Warum ist das gemeinsame Abendmahl so wichtig?
Lange dauert es, bis Protestanten unterschiedlicher Bekenntnisse miteinander Brot und Wein teilten. Doch die Katholiken halten Distanz.
07.10.2010

Der zweite Ökumenische Kirchentag findet erst 2010 in München statt, doch eins weiß man schon heute: Es soll auch dort kein gemeinsames Abendmahl zwischen Protestanten und Katholiken geben. Das legten Vertreter beider Konfessionen am Ende des Kölner Kirchentages fest. Die bisherigen "illegalen" gemeinsamen Mahlfeiern hätten der ökumenischen Sache mehr geschadet als genützt. Zwar sei das gemeinsame Abendmahl zwischen Protestanten und Katholiken ein "wichtiges und hohes Ziel", aber man solle nicht zu ungeduldig sein.

Die evangelischen Kirchen laden ausdrücklich alle Christen zum Abendmahl ein

Als beim ersten Ökumenischen Kirchentag zu Berlin im Jahre 2003 eine große Gemeinde demonstrativ ein ökumenisches Abendmahl feierte, hatte das für die beiden katholischen Geistlichen, die daran mitwirkten, dienstrechtliche Konsequenzen. Viele engagierte Christen verstehen längst nicht mehr, warum das so sein muss. Ihnen ist das gemeinsame Abendmahl wichtig, weil es ein deutliches Zeichen dafür ist, dass Christen jenseits aller konfessionellen Unterschiede im Wesentlichen verbunden sind. Bis heute aber untersagt die katholische Kirche ihren Mitgliedern die Teilnahme an evangelischen Abendmahlsfeiern - ebenso wie sie Mitgliedern anderer Konfessionen die Teilnahme an der katholischen Eucharistiefeier verbietet. Dagegen laden die evangelischen Kirchen ausdrücklich Christen aller Konfessionen zum gemeinsamen Abendmahl ein.

Diese evangelische Offenheit ist das Ergebnis eines langen historischen Prozesses. Lange war die Frage des Abendmahls gerade zwischen den protestantischen Konfessionen sehr umstritten. Während die lutherische Lehre hervorhob, dass Christus in den Elementen Brot und Wein real zugegen ist, betonten die Reformierten in der Tradition Zwinglis und Calvins, das Geschehen sei ein reines Gedächtnismahl.

Erst vor 50 Jahren, im November 1957, unterzeichneten evangelische Theologen nach zehnjährigen Beratungen die "Arnoldshainer Abendmahlsthesen", deren Kernsätze nach weiteren umfangreichen Beratungen in die "Leuenberger Konkordie" von 1973 eingingen. In diesem Vertrag hielten unterschiedliche protestantische Kirchen fest, dass die gegenseitigen Lehrverurteilungen aus der Vergangenheit hinfällig sind und keine kirchentrennende Wirkung mehr haben. Seit Leuenberg laden sich die protestantischen Kirchen gegenseitig zum Abendmahl ein, denn sie sind davon überzeugt, dass nicht die einheitliche Auffassung des Mahls entscheidend ist, sondern der Glaube, dass Jesus Christus selbst der Einladende ist, der alle bestehenden Differenzen im Verständnis des Mahles aufhebt und ihnen die Wichtigkeit nimmt. Eine befreiende Erkenntnis, die einen Jahrhunderte dauernden Lehrstreit beendete. Außerdem erkannten die evangelischen Kirchen in der Leuenberger Konkordie gegenseitig die Ämter ihrer Kirche an.

Das Haupthindernis liegt beim Vatikan

In der Ämterfrage liegt bis heute der Hauptgrund, dass sich die katholische Kirche der ökumenischen Abendmahlsgemeinschaft verweigert. Sie erkennt evangelische Amtsträger nicht an. Deshalb ist ihrer Auffassung nach das von diesen zelebrierte Abendmahl auch nicht gültig. Das Haupthindernis auf dem Weg zum gemeinsamen Abendmahl liegt also weniger in unterschiedlichen theologischen Auffassungen über das Abendmahl an sich, sondern im Führungsanspruch des Vatikans, der sich aus seinem Verständnis als allein vollgültige Kirche Jesu Christi ergibt.

So wird es möglicherweise auch 2010 beim Ökumenischen Kirchentag in München wieder ein gemeinsames, im katholischen Sinn unerlaubtes Abendmahl geben, denn die Ungeduld an der kirchlichen Basis wächst. Sie empfindet die Unterschiede in den Konfessionen meist als Bereicherung, will diese aber nicht mit dem Verzicht auf das gemeinsame Abendmahl bezahlen. Leider ist im Moment aufseiten des Vatikans wenig Bewegung in dieser Frage zu erkennen.

Vielleicht wird sich irgendwann auch in Rom die Einsicht durchsetzen, die 1973 auf dem Leuenberg den Durchbruch brachte: Christus selbst lädt zum Mahl ein, er lädt ohne Einschränkung alle ein, die sich zu ihm bekennen. Bis dieser zentrale Glaubensgedanke die Spitze der römisch-katholischen Kirche erreicht, werden sich Gläubige in nicht geringer Zahl wohl über das Verbot des gemeinsamen Abendmahls hinwegsetzen.

 

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