Frankfurt a.M.: (epd). Insgesamt könne das Land aber zufrieden sein mit der Aufarbeitung seiner NS-Geschichte. Dafür ernte Deutschland international große Anerkennung.
Am Sonntag wird die 71-jährige Literatur- und Kulturwissenschaftlerin zusammen mit ihrem Mann, dem Ägyptologen Jan Assmann (80), für ihr Werk zur "Kultur des Erinnerns" in der Frankfurter Paulskirche ausgezeichnet. Laudator ist der deutsch-amerikanische Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht. Der Friedenspreis ist mit 50.000 Euro dotiert.
Nach den Worten Aleida Assmanns ist ein ehrlicher und offener Umgang mit der Vergangenheit grundlegende Bedingung für ein friedliches Miteinander. Dazu gehöre auch eine neue Sprache. "Wir dürfen im Hinblick auf die NS-Zeit nicht mehr von persönlicher Schuld, sondern müssen von Verantwortung sprechen und historische Wahrheiten anerkennen." Dazu gehöre, dass Deutschland schon lange keine ethno-nationale Einheit mehr sei, sondern ein Zuwanderungsland. Wichtig sei daher, "sich darauf zu konzentrieren, was wir mit Flüchtlingen gemeinsam haben". Mit den neu Zugezogenen werde das nationale Gedächtnis immer vielfältiger. Deswegen brauche es auch dringend ein nationales Migrationsmuseum.
Abgrenzung und Gewalt
Große Sorgen müsse man sich auch weiterhin angesichts von religiösem Fundamentalismus machen, sagte Jan Assmann. Er sei durch den Ein-Gott-Glauben in die Welt gekommen. Durch seine "Idee der Offenbarung einer ausschließlichen Wahrheit" bezichtige er alle anderen Religionen des Irrtums und rufe dadurch Abgrenzung und Gewalt hervor.
Die in Bethel bei Bielefeld geborene Aleida Assmann wurde 1993 Professorin für Anglistik und allgemeine Literaturwissenschaft an der Universität Konstanz und nahm weltweit zahlreiche Gastprofessuren wahr. Sie veröffentlichte unter anderem die Bücher "Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik" (2006) und jüngst angesichts der aktuellen Flüchtlingsdebatte "Menschenrechte und Menschenpflichten" (2017).
Preis wird seit 1950 vergeben
Der in Langelsheim (Harz) geborene Jan Assmann war von 1976 bis 2003 Professor für Ägyptologie an der Universität Heidelberg und hatte zahlreiche Gastprofessuren inne. Über die Analyse des ägyptischen Totenkults setzte er sich mit der Frage auseinander, welches Selbstverständnis eine Kultur späteren Generationen von sich vermitteln will. Er verfasste Bücher zur Entstehung des Monotheismus und leistete einen Beitrag zur aktuellen Diskussion über das Gewaltpotenzial monotheistisch geprägter Gesellschaften, etwa in "Totale Religion. Ursprünge und Formen puritanischer Verschärfung" (2016).
Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wird seit 1950 vergeben. Zu den Trägern des Preises gehören der DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer, der Schriftsteller Martin Walser, der Historiker Fritz Stern, der Philosoph Jürgen Habermas und die amerikanische Essayistin Susan Sontag. Im vergangenen Jahr erhielt die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood den Preis.