Rettet die Dankbarkeit! Aber bitte nicht dankBAR
Wunderbar, sichtbar, hörbar - das waren mal schöne Wörter. Aber jetzt sind es Cafés, Brillenläden und Musikschuppen. Es ist nicht mehr witzig
Tim Wegner
21.02.2018

Ich mag meistens, wenn Menschen krea­tiv mit Sprache umgehen. Drum finde ich lustig, dass mein Radladen „unplattbare“ Reifen verkauft. Grammatikalisch falsch, denn die Nachsilbe „-bar“ darf man streng genommen nur von Verben ableiten. „Brennbar“ zum Beispiel. Unplattbar, un­kaputtbar – Regelverstöße, die witzig auffallen.

Das darf Werbung.

Aber sie darf nicht immer den ­gleichen Witz machen, schnarch. So wie mit sichtbar – gerne auch sichtBAR –, denn das sind neuerdings: sehr viele Brillengeschäfte, Foto­grafen, Gebärden­dolmetscher, der Kirchenclown Leo und die Gastronomie im Feuer­Werk (das gehört gleich doppelt erledigt wegen der ­Inflation der „Werke“). Auch alle Wunder­BARs, UnsichtBARs und ­SonderBARs müssen schon sehr gute Cocktails ausschenken, damit man das noch witzig findet. Ich verstehe jetzt besser, wenn die Germanis­ten schreiben: „Die bar-Adjektive gehören zu den produktivsten Gebieten der deutschen Wortbildung.“ Schon 1964 wurden über 2000 solche Wörter ­gezählt. Sehr produktiv, in der Tat. Reicht. Produziert bitte mal was anderes.

Die alten, wunderbaren Wörter bewahren

Denn es ist ja so: Die schönen alten Wörter wie wunderbar oder dankbar – die wollen wir bewahren. Die sollen nicht durch Überproduktion ihren Charme verlieren. Wir bei chrismon sind zum Beispiel Margot Käßmann 
dankbar. Sie ist seit zwölf Jahren unsere ­Herausgeberin. Ihren Feuereifer werden wir vermissen, wenn sie jetzt in den Ruhestand geht. „Feuereifer“, eine Wortschöpfung des sehr produktiven Martin Luther, dessen Erbe Margot Käßmann in den letzten Jahren klug und redegewandt in die ganze Welt getragen hat, als Botschafterin für das Reformationsjubiläum.

Wir verabschieden uns mit einer „Be­gegnung“ zwischen Mutter Käßmann und Tochter Sarah Rahe. Die zwei sind, man sieht es schon den Fotos an, „ein Herz und eine Seele“. Auch so ein Lutherwort. Und die Mutter, seinerzeit die erste Bischöfin mit kleinen Kindern, ist der Tochter bis heute ein Vorbild. Uns allen hier in der Redaktion. ­Danke, Margot!

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