Das von einer Berliner Hochschule verbannte Gedicht "avenidas" kann im Bezirk Marzahn-Hellersdorf bleiben.
05.04.2018

Die dort ansässige Wohnungsgenossenschaft "Grüne Mitte" will das Werk des bolivianisch-schweizerischen Künstlers Eugen Gomringer übernehmen und an einem ihrer Wohnblocks anbringen, wie Vorstand Andrej Eckhardt am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin sagte. Das Gedicht von 1953 hatte seit 2011 eine Außenmauer der Alice Salomon Hochschule geziert. Der Senat der Hochschule hatte Ende Januar eine bundesweite Debatte über Kunstfreiheit losgetreten, als er beschloss, das Gedicht wegen Sexismusvorwürfen übermalen zu lassen.

Vertrag unterschrieben

Über die Initiative der Wohnungsgenossenschaft zum Erhalt des Gomringer-Gedichts hatte zuerst der Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstag) berichtet. Vorstand Eckhardt sagte auf epd-Anfrage, die Genossenschaft sei auf Initiative eines Mitglieds auf Gomringer zugegangen, inzwischen sei auch ein entsprechender Vertrag mit ihm unterschrieben. Mit der technischen Umsetzung rechne er im Laufe des Jahres.

Eckhardt sagte, über Kunst lasse sich diskutieren. Jedoch müsse die Gesellschaft solche Diskussionen aushalten, Kunst dürfe nicht einfach vernichtet werden. Mit ähnlichen Diskussionen wie an der Hochschule rechne der Vorstand unter den Mietern der 2.700 Wohnungen seiner Genossenschaft nicht.

"Partriarchale Kunsttradition"

Nach Überzeugung des Allgemeinen Studierendenausschusses der Alice Salomon Hochschule reproduziert Gomringers Gedicht eine "klassische patriarchale Kunsttradition, in der Frauen ausschließlich die schönen Musen sind, die männliche Künstler zu kreativen Taten inspirieren". Zudem erinnerten die Verse "unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen alltäglich ausgesetzt sind". Die Entscheidung über die Entfernung des Gedichts hatte bundesweit teils scharfe Kritik ausgelöst. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sprach von einem "erschreckenden Akt der Kulturbarbarei".

Die spanische Originalfassung des Gedichts lautet übersetzt: "Alleen / Alleen und Blumen / Blumen / Blumen und Frauen / Alleen / Alleen und Frauen / Alleen und Blumen und Frauen und / ein Bewunderer".

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