Ärmel hoch – der Neubau wächst
Die Generation 2017 wird die Kirche in der kommenden Zeit entscheidend prägen. Ihre Devise: Mitmachen und selber gestalten
Thomas Meyer/Ostkreuz
26.07.2017

Kirchen gibt es genug in Deutschland. Wirklich? Junge Christen in der bayerischen Oberpfalz sehen das anders. Die Evangelische Jugend im Dekanat Sulzbach-Rosenberg baut derzeit ihre eigene neue Kapelle. Sie tut es mit viel Spaß und Verrücktheit, so heißt es auf ihrer Homepage. Die jungen Leute schmieden Pläne, krempeln ihre Ärmel hoch, sammeln mit Erfolg Spenden ein. Sie wollen mit ihrer neuen Kapelle die Freude am christlichen Glauben weitergeben, sagen sie, und einen ganz neuen Ort mit andächtiger Atmosphäre schaffen. Sie reden tatsächlich von Verrücktheit, und auch von Freude und Gemeinschaft, Glaube und Andacht. Ein hohes Zeltdach wächst da gen Himmel; das Innere hat einen quadratischen Grundriss, ideal, um im Kreis zu sitzen; zur Hangseite hin entsteht unter dem Gebäude ein überdachter Platz im Freien (Stichwort: Grillen).

Was die Jugendlichen tun, nennen sie selbst verrückt. Aber es inspiriert, macht Mut

Ich finde, dieses Beispiel inspiriert und macht Mut. In einer Zeit, in der manche fatalistisch auf Traditionsabbruch, gesellschaftliche Sprachlosigkeit und Spaltung reagieren, bleiben diese Jugendlichen nicht beim Analysieren stehen. Sie packen an. Sie sind begeistert. Niemand von ihnen verlässt sich nur auf den anderen. Hier entsteht aus geistlicher Kraft und tiefer Glaubensüberzeugung eine neue sichtbare Kirche. Ein Ort, der auch helfen soll, den eigenen Glauben „wieder ein Stück weiter nach außen zu tragen“.

Martin Luther, dem Reformator, hätte das gefallen. Denn so tritt das zutage, was die christliche Kirche im Innersten trägt: Begeisterung für den Glauben. Viel an reformatorischer Dynamik ist zu Luthers Zeiten entstanden, weil damals mutig unterschieden wurde - zwischen dem, wie wir die sichtbare Kirche (übrigens inklusive aller menschlichen Stärken und Schwächen) erfahren, und den eigentlichen Kraftquellen, aus denen heraus unsere Kirche ihr Leben empfängt.

Und 500 Jahre später? Ich wünsche mir eine Kirche, die genau deswegen begeistert feiern und mit fröhlicher Gewissheit ihren Glauben ausdrücken kann, weil sie von ihrem Inhalt erfüllt ist und sich von diesem Inhalt inspirieren lässt. Wenn die geistliche Kraft der Kirche austrocknete, dann bliebe in ihren öffentlichen Diskursbeiträgen nur Politik- und Kulturkommentare übrig. Dann wäre die Kirche – wie Kritiker warnend sagen – tatsächlich bloß eine „Moralagentur“.

Damit sie das nicht wird, ist es so wichtig, Frömmigkeit und geistliche Ausstrahlung in der Kirche zu stärken. Sie hat dann den Mut, neue Wege einzuschlagen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, neue Möglichkeiten zu finden, junge Christen einzubeziehen. Wenn wir sich Menschen auch projektbezogen und für begrenzte Zeit engagieren können. Wenn wir uns trauen, bislang Kirchenferne für unseren Glauben zu gewinnen. Eine solche Kirche ist im Gespräch und kann zuhören. In aller Freiheit, mit Demut und Selbstkritik, aber vor allem im festen Vertrauen auf dieses Wort ihres Herren: „Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“

Die Jugendlichen in Sulzbach-Rosenberg sind für mich Teil der Generation 2017, die unsere Kirche in den kommenden Jahrzehnten prägen wird. So wie die vielen Tausend jungen Christinnen und Christen, die in diesen Wochen in einem großen Zeltdorf bei Wittenberg zusammenkommen. Ich war vor kurzem bei ihnen. Ich habe gesehen, welche Vorstellungen von einer Kirche sie haben, in der sie sich zu Hause fühlen. Das Wichtigste: sich beteiligen, selbst gestalten! Das ist doch eine gute Aussicht: Die Generation 2017 baut mit an der mutigen Kirche der Zukunft. Die Reformation geht weiter.

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Das Unterfangen der Jugendlichen in Sulzbach-Rosenberg ist – so wie von Herrn Bedford-Strohm geschildert–, sicherlich eine gute Sache, an der wahrscheinlich Jungen und Mädchen mitwirken.

Seltsam ist allerdings, dass Herr Bedford-Strohm immer noch von „ihrem Herrn“ spricht, wenn er von Gott redet. Dies mag ja in einem übertragenen Sinn zu verstehen sein; aber auch dann wird hier den jungen Menschen ein Gottesbild vermittelt, das nun wirklich nicht mehr in unsere heutige Zeit passt