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Marktkirche, Neuwied, Sonntag Invokavit, 10 Uhr: Warmtoniger Naturstein in neugotischer Form, etwas Grün drum herum und sonntags kurz vor zehn lädt ein sonores Geläut zum Kirchgang. 2017 wurde der Bau zur "Kirche des Jahres" gewählt.
Am ersten Sonntag der Passionszeit, Invokavit, versammeln sich gut sechzig Gemeindeglieder zum Gottesdienst: Outdoorjacken und Lodenmäntel, Jeans und Anzüge, Konfirmanden, Familien, ältere Herrschaften. Bunt und munter, wie man sich Volkskirche vorstellt. Die Kirche ist gut gefüllt, die Gemeinde verteilt sich gleichmäßig auf alle Bänke. Keiner drängelt nach vorn.
Zu Beginn ein Orgelvorspiel "Alla Marcia in C" von Thomas Adams. Schön, dass der Titel angekündigt wird, so weiß jeder, was kommt. Dann der Chor, Kantor Thomas Schmidt spielt in der oberen Liga. Auf diesem Niveau geht es weiter bei der Lesung über die Versuchung Jesu in der Wüste: Die Lektorin performt in verschiedenen Sprecherrollen auf Hörbuchniveau.
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Da möchte man "Halleluja" singen, doch es ist ja Passionszeit, also bleibt die Gemeinde stumm. Aber da nun die Kantorei extra gekommen ist, darf sie an dieser Stelle einspringen, und ein freudiges "Ich lobe meinen Gott" erfüllt die Kirche; liturgisch inkonsequent, trotzdem schön.
Schade, die Predigt dringt nicht durch
Pfarrer Werner Zupp trägt über seinem Talar eine bestickte violette Stola in XXL. Die Predigt ist, so erfährt man, die dritte in einer Reihe über Gottes Wort und seine Kraft. Heutiger Predigttext: "Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert." (Hebr. 4,12f.) Starke Worte, doch heute dringen sie nicht durch. Stattdessen folgt ein Stakkato vereinnahmender Wir-Fragen. Und Expertenwissen von der Kanzel: "Wer sich ein bisschen mit der Geschichte von König Hiskia auskennt, der weiß ja ..." Weiter geht es mit viel Vergangenem, Moses oder Roland von Bremen. Schade, dabei steht die Passionszeit für Neuanfang.
Dann ist die Predigt vorbei. Es darf gesungen werden: "Gott gab uns Atem, damit wir leben". Durchatmen, das Leben kehrt zurück.
Im Gebet ist der Pfarrer dann wie ausgewechselt und dringt endlich durch: klare Sprache, berührendes Timbre, ruhiges Tempo. Zuletzt noch mal die Orgel "Sortie in Es-Dur" von Louis Lefébure-Wély: Schwungvoll geht es hinaus, die Sonne scheint, am Kirchenzaun blüht leuchtend gelb eine Forsythie. So kann ein Sonntag anfangen.
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