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„Mein Tod gehört mir“, „Ich bestimme, wie ich sterbe.“ Es sind schon sehr selbstbewusst klingende Forderungen, mit denen Menschen sich in Büchern und Reportagen für das Recht auf einen ärztlich assistierten Suizid aussprechen.
Ganz anders sehen Berichte und Artikel über Palliativmedizin aus, vergleichbare Ich-Forderungen und gesellschaftlichen Protest sucht man hier gewöhnlich vergeblich. Kürzlich erschien in der Lokalzeitung „Mannheimer Morgen“ ein sehr typischer Artikel über „meine“ Palliativstation, die ich jetzt als Seelsorgerin und als Patientin kenne. Mitarbeitende erzählen mit viel Wissen und Erfahrung klug und fundiert über ihre Arbeit und ihre Überzeugungen. Patient*innen hingegen kommen nicht zu Wort, eine nachdenkliche junge Frau mit Chemo-Mütze dient lediglich als Illustration. Ungewollt werden Patient*innnen in dieser Perspektive zu dem, was sie dem Wortsinn nach sind: patiens = geduldig, ausharrend, leidend. Wenn vor allem getröstet, gelindert und betreut wird, schaut das Passiv eben schon automatisch um die Ecke.
Ungewollt eingewickelt und zugedeckt
Zudem beginnt ein Artikel über Palliativarbeit häufig damit, dass das Wort pallium = Mantel erstmal umständlich erklärt wird und man sich schon vor der ersten Information eingehüllt und zugedeckt fühlt.
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Ganz anders, wenn es um assistierten Suizid geht, die zentralen Begriffe Autonomie und Selbstbestimmung finden sich hingegen im Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, also wenn es um assistierten Suizid geht, schon im ersten Satz
Diese sehr unterschiedlichen Perspektiven und Schwerpunkte, das „Wir (kümmern, sorgen, begleiten)“ bei der Palliativmedizin und das „Ich (will selbst bestimmen) beim assistierten Suizid, bringen eine deutliche Wertung in die öffentliche Debatte, bevor diese überhaupt richtig beginnt: Palliativmedizin kommt fürsorglich und etwas betulich daher und Suizid gilt als selbstbestimmt.
Diese Einseitigkeit lässt sich nicht einfach dadurch ändern, dass medial mehr Palliativpatient*innen zu Wort kommen. Denn Menschen, die ihr Recht auf Selbsttötung einfordern, wissen meist sehr genau, was sie wollen und können beeindruckend klar und konsequent argumentieren. Bei Palliativpatient*innen sieht das völlig anders aus: Nichts scheint sicher, alles ist offen, jeder und jede sieht es anders und im Zweifelsfall ändere ich von heute auf morgen meine Meinung. Das ist eben so, wenn ich mich als Palliativpatientin täglich mit der Frage herumschlage, was ich denn wirklich will.
Soll ich jetzt meine Zeit tatsächlich am Laptop für den Blog verbringen und draußen scheint die Sonne? Will ich mich wirklich für eine weitere Chemo entscheiden? Wen will ich in nächster Zeit sehen, muss ich dafür aktiv werden und ermutigen?
Schritte ins Offene statt Basta-Entscheidung
Anders als bei einer Basta-Entscheidung: „So mache ich das, Punkt“ kann ich meine kommenden Entscheidungen nicht wirklich antizipieren. Ich gehe jeden Moment Schritte ins Offene und suche weiter, wer ich bin, was ich will und was gut ist.
Und ich weiß, dass ich auf diesem Weg trotz aller Unterstützung wohl immer mehr Kontrolle aus der Hand geben werde. Und Vertrauen brauche. Und kompetente fachliche Begleitung. Und Nähe und Liebe und Geborgenheit.
Aber ich hoffe, auf diese Weise - stolpernd von einer Entscheidung zur nächsten – genau das Leben leben zu können, das meines ist. Und genau das hat für mich viel mit Selbstbestimmung zu tun, viel mehr, als den Suizid zu wählen und an einem letztlich völlig willkürlichen Punkt das Leben aus der Hand zu geben.
Selbstbestimmt
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Liebe Karin Lackus,
danke für Ihre engagierten Beiträge!
Sie treffen eig.immer den Nagel auf den Kopf. Ich hoffe es wird gut für sie persönlich gesorgt. Ich bete,dass Gott gnädig zu Ihnen ist. Vielleicht verändern wir etwas durch unser Tun. Sicher ist, dass durch unsere neuen Medien fast allen Betroffenen und Angehörigen mehr Information zur Verfügung stehen. Auch Ihre Erfahrungen!
Ich habe Ihr sehr berührendes Buch gelesen. Danke auch dafür.
lBin gespannt auf dwn nächsten Beitrag.
Herzlichst Gabriele
PS Nachbarin von Anneke Jung und bekannt mit Ihrer Patentochter Hannah
@Karin Lackus:
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Sensationell gut! Dieser Artikel, das ist, wenn ich so sagen darf, Entmythologisierung vom Feinsten. Danke!
Verbundenheit lernen
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Liebe Frau Lackus,
danke für diesen Artikel. Ich musste genau hinschauen: Sie führen das Thema nämlich analog zur (immer noch) überwiegenden gesellschaftlichen Sichtweise ein: Wer (äußerlich) stark daher kommt, wird gesehen. Tod und Sterben sind Themen, die (palliativ) eingewickelt und versteckt werden.
Wir wollen so gerne alles im Griff haben. Und weil auch im Sterben so vieles offen ist, plädieren Menschen für einen selbstbestimmten Tod. Es geht aber darum, das selbstbestimmte Leben und Sterben zu unterstützen! Und das fängt an, indem ich echte Selbstverbundenheit lerne und bei anderen fördere, indem wir lernen, die Offenheit und Unverfügbarkeit des Lebens (und Sterbens) anzuerkennen und uns "trotzdem" verbunden zu fühlen: mit uns selbst, mit unseren Mitmenschen und mit dem Leben (hinter dem für manche Menschen Gott steht). Tod und Sterben müssen (wieder) ins Leben hineingeholt werden. Palliativmedizin ist gut und sinnvoll, aber sie muss aus ihrem Nischendasein herauskommen.
Ich bin übrigens selbst Krebspatientin, lebe mit der Tatsache einer prinzipiell chronischen Erkrankung und verfolge Ihren Blog mit großem Interesse.