Bauer, MacLellan, Facto oder Danker singen und feiern mit Hispanics, mit dunkelhäutigen Christen. Eine Pfarrerin kommt aus Indien, die andere von den Philippinen.

Amerika! Ein Angebot, das man nicht ablehnen konnte.

Der Bischof predigt über Schafe. Und darüber, dass er in seiner Jugend nur Schäfer kennengelernt hat, die brummig und unfreundlich waren. „I grew up in the black forest.“ Wenn Wolfgang Herz-Lane, 59, in seiner Muttersprache redet, ist nicht zu über­hören, wo er herkommt. Ein Schwabe vom Ostrand des Schwarzwalds, aus dem Städtchen Lauterbach. Dort hat er auch seinen ersten Beruf erlernt. Journalist. Dass er in dieses Metier geriet, ergab sich aus der Passion, von der er allerdings noch nicht wusste, dass sie zu seinem Lebensthema werden sollte: gründen und organisieren. „Ich zog mit meinen Eltern um, in ein Dorf ein paar Kilometer weiter. Und da gab es gar nichts für Jungs meines Alters.“ Was tun? Was machen! „Ich war Messdiener, kam aus ­einer katholischen Familie. Da habe ich den uralten Pfarrer in dem Dorf gefragt, ob ich eine Katholische Junge Gemeinde gründen dürfte, eine KjG. Er hatte nichts dagegen.“

Aber was nutzt eine solche Neugründung, wenn keiner von ihr weiß? Also schrieb der Teenager einen Artikel und schickte ihn der nächsten Lokalredaktion des „Schwarzwälder Boten“. Der Text gefiel deren Chef so gut, dass er den Buben zur freien Mitarbeit aufforderte und ihm bald vorschlug, nach dem Abi ein Redaktionsvolontariat zu beginnen. Das tat er und nahm ein Jahr später die angebotene Redakteursstelle im Städtchen Nagold an.

Wolfgang und Margaret haben zwei Söhne. Joseph ist der jüngere.
Ein Brief der Aktion Sühnezeichen störte die ordentliche Laufbahn. Der evangelische Friedensdienst schlug Herz, dem Kriegsdienstverweigerer, vor, die 18 Monate Zivildienst als Freiwilliger in der Jugendarbeit in Camden/New Jersey zu leisten. Amerika! Ein Angebot, das man nicht ablehnen konnte. Das mussten die im Verlag verstehen. Obwohl: „Diesen Dienst sollte ich in einer Kirchengemeinde leisten, in der Lutheran Parish.“ Kirche! Da zieht der Bischof noch fast vierzig Jahre später eine Grimasse. „Das war fast das Killerargument. Mit Kirche, so wie ich sie im Schwarzwald erlebt hatte, wollte ich eigentlich nichts mehr zu tun haben, egal ob katholisch oder evangelisch. Ich war total auf Antikurs.“ Zu viel Ordnung, zu wenig Bewegung. Zu viel von diesem „Das machen wir schon immer so, das haben wir noch nie so gemacht!“ Zu wenig Chaos. Die Neugier auf Amerika war stärker als die Kirchenskepsis. So stieg Wolfgang Herz dann doch im November 1975 in den Flieger gen Westen. „Ich wollte raus aus der Enge. Das ist ja nichts Besonderes. Das geht ja vielen jungen Leuten so.“ Also auf nach Camden! Alles in Ordnung.

Camden, jenseits der Delaware Bay, gegenüber der Hafenstadt Philadelphia gelegen, war einst eine der blühenden Industrie­städte rund um die großen Häfen am Atlantik. Hier produzierte beispielsweise Campbell in einer großen Fabrik seine Dosen­suppen, von Andy Warhol berühmt gemacht.

Als der Zivi sich dort bei Pfarrer Hans Goebel zum Dienst meldete, war der Ruf der 70 000 Einwohner zählenden Stadt längst ein anderer. In der Kriminalitätsstatistik der USA belegte Camden Platz eins: die gefährlichste Stadt der Staaten in allen sechs Kate­gorien – Mord, Plünderung, Raub, Einbruch, Körperver­letzung und Autodiebstahl. Keine Werften mehr, keine technische In­dustrie. Auch die Suppendosen-Fabrikation war gen Westen gezogen, der billigeren Löhne wegen. Die wohlhabenden weißen Einwohner zogen weg. Arbeitslose Afroamerikaner und Hispanics blieben. Es kam zu Rassenunruhen. Der einzige Handel, der noch blühte, war der mit Drogen.

Chaos pur! „Und ich konnte mich kaum verständigen. Yes and no, my name is Wolfgang, I am from the black forest – mehr ging nicht.“ Aber schon nach wenigen Wochen stellte der Zivi beim Umgang mit den Jungs und Mädchen in der Jugend- und Sozialarbeit fest, dass man sich gestenreich auch ohne große Wor­te verständigen konnte, von Herz zu Herz eben. In aller Unordnung.

Das Zauberwort für Wolfgang Herz hieß relationship – Beziehung. Das Leben in den fünf Gemeinden, aus denen die Lutheran Parish bestand, funktionierte über die Beziehungen zwischen den Menschen in ihnen. „Natürlich gab es auch Leute, mit denen man nicht so gut konnte. Aber wenn es Probleme gab, verwies niemand auf eine Kirchen-, Schul- oder sonstige Ordnung wie im behördlichen Deutschland. Man redete, stritt und fand irgendeine Lösung. Shakehands, und los ging es.“ Auch die Gottesdienste erlebte er so: „Schon die Musik, die Gospels und Spirituals, machte alle lebendig. Ich hatte mich in diese Stadt und ihre Gemeinde verliebt. Ich wollte da nicht mehr weg.“

"Ärger mit der Freundin, Angst vor dem Chef, Schulden.“

Aber er musste zurück. Alle Versuche scheiterten, nach 18 ­Monaten Arbeit mit den Kindern des Lumpenproletariats einen Job, einen Studienplatz und ein neues Visum zu bekommen. ­Immerhin ein Zeichen konnte Wolfgang Herz setzen: „Ich trat am letzten Sonntag in Camden der lutherischen Gemeinde bei. Wenigstens so konnte ich bei den Leuten bleiben.“

Zurück in die deutsche Ordnung. Lokalredakteur in Rottweil. Er war sicher: Lange bleibe ich hier nicht. Aber dennoch, logisch, gründete er eine Gemeinde: einen Stammtisch für junge Journalisten in der Region – einmal im Monat in seiner kleinen Altstadtwohnung. Seelsorge klassisch, also „lachen und trinken bis kurz vor Mitternacht, dann kamen die Sorgen auf den Tisch. Ärger mit der Freundin, Angst vor dem Chef, Schulden.“ Ein Kollege wurde regelrecht therapiert, nachdem er als Reporter bei einem Großbrand den Tod von Menschen miterlebt hatte und den Beruf aufgeben wollte.

Und Herz schwärmte beim Bier von Camden. Als eine Volontärin sagte, sie habe recherchiert, Camden läge weder in Kalifornien noch in Florida und sei eine verwahrloste Industriestadt, fuhr er dazwischen: „Geld und gute Luft sind nicht so wichtig. Ich möchte herzliche Leute, und von denen gibt es dort viele.“ Als sich der Bischof am Wohnzimmertisch in Baltimore an diese Szene erinnert, meint Margaret Herz-Lane nur: „Also, ganz ohne Geld und gute Luft leben wir hier ja nicht. Und herzliche Leute gibt es in Deutschland auch.“ Im Sommer 1978 fliegt Herz jedenfalls zurück nach Camden, ­studiert an der Rutgers University Sozialarbeit und fängt – gegen Kost und Logis – in seiner Freizeit dort wieder an, wo er aufgehört hatte: in der Jugend- und Sozialarbeit der Lutheraner.

Der Mann im roten Bischofsmantel und dem Hirtenstab sieht nur so katholisch aus. Bischof Wolfgang Herz-Lane ist Chef der Lutheraner in Baltimore. Wenn er irgendwo ankommt, egal wo, gründet er als Erstes mal eine Gemeinde
Was unterscheidet eigentlich Kirchen und ihre Gemeinden in den USA von jenen in Deutschland? Herz-Lane grinst kopfschüttelnd: „Schon diese Frage ist typisch deutsch: Kirchen und ihre Gemeinden? Hier heißt das: Gemeinden und ihre Kirche. Wir haben keine Kirchensteuer, die von oben nach unten verteilt wird.“ Alles, was Kirche sein kann, steht und fällt mit den Beziehungen der Menschen zu Gemeinden. Dort werden oder bleiben sie Mitglied. Und dort zahlen sie in Form von Spenden ihren Beitrag. Manche spenden wirklich ihren „Zehnten“, also zehn Prozent ihres Nettoeinkommens, andere nur ein paar Dollar. Und mit diesem Geld wird von unten nach oben die Kirche finanziert. Die Synode im jeweiligen Bundesstaat und schließlich die nationale Organisation ELCA. Das ist die Evangelisch-Lutherische Kirche Amerikas mit etwa vier Millionen Mitgliedern.

Gemeinden zu erhalten und weiterzuentwickeln ist das A und O kirchlicher Existenz in den Staaten, ob katholisch, methodis­tisch, lutherisch oder was auch immer. Deswegen ist das mission development die wichtigste Aufgabe der regionalen und nationalen Kirchenorganisation, die Hilfe bei der Weiterentwicklung, der Erfahrungsaustausch zwischen den Gemeinden.

Es überrascht nicht, dass Wolfgang Herz, der Ordner, Organi­sator und Netzwerker von Natur, nach einigen Jahren als professioneller Sozialarbeiter diese Aufgabe bei den Lutheranern in Camden übernimmt. In den fünf Teilgemeinden berät er beim Umbau von Gottesdiensten und Kirchengebäuden, beim Neubau von Tafeln für Bedürftige und bei Bildungsangeboten für Schulabbrecher und junge Arbeitslose. „Das alles ist Kirche.“

So gründet er 1999 zusammen mit der katholischen Gemeinde „Hopeworks“ – Werk der Hoffnung. Hopeworks bietet Jugendlichen IT-Training an. Sie lernen programmieren, Homepage-Design. „Das holt sie aus der hier überall drohenden Abwärts­spirale von Armut und Gewalt.“ Aus Hopeworks ist ein interessanter IT-Anbieter geworden mit inzwischen mehr als 250 Kunden. Zunächst kamen die Auf­träge aus Kirchen und Stiftungen. Heute lassen auch Unternehmen oder Clubs wie die Rotarier ihren Internetauftritt von den jungen Experten betreuen. Für Herz-Lane wesentlich: Fast 300 Hopeworks-Absolventen haben es doch noch aufs College geschafft, und ebenso viele haben nach dem Hopeworks-Training einen festen Job gefunden.

„Das wollte ich auch machen: trösten, einladen, herausfordern, predigen, an den Türen klingeln – Pfarrer sein.“

Bei dieser Arbeit in den Kirchen und diakonischen Aktivitäten lernt Wolfgang Herz in den 80er Jahren die ein paar Jahre ältere Margaret Lane aus Illinois kennen. Die tritt ihre erste Pfarrstelle in Camden an. Margaret und Wolfgang freunden sich in der Arbeit an. So gut sind sie miteinander, dass Margaret irgendwann sagt: „Wolfgang, ich brauche einen Mann. Hilf mir suchen. Drei Be­dingungen habe ich: Er muss wie ich schwarz sein, mindestens 30 Jahre alt und 1,75 Meter groß.“ Wolfgang ist weiß, 28 Jahre alt und knapp 1,70 Meter groß: „Da ich keine der Bedingungen erfüllte, haben wir geheiratet und die Familie Herz-Lane gegründet.“

Wolfgang Herz-Lane hat Erfolg. Die Synode von New Jersey beruft ihn zum Direktor für Gemeindeentwicklung, zuständig für den ganzen Bundesstaat. Der Meister der Ordnung rauscht in seinem Kleinwagen acht Jahre kreuz und quer durchs Land. Doch irgendwann, als alles läuft und funktioniert, entwickelt er ein neues Begehren. Die Arbeit seiner Frau als Pfarrerin, ihr direkter Kontakt zu den Leuten in der Gemeinde, fasziniert ihn. „Das wollte ich auch machen: trösten, einladen, herausfordern, predigen, an den Türen klingeln – Pfarrer sein.“ Also studiert er, nebenberuflich, Theologie in Philadelphia. Die Herz-Lanes haben zwei Söhne. Joseph, 26, der jüngere, ist seit seiner dramatischen Frühgeburt körperlich und geistig behindert und lebte stets bei seinen Eltern. Arbeit, Studium, Familie – „irgendwie haben wir es immer geschafft“.

An einem strahlenden Sommertag 2014 steuert der Bischof sein Auto raus aus Baltimore. Gut 170 Kilometer zurück nach Camden, an den Ort seiner nach eigenem Ermessen bedeutendsten Leistung. Ein Kirchlein am Flüsschen Newton Creek, in einem Viertel mit kleinen Häusern und Gärten. Bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts lebten hier kleinbürgerliche Familien europäischer Herkunft. Industriearbeiter, unter ihnen viele mit deutschen oder skandinavischen Vorfahren. So bauten sie sich ein lutherisches Gotteshaus, direkt an der Brücke über den Newton Creek. Als die bisherigen Bewohner verschwanden, gingen der Kirchengemeinde die Mitglieder aus.

In der Bridge of Peace Community Church traf Bischof Herz-Lane auf Gemeindemitglied Geraldine Dutton
„Da kann man, da muss man etwas tun“, feuerte sich im Jahr 2000 der Schwarzwälder Bote Gottes selbst an, da er gerade auf seine Ordination als Pfarrer zuging. „Hier in dieser total gemischten Gegend – ein Viertel Weiße, ein Viertel Afroamerikaner, ein Viertel Hispanics und das letzte Viertel ethnisch nicht einzu­ordnen – sollte meine Multikulti-Gemeinde entstehen. Ein Haus für alle. Und da es an der Brücke lag, hatte ich auch gleich den Namen parat: Bridge of Peace – Brücke des Friedens.“ Dass Frau Margaret afroamerikanischer Herkunft ist, „war für mich eine Trumpfkarte. Natürlich prangte auf jedem Prospekt unser Foto.“

Herz-Lane – und das Chaos verwandelt sich in Ordnung. „Ich zog von Tür zu Tür, klingelte, sprach mit den Leuten, lud sie ein und übergab ihnen unseren Prospekt. Wenn jemand sagte, er sei nicht religiös oder anderweitig gemeindegebunden, bat ich ihn, unseren Flyer weiterzureichen. Vielleicht hätte er ja Freunde, die Interesse hätten.“ Die Leute kamen, blieben, wurden Mitglieder. Gemeinsame Abendessen, eine Tafel für Arme, humorvolle Bibel­kunde für Ungebildete, Musik, Gottesdienste in Englisch, Spanisch und Portugiesisch. Gesprächskreise zu häuslicher Gewalt, Drogenabhängigkeit, Lebenshilfe für frisch Geschiedene. Es war Leben in der Bude. Und die wurde auch umgebaut, „so, dass wir dort als lebendige Gemeinde Platz hatten“. Herz-Lane riss Bänke raus, ließ den Altar hin und her schieben und selbst gemalte Jesus-Bilder aus der Gemeinde aufhängen.

Fünf Jahre ackerte Herz-Lane. Und als alles lief, alles seine Ordnung fand...„Margaret hat es ja schon gesagt, dann muss ich weiter.“ Gut, dass die Lutheraner der benachbarten Synode Dela­ware-Maryland anklopften. Ob er nicht wieder in den Manage­mentjob einsteigen wolle? Sie bräuchten dringend einen wie ihn. Also, auf nach Maryland! Drei Jahre alter Job in neuer Gegend. Pendeln zwischen Camden, wo Margaret Pfarrerin blieb, und Baltimore.

In Myersville predigte Herz-Lane temperamentvoll über Schafe
2009 kam der Heilige Geist über die Synode, wie es dort bei der Bischofswahl heißt. Jedes Synodenglied darf im ersten Wahlgang einen beliebigen Pfarrersnamen in die Urne werfen. Der Name Herz-Lane stand auf vielen Zetteln. So wählte man ihn am Ende mit großer Mehrheit zum Bischof. Nun reist er wieder viele Kilometer durch die Lande. Nicht mehr werktags und hinter den Kulissen, sondern sonntags und sichtbar in Gottesdiensten, predigend. Mal in konservativ-wohlhabenden Gemeinden rund um Washington, mal in kleinen, aber alten auf dem Land, mal in Multikulti-Kirchen vom Typ der Bridge of Peace.

"Ich komme ja noch häufig genug über den Atlantik. Aber Heimat ist hier.“

Bischof Herz-Lane genießt die Auftritte im für deutsche Protestanten gewöhnungsbedürftigen, geradezu römisch-katholisch wirkenden roten Bischofsmantel. Mit dem Hirtenstab – schwäbisch „mein Stecke“ – segnet er das Volk. Die liturgischen Gewänder für Pfarrer und Chor, die weißen Alben für Konfirmanden, findet der Bischof richtig. „Als Lutheraner betrachten wir alle Getauften als Priester. Pfarrer und Bischöfe gehören dazu. In ­ihrem speziellen Dienst sollten sie aber erkennbar sein, gerade für Neuhinzukommende. Wie Spieler und Schiedsrichter auf dem Sportplatz tragen wir einen Dress.“

Die Leute genießen seine fast kabarettistischen Predigten, bei denen er auch mal unterbricht und in den Kirchenraum fragt: „Und was meinen Sie? Los! Ich mag Widerspruch!“ Und ein ­älterer Herr raunt seiner Nachbarin zu: „Er hat einen so wunderbaren german accent.“
Kein Heimweh nach dem Schwarzwald? „Nee, ich komme ja noch häufig genug über den Atlantik. Aber Heimat ist hier.“ Alles in Ordnung? Kann es wirklich so bleiben? „Ja, in diesem Fall schon.“ Und Margaret nickt.

Okay! Noch ein Bier. „Übrigens“, erzählt der Bischof nach dem ersten Schluck beiläufig, „ich habe mich jetzt wieder an der Uni eingetragen. Ich möchte zum Doktor der Theologie promovieren.“ Neben dem Amt? „Klar, stehe ich eben früher auf oder hänge abends nicht rum.“ Es darf halt nur nie langweilig werden.

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