Gröninger Hof - © ELBE&FLUT / Thomas Hampel
Thomas Hampel
Ein Parkhaus wird zur Wohngenossenschaft
Zusammen ist ansteckend
Die Genossenschaft Gröninger Hof eG ist das Wohnprojekt, für das ich mich seit Jahren ehrenamtlich engagiere. Wir wollen in Hamburg ein Parkhaus umbauen und bekommen viel öffentliche Unterstützung - sogar in den Tagesthemen
Tim Wegner
25.05.2023

Dies ist der 78. Blogbeitrag von mir in der Wohnlage. Vor über zwei Jahren habe ich mit dem Schreiben zu Wohnpolitik, Wohnen, neue Wohnformen angefangen. Mein erster Beitrag ging über meine eigene Baugemeinschaft, in der Hamburger Hafencity. Dort lebe ich mit meiner Familie und das soll auch hoffentlich noch sehr lange so bleiben.

Daneben jedoch engagiere ich mich ehrenamtlich in einem weiteren Hamburger Wohnprojekt, der Genossenschaft Gröninger Hof eG, darüber habe ich hier noch nicht geschrieben. Aber jetzt doch mal, denn wir waren diese Woche in den Tagesthemen; prominenter geht es kaum und so wollte ich es hier auch aufgreifen.

Wir wollen ein altes Parkhaus mitten in der Altstadt von Hamburg umbauen. Dieses Parkhaus hat die Stadt nicht mehr gebraucht und als Wohn- und Gewerbehaus ausgeschrieben. Wir haben uns beworben und die Anhandgabe, so heißt es im Fachsprech, 2020 bekommen. Wir haben über 400 Mitglieder und eine feste Bewohnerschaft. Familien und Singles, Ältere, Jüngere, eine bunte Mischung. Sie wissen, wo und wie sie mal im Haus wohnen werden, sie haben ihre Anteile bezahlt und engagieren sich in unseren Arbeitsgruppen. Es gab einen Architekturwettbewerb, wir planen und planen um - im Sommer wollen wir den Bauantrag stellen. Dann werden wir einen Bankkredit beantragen, mit dem wir die über 30 Millionen Euro Bausumme finanzieren werden. Noch gibt es eine Finanzierungslücke, da wir einen Eigenanteil stellen müssen, so wie jeder andere Kreditnehmer auch - dafür suchen wir gemeinwohlorientierte Investoren: für kurzfristige Darlehen oder die Zahlung freiwilliger Anteile. Hier gibt es Fragen und Antworten zu unserem Konzept. Fast alle unsere Wohnungen sind öffentlich gefördert. Die Stadt Hamburg gibt 900 000 Euro, das ist gut, aber noch zu wenig.

Dutzende Male habe ich in den letzten Jahren Besucher*innen durch das Haus bis oben aufs Dach geführt - und immer wieder bin ich beeindruckt von dem Blick: Alle fünf Hauptkirchen sind von dort oben zu sehen, das Rathaus, die Elbphilharmonie, die Speicherstadt, Kontorhäuser usw. usw. Jahrzehntelang parkten hier Autos, in ein paar Jahren sollen hier oben Kinder spielen, während die Eltern vielleicht gerade ihre Wäsche waschen: Den Waschraum haben unsere Architekt*innen, das Büro Duplex, ganz oben platziert, mit Platz für Stühle und Bänke: klönen, waschen, auf Hamburg blicken.

Das Team der Tagesthemen auf unserem Dach mit unserem zukünftigen Bewohner Jan
 

Neulich war ich wieder oben, mit dem Team der Tagesthemen. Auch die waren schwer beeindruckt - und konnten vor lauter Begeisterung über die tollen Motive überhaupt nicht aufhören mit dem Drehen. Uff -  es war viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt. Die Resonanzen sind toll, vielleicht kriegen wir ein paar neue Unterstützer*innen dazu, die wir dringend brauchen. 

Denn unsere Aufgabe ist fantastisch, großartig, ansteckend. "Absolut Best Practice" nannte es Bundesbauministerin Klara Geywitz. Wir bekommen Besuch aus anderen Ländern, wir erscheinen in der Presse, in Fachbeiträgen und werden überall für unseren Mut gelobt.

Die andere Seite ist purer Stress, Überforderung und immer wieder neue Hürden und Probleme. In dem Beitrag der Tagesthemen rede ich von dem Druck, den wir alle spüren, denn wir haben eine hohe Verantwortung unseren zukünftigen Bewohner*innen gegenüber. 

Und so wird unser Haus mal aussehen
 

Neben all dem, was wir stadtpolitisch mit diesem Projekt erreichen wollen (Umwidmung eines Parkhauses, Aktivierung der Grauen Energie und des Quartiers; moderne klimaschonende Architektur und vieles, vieles mehr) bleibt unser wichtigstes Ziel: Preiswertes Wohnen für Menschen mitten in Hamburg zu ermöglichen. Menschen, wie Jan aus dem Bericht der Tagesthemen, der in eine unserer Clusterwohnungen ziehen wird, zusammen mit Freund*innen aus seiner WG, die sich schon seit Jahren kennen.

Ich habe in den letzten Jahren, durch mein Schreiben hier, aber auch durch mein Ehrenamt in Gröninger Hof, inspirierende Menschen kennengelernt; auch und gerade in Behörden und Verwaltung. Vielen von ihnen warten nur darauf, dass sie endlich zeigen können, dass auch sie weniger Vorschriften und mehr Vielfalt im Wohnen wollen. Wie sagte es mir die Augsburger Baudirektorin Kathrin Fändrich vor ein paar Monaten in der Wohnlage: "Genug geredet, lasst Taten folgen."

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"Zusammen ist ansteckend" - Schön wär's, besonders für die Marginalisierten dieser "individualbewussten" wie konsum- und profitautistischen Gesellschaft einer Welt- und "Werteordnung" im Verhältnis/TITTYTAINMENT von 1:5 der Weltbevölkerung!!!

Solange es den nun "freiheitlichen" Wettbewerb und seine KONFUSIONIERENDE Symptomatik in "Wer soll das bezahlen?" gibt, besonders für die "Freiheit" der "Ökonomie" unternehmerischer Abwägungen von/zu "Arbeit macht frei", wird das Schönreden / die Bewusstseinsbetäubung und die Schuld- und Sündenbocksuche den stets gleichermaßenen Rhythmus des imperialistisch-faschistischen Erbensystems mit Heuchelei, egozentrisch-mikrokosmologischer Dummheit und systemrationaler Verlogenheit spielerisch fortsetzen.

Kolumne

Dorothea Heintze

Wohnen wollen wir alle. Bitte bezahlbar. Mit Familie, allein oder in größerer Gemeinschaft. Doch wo gibt es gute Beispiele, herausragende Architekturen, eine zukunftsorientierte Planung? Was muss sich baupolitisch ändern? Wohnlage-Autorin Dorothea Heintze lebt in einer Baugemeinschaft in Hamburg und weiß: Das eigene Wohnglück zu finden, ist gar nicht so einfach. Alle zwei Wochen.