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Biergarten an der Isar, Samstag, 11 Uhr: kein Bierkrug, nirgends. Aber der Biergarten ist proppenvoll, schon um kurz vor elf. Babys, kleine Kinder, Eltern, alte Menschen, Hunde. Vieles ist seltsam an diesem Samstag an der Isar, mitten in München, hinterm Müllerschen Volksbad. Auf den Tischen stehen Familiennamen. Ein Posaunenchor spielt. Zwei Pfarrerinnen und vier Pfarrer sitzen vergnügt im Talar neben einem Altartisch, auf dem 16 schöne Kerzen stehen.
Ein Tauffest solle es werden, begrüßt eine Pfarrerin die Anwesenden. 16 Menschen sollen getauft werden, vom Baby bis zum Erwachsenen. Dazu haben mehrere Innenstadtgemeinden den Biergarten reserviert. "Lasst uns beten und dabei sitzen bleiben", sagt ein Pfarrer. Ein Gospelchor singt "May your struggles keep you near the cross". Das klingt wie der Wunsch für die Täuflinge, dass ihnen der Blick aufs Kreuz durch Lebenskrisen helfen möge.
Ein Pfarrer tritt vor die Biergartengemeinde. Seine Freude steht ihm ins Gesicht geschrieben. Die Taufe sei ein Zeichen dafür, dass Gottes Liebe als Segen "vom Himmel fließt", sagt er, Kinder seien ein besonderes Zeichen dafür.
Bedingungslose Elternliebe lasse erahnen, wie auch Gott die Menschen liebe. Und dann erst Jesus! Der habe "das Leben vorgeliebt", "hat berührt, ohne eine Freundin zu haben, hat beschützt, ohne eine Rüstung zu tragen, hat für andere den Kopf hingehalten und war doch nicht totzukriegen". Nicht jede Liebe sei romantisch, "aber jede Liebe ist heilig". Sie helfe, in unserer Welt, in der wir "zwischen stillenden Müttern und Kriegsruinen" leben, immer wieder Mut zu schöpfen. Dazu brauche es "den Blick in den Himmel, ein spirituelles Schokocroissant, ein mentales Tiramisu".
"Lobe den Herren", stimmt der Posaunenchor an. Dann geht's ein paar Schritte runter zum kieseligen Isarstrand. Barfuß oder in Badelatschen tapsen die Pastorinnen und Pastoren ins flache Isarwasser, die Täuflinge mit ihren Angehörigen sammeln sich um sie. Taufende Hände, Gelächter, Gebete, im Hintergrund die Türme der Lukaskirche, durchs Gebüsch sind die Posaunen noch zu hören.
Nach einer halben Stunde geht's zurück in den Biergarten. Die Täuflinge mit ihren Familien entzünden die Taufkerzen. "Der Himmel geht über allen auf", singt die Gemeinde. Während eine Pastorin Fürbitten hält und den Segen spricht, holen die ersten Gäste sich Bierkrüge, Sektkübel und Brezen. "Oh Happy Day", singt der Gospelchor.