DJ Maya, aliasAntje-Maya Hirsch, legt am Altar der Johanniskirche in Frankfurt-Bornheim Vinyl-Platten auf den Schallplattenteller
DJ Maya, aliasAntje-Maya Hirsch, legt am Altar der Johanniskirche in Frankfurt-Bornheim Vinyl-Platten auf den Schallplattenteller
Friedrich Horn
Sanfte Beats
"God is a DJ" hieß ein Hit der Formation "Faithless" im Jahr 1998. Eine Kirchengemeinde in Frankfurt am Main macht Ernst damit und baut die Plattenspieler auf dem Altar auf
Tim Wegner
30.11.2023

Johanniskirche, Frankfurt am Main, Donnerstag, 19.30 Uhr: Ja, das sind Plattenspieler dort auf dem Altar. Noch ein wenig misstrauisch blicken die von unten angestrahlten Barockengel unter der Decke auf die Szenerie unter ihnen: Lautsprecherboxen und ein Ledersofa, in das Licht von orangefarbenen Scheinwerfern getaucht. Stühle, Hocker, Stehtische locker im Kirchenraum verteilt. Neben der Tür (die den ganzen Abend offen steht) die Bar, an der die Gäste Glüh-Gin, Bier und Bionade kaufen.

Doch eigentlich haben sich die Engel schon an diese Veranstaltung namens "Vinylgottesdienst" gewöhnt in den vergangenen beiden Jahren. Und die Menschen auch: Es hat sich herum­gesprochen. Die Kirche ist gefüllt. Gefüllt mit Sound, der von den Kalkwänden widerhallt, tiefe elektronische Beats.

Gemeindemitglieder sind da, aus allen Altersgruppen, und auch Leute aus anderen Stadtteilen oder von noch weiter her. Vor allem auch: kirchenferne.
Darüber freut sich Pfarrer Lars Heinemann besonders. So be­ginnt er als Liturg des Abends auch nicht mit dem klassischen Votum für Gottesdienstprofis ("Im Namen des Vaters . . ."), sondern ruft "In the name of love" ins ­Mikrofon. Dann sagt er, warum er glaubt, dass Religion und Musik so gut zusammenpassen: Sie trans­zendieren beide das einfache Hier und Jetzt, sie berühren.

Jeder Vinylgottesdienst steht unter einem Thema, das aus den biblischen Seligpreisungen entlehnt ist. Diesmal ist es die ­Sanftmut. Das Thema hat sich Antje-­Maya Hirsch alias DJ Maya ausgesucht. Sie ist heute Abend zu Gast, hat Musik mitgebracht und redet darüber mit dem Gastgeber. Das ist nicht der Pfarrer, sondern Matthias Westerweller alias DJ Weller. Zwei Laien be­streiten also den inhaltlichen Teil, Pfarrer Heinemann gibt am Anfang einen Impuls. Er spricht vom "Mut", der in "Sanftmut" steckt, und von der Kraft, die damit einhergeht. Maya spricht davon, dass man Sanftmut einüben muss. Dass dazu gehört, Aggressionen derjenigen auszuhalten, die nicht sanftmütig sein wollen.

Vor allem aber spricht die ­Musik, die Maya auflegt: Ambient Music, von Pharoah Sanders über The Orb bis hin zu Sepia. Es ist das Thema der Zeit: Sanftmut – bei all der Gewalt, in der Ukraine, im Nahen Osten. Lars Heinemann betet für die Opfer der Gewalt. Am Ende segnet er die Anwesenden: "Wie sich die Plattenteller weiterdrehen, so dreht sich auch das Leben weiter . . . mögt ihr immer ein Lied im Ohr haben . . . Amen to that!"

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.