Die Szene war dramatisch, als die Gebote dem israelitischen Volk gegeben wurden! Die Israeliten waren herausgeführt worden aus dem Land der Knechtschaft. Ihre Neugeborenen wurden nicht mehr getötet. Die Fronarbeit im fremden Land war beendet. Noch sind sie nicht im Land der Freiheit, aber sie sind auf dem Weg zu ihm. Am Berge Sinai schlägt Gott dem Volk einen Bund vor. Das Volk selbst soll das Heiligtum Gottes sein, sein Königreich vor allen Völkern. Er will ihr starker Gott sein. Das Alte Testament kennt viele Gebote, es kennt Reinheitsgesetze, Ehegesetze, liturgische Gebote. Aber die anderen Gesetze waren nicht in der Weise der Zehn Gebote Rechts- und Lebensgrundlage des Volkes. Keine anderen Gebote wurden so feierlich aufgeschrieben, verkündet, aufbewahrt wie die Freiheitssätze vom Sinai. Mose wird auf die Höhe des Berges gerufen. Er soll die Tafeln des Zeugnisses empfangen, auf die Gottes Finger die Satzungen geschrieben hat, durch die die befreiten Sklaven mit Gott und untereinander verbunden werden. Es werden keine allgemeinen und blassen Sittenregeln gegeben, sondern es wird das Recht aufgerichtet, unter dem das Volk im neuen Land zusammenleben soll. Vor allen Geboten steht die Erinnerung an die Erfahrung der Befreiung, die das Volk mit seinem Gott gemacht hat: "Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus." Das ist der Leitsatz der darauf folgenden Gebote: Dieser Gott lehrt das Volk Sätze, mit denen es seine Freiheit schützen und seine Würde bewahren kann. Jede spätere Auslegung hat sich fragen zu lassen, ob sie die Freiheit und die Würde der Menschen vermehrt oder verletzt.
18. Sonntag nach Trinitatis
Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe
2. Mose 20,2