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Was sollte das Paradies anderes gewesen sein als "eine fröhliche Schule, in der die Älteren und Besseren ihre Mitmenschen über religiöse und naturwissenschaftliche Fragen, die Unsterblichkeit der menschlichen Seele, die Himmelsbewegungen und alle Obliegenheiten des menschlichen Lebens belehrt hätten? . . . Das Abbild dieses überaus glücklichen Zustandes ist das schulische Leben." Wer eine solche Lobrede auf die Schule halten kann wie der Reformator Philipp Melanchthon, muss überaus gern zur Schule gegangen sein.
Annette Kurschus
Heute mögen sich uns die Haare sträuben, wenn das Geschehen in der Schule so einseitig als Belehren gepriesen wird und die Rollen derer, die belehren, und derer, die lernen, anscheinend so klar festgelegt sind. Als "glücklichen Zustand" des schulischen Lebens würden wir wohl eher eine Situation beschreiben, in der Bildung weitaus umfassender verstanden und gestaltet wird: als ein Miteinander, in dem das Lernen keine Einbahnstraße ist, sondern – im Gegenteil – ein tägliches Anliegen auch und gerade der Lehrenden bleibt. Dieses Verständnis von Bildung und Schule ist heutzutage Common Sense.
Solch einen "glücklichen Zustand" habe ich selbst als Schülerin eines evangelischen Gymnasiums erlebt. Schon damals wurde ich oft gefragt, was denn das Besondere einer evangelischen Schule sei. Schließlich könne man nicht evangelisch lesen oder rechnen oder englisch sprechen. Auch heute wird gern und durchaus kritisch über den Wert evangelischer Schulen für die Gesellschaft diskutiert, manchmal sogar über die Daseinsberechtigung kirchlich getragener Schule in einem religiös neutralen Staat.
Mehr Freiraum für Neues
Evangelische Schulen nutzen den Freiraum, den sie als Schulen in freier Trägerschaft haben, um neue Wege in Unterricht und Schulorganisation zu erproben. Über den Religionsunterricht hinaus nehmen sie zum Beispiel religiöse Bildung ernst und wichtig. Sie unterstützen Kinder und Jugendliche besonders dabei, ihre eigene Identität zu finden. Stärken sie darin, mit religiös und kulturell unterschiedlich geprägten Menschen in Dialog zu treten, Toleranz einzuüben und sie im besten Fall fürs Leben zu lernen. Evangelische Schulen machen den Schülerinnen und Schülern Mut, sich gesellschaftlich zu engagieren, und bieten geschützte Räume, dieses Engagement auszuprobieren. Sie wollen modellhaft gute Schule sein und auf das öffentliche Schulwesen ausstrahlen, es ergänzen und bereichern.
Schülerinnen und Schüler evangelischer Schulen erzählen manchmal davon, wie sehr sie sich von ihren Lehrerinnen und Lehrern als Person wahrgenommen und geschätzt fühlen, auch und gerade dann, wenn sie einmal gar nicht "funktionieren".
Den ganzen Menschen im Blick
Zweifellos ließe sich vieles so ähnlich auch von staatlichen Schulen sagen. Der Unterschied zu einer evangelischen Schule besteht darin, dass die christliche Handlungsmotivation dort nicht nur mitgedacht, sondern ausdrücklich formuliert wird. Gefragt, was denn das Besondere einer evangelischen Schule sei, sagte Annegrethe Stoltenberg, ehemalige Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Schulstiftung in der EKD, mit den Worten einer Schulleiterin: "Dass bei uns von Gott die Rede ist."
Unsere westfälische Landeskirche ist selbst Trägerin mehrerer evangelischer Schulen. Sie sind ganz gewiss kein Abbild paradiesischen Lebens. Ich erlebe sie als Orte, an denen junge Menschen mit ihrer gesamten Persönlichkeit wahrgenommen werden. An denen sie Mut und die Fähigkeit entwickeln können, Verantwortung in unserer Gesellschaft zu übernehmen. Ein Segen, dass wir diese Schulen haben.
Nicht die Gesunden brauchen den Arzt...
Als Lehrerin einer staatlichen Schule ärgere ich mich maßlos über diesen Artikel. Die Autorin schreibt davon mit kulturell und religiös unterschiedlich geprägten Menschen in Dialog zu treten. Angesichts der Tatsache, dass nur christliche Schüler eine evangelischen Schule besuchen können, ist das wohl vor allem Wunschdenken und findet immer in einem engem Rahmen statt- anders als in meiner Schule, wo sich tatsächlich Schüler aller Religionen und Nationalitäten jeden Tag begegnen und miteinander auseinandersetzen müssen. Insofern sind die Verhältnisse an einer evangelischen Schule wohl doch eher paradiesisch und vielleicht auch etwas weltfremd. Vor allem aber ärgere ich mich darüber, dass evangelische Schulen Privatschulen sind und daher letztlich auch als Eliteschulen gehandelt werden, schließlich gehen sie mit Bewerbungs- und Auswahlverfahren auch ähnlich vor, von dem Schulgeld gar nicht zu sprechen. Viele Eltern schicken ihre Kinder dorthin, damit diese nicht mit dem gemeinen Volk die Schulbank drücken müssen, der christliche Hintergrund ist da eher schickes Accesoire denn echte Überzeugung . Ich frage ich mich tatsächlich, wo da die christliche Botschaft ist. Jesus wäre sicher nicht auf eine solche besondere Schule gegangen.
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...denn sie wissen nicht, was sie schreiben.
Liebe Frau Grassme,
vielleicht kommt die Antwort ein wenig spät, aber jemand muss Ihnen dennoch einmal gründlich widersprechen.
Die Schulen in Trägerschaft der EKvW erheben kein Schulgeld.
Auch stimmt es nicht, dass nur evangelische Schülerinnen und Schüler Zugang zu diesen Schulen haben. Ich empfehle Ihnen exemplarisch die Auseinandersetzung mit der Ev. Gesamtschule in Gelsenkirchen. Hier werden Sie ganz besonders deutlich feststellen, wie offen und kulturell und religiös divers Evangelische Schulen sein können. Und von Elitenbildung kann hier auch keine Rede sein.
Es ist doch schade, wenn Desinformation (oder gar keine) zu Ärger und Missverständnissen führt.
P.S. Ohne den Anspruch zu erheben, dass ich es wüsste, aber auf welche Schule wäre denn Jesus Ihrer Meinung nach gegangen?
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