Dirk Roßmann
Dirk Roßmann, © 2019 Dirk von Nayhauß
Dirk von Nayhauß
"Ich bin gern albern"
Früher, da habe er gebrüllt, sei ein schlechter Chef gewesen. Heute kann gelassen und dankbar sein. Der Unternehmer Dirk Roßmann über die Weichheit des Alters
Dirk von Nayhauß
26.03.2019

In welchem Moment fühlen Sie sich lebendig?

Ich mag Menschen, Glück erlebe ich in der Gemeinschaft. Ich kam heute mit der Bahn nach Berlin. Der Zug war kürzer als sonst, so hatte ich keinen Sitzplatz, ich saß – in der ersten Klasse – im Schneidersitz auf dem Boden. Mir gegenüber kauerte ein junger Mann, und ich sagte: "Darf ich Sie mal was fragen?" "Ja." "Wollen wir uns fünf Minuten unterhalten?" Also hat er seinen Laptop zugeklappt, und wir haben uns anderthalb Stunden erzählt wie die Feuerwehr, zum Schluss haben wir uns geduzt. Er wusste nicht, wer ich bin. Bis ein anderer Gast sagte: "Mensch, das ist doch Dirk Roßmann." Diese Fahrt habe ich so genossen!

Dirk von Nayhauß

Dirk Roßmann

Dirk Roßmann, 1946 geboren, ist der ­Gründer der gleich­namigen Drogerie­kette mit rund 3930 Filialen und mehr als 56 000 Mitarbeitern. Roßmann verließ 
die Volksschule mit 14, es folgte eine Lehre zum Drogisten. 
In den 80er Jahren machte er zwei therapeutische Ausbildungen, praktizierte aber nie. Gerade
erschien seine
 Autobiografie ". . . dann bin ich auf den Baum geklettert" (Ariston, 20 Euro). Dirk Roßmann ist ­einer der reichsten Deutschen. Er ist ­verheiratet und hat zwei Söhne, alle ­arbeiten gemeinsam in der Unternehmensleitung.

Was können Erwachsene von Kindern lernen?

Sie sind gut beraten, wenn sie Kindern genau zuhören – 
denn die sagen geradeaus, was sie denken und ­fühlen. ­Zumindest jene, die Liebe erfahren haben, die ihre ­Gefühle entwickeln dürfen, ohne ständig reglementiert oder gar geschlagen zu werden. Erwachsene sollten sich auch etwas Kindliches bewahren. Ich bin kein strenger, disziplinierter Unternehmer. Ich bin gern albern.

Haben Sie eine Vorstellung von Gott?

Nein, ich bin Atheist und für mich selbst verantwortlich. Menschlichkeit ist mir wichtig, aber nicht, weil sie mir mit den Zehn Geboten vorgeschrieben wird, das ist mir zu viel Fremdbestimmung. 1996 guckte ich wirtschaftlich in den Abgrund. Nach der Wende hatten wir – mit Hilfe hoher 
Kredite – im Osten viele Läden aufgemacht. Mitte der 90er Jahre waren wir so hoch verschuldet, dass ich manchmal nicht wusste, wie ich die Gehälter bezahlen sollte. Ich war angespannt, habe geschrien, war ein schlechter Chef. In jenem Jahr hatte ich auch noch einen Herzinfarkt, zum Glück einen leichten. Seitdem habe ich denselben Stent, ich spiele Tennis, fühle mich wohl. Und: Wir haben keine Bankschulden mehr. Meine Frau hat mir vor drei Jahren gesagt: "Sei endlich mal dankbar!" Sie hat recht, ich hatte so viel Glück, da muss es einen Schutzengel geben.

Wie gehen Sie mit Schuldgefühlen um?

Reue und Schuld kenne ich nicht. Habe ich Mist gebaut, sage ich den Leuten: "Es tut mir leid. Das war nicht in Ordnung, ich bitte um Entschuldigung." Passiert ab und zu. Als Unternehmer empfinde ich sowieso keine Schuld. Ja, als ich 1972 den ersten Drogeriesupermarkt Deutschlands eröffnete, gab es etwa 18 000 Drogisten, 20 Jahre später war fast keiner mehr da, aber da habe ich überhaupt kein schlechtes Gewissen. Wir haben in Deutschland die niedrigsten Preise für Markenartikel weltweit. Hätten wir noch diese kleinen Drogerien, lägen die Preise heute 50 oder 100 Prozent höher, weil die Strukturen nicht effizient wären.

Welche Liebe macht Sie glücklich?

Meine Frau und ich sind seit 36 Jahren verheiratet. Wir ­haben schon gestritten wie die Weltmeister, aber sie hat mir immer das Gefühl gegeben, dass ich der bin, mit dem sie alt werden will. Alice gibt mir ganz viel Halt und Sicherheit.

Wer oder was hilft in der Krise?

Ich habe 1978 eine lange Therapie begonnen, nach der Trennung von meiner ersten Frau. Ohne die Psychologie wäre ich ein anderer Mensch – misstrauischer, ängstlicher, verschlossener. Dennoch bleiben Narben. Hier sitzt nicht nur der Unternehmer, hier sitzt auch der Junge, der mit zwölf Jahren, als der Vater starb, Angst hatte, dass er in die Baracken ziehen muss. Ich habe noch immer eine Menge Ängste, zum Beispiel habe ich letzte Nacht nicht gut geschlafen, mich hat etwas belastet. Ich baue dann Worst-­Case-Szenarien auf, grüble, und mir wird ganz schlecht.

Ist das Leben ein Kampf?

Früher habe ich es so erlebt, heute nicht mehr. Das hat mit dem Alter zu tun. Mir ist das mal aufgefallen, als ich nach dem Tennis mit lauter alten Männern in der Umkleide­kabine stand, sie strahlten eine besondere Weichheit aus. Manche 40-Jährige erlebe ich dagegen als ganz schön ­unfreundlich, die wollen noch Karriere machen. Wenn ­jemand über 70 ist, weiß er: Mit Glück habe ich noch zehn gute Jahre. Man entwickelt Demut vor dem Leben.

Muss man den Tod fürchten?

Ich habe immer wieder erlebt, dass unzufriedene ­Menschen Angst vor dem Tod haben. Und dass die ­Menschen, die ein zufriedenes Leben leben, frei sind von dieser Angst. Ich fürchte mich überhaupt nicht vor dem Tod.

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Herr Roßmann scheint einen Mangel an Selbstreflexion zu besitzen. Seine therapeutische Ausbildung konnte dem Nachkriegsgeborenen augenscheinlich kein Bewußtsein vermitteln, daß sich ohne Gefühle von Reue und Schuld kaum Demut entwickeln kann. Auf welch hohem Roß, Mann, sitzt dieser Herr, von dem ich vor Kenntnis dieses Interviews eine weitaus bessere Meinung hatte.

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Zahlreiche Studien belegen: Geld macht nicht glücklich. Ab einem Einkommen welches Grundbedürfnisse wie Essen, Wohnraum befriedigt, irgendetwas fehlt noch, geht es einem mit steigendem Einkommen nicht besser. Die spannende Frage ist doch: was macht ein Millionär mit seinem Geld, wie fühlt er sich angesicht der Tatsache das ein Mehr an Geld nicht glücklich macht, wo sieht er seine soziale Verantwortung, wissend das immer mehr Menschen in Deutschland keine Wohnung finden. Wie geht er mit der Tatsache um finanzielle Möglichkeiten zu haben vielen Menschen Grundbedürfnisse erfüllen zu können ohne dass das eigene Glück weniger wird. So wie die Fragen des Artikels gestellt wurden sind sie leider banal. Bitte keinen weiteren Promitalk. Von Chrismon erwarte ich mehr!

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ROSSMANN: "Ich fürchte mich überhaupt nicht vor dem Tod."

Tja, niemand braucht sich vor dem Tod fürchten, denn in den Fällen nach Reinkarnationen und dem Jüngsten Gericht, ist der Tod / die "Löschung des Arbeitsspeichers" für "wie im Himmel all so auf Erden", die "Gnade Gottes".

Ich kann nur noch schwer Freude am wirklich-wahrhaftigen Glauben finden, weil wie es jetzt aussieht die Vorsehung nicht überwunden wird und nur "144000 auf dem Berg Zion" stehen werden, für einen weiteren Versuch die "Seele Mensch" zu gestalten, dann ist es jetzt ok wenn meine Wenigkeit nicht dabei ist.