Valerie Schmidt
Arnd Brummer zur Fastenaktion 2015: "Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen"
Die Fastenzeit ist eine Zeit des Nachdenkens darüber, wie man mit den Nächsten und sich selbst umgeht. Im Sinne der Liebe kann ein Perspektivwechsel Anlass bieten, sein Verhalten zu ändern. Das Motto der Fastenaktion 2015 lautet: „Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen“
Lena Uphoff
27.01.2015

Was ist denn das für ein Pullover? Die Kollegin reagiert ein wenig verlegen. „Meiner? Ach, nichts Besonderes. Habe ich in meinem Lieblingsladen neulich mit 20 Prozent Rabatt gekauft.“ Sie zupft am Krägelchen, zieht und streicht glatt. Jetzt muss es raus! Du bist schön! Der Pulli steht dir ganz ausgezeichnet. Ich bewundere deinen Sinn für die richtige Kombination der Farben. Hose und Pulli – große Klasse!

„Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen“, so ­lautet das Motto der evangelischen Fastenaktion in diesem Jahr. Nicht „Schöner werden“ lautet die Devise, sondern vierzig Tage Verzicht auf die überall grassierende Seuche des Zwangs zur Optimierung von Äußerem und Auftreten.

Das Motto ist als Parole schon morgens vor dem eigenen Spiegelbild zu schmettern. Die Frau ruft aus: „Siehe, meine Freundin, du bist schön; schön bist du, deine Augen sind wie Taubenaugen.“ Ein wenig später darf der Mann schon vorm Rasieren und ganz ohne Schaum zu sich sagen: „Siehe, mein Freund, du bist schön und lieblich. Unser Bett grünt, unserer Häuser Balken sind Zedern, unser Getäfel Zypressen.“ Und dann sagen sie es noch einmal gemeinsam und zueinander. So steht es auch im Hohelied Salomos in der Bibel.

Ein Lob, ein Dank, dann ist die Wüste nicht mehr wüst

Sieben Wochen Anerkennung. Ausgesprochene, nicht nur still gedachte Liebe – zum Nächsten und zu einem selbst. ­Auch in christlichen Kreisen geht diese wichtige Forderung oft verloren. Aus Angst vor Eitelkeit und Hochmut wird stattdessen die Haltung „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ praktiziert.

Das kann man in der Fastenzeit ja mal anders machen. ­Übrigens heißt „fasten“ nicht zwangsläufig, auf Nahrung oder Genuss zu verzichten. Der Reformator Ulrich Zwingli hat einst in seiner Fastenpredigt beschrieben, was das altgermanische Wort „fasten“ bedeutet. Es heißt seinem eigentlichen Sinne nach „schließen, beschließen, sich entschließen“. So wird es im Englischen bis heute verwendet – fasten your seatbelts. ­Jesus begab sich in die Wüste, um in diesem Sinne zu fasten. Er fasste in der Abgeschiedenheit den Entschluss, jenen Weg zu gehen, den ihm sein göttlicher Vater gewiesen hatte. Vierzig Tage blieb er. Dass er in dieser Zeit wenig aß, erklärt Zwingli, habe einfach daran gelegen, dass es in der Wüste wenig gab.

###mehr-galerien### Fasten bedeutet, sich über seinen Weg, über seine Beziehung zu den Nächsten wie zu sich selbst Gedanken zu machen. Und: sich entschließen, etwas zu ändern. Das Themenjahr 2015 in der Reformationsdekade heißt „Reformation – Bild und Bibel“. Da liegt es nahe, dass die Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ ein Motto präsentiert, das dort ansetzt, wo die Kinder Gottes einan­der spiegeln, dass sie sich als solche erkennen. Und wenn dem „Du bist schön“, der konkreten Anerkennung, noch ein „Das hast du gut gemacht“ verbunden mit einem „Danke“ folgt, ist die Wüste nicht mehr ganz so wüst. Und dies gilt über die vierzig Tage hinaus.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.
Permalink

Ich halte nichts von Manipulation. Innere Schönheit, darauf kommt es an, aber schaut man fern, dann merkt man, es kommt nur auf `s Aussehen an. Haltet also inne, auch als Zeitschrift, und lasst die Leute in Ruhe !!! Mir scheint, dass dieses Land vollkommen irre ist.

Permalink

Lieber Herr Brummer,
 
“Sieben Wochen ohne Runtermachen” ist Ihr Artikel überschrieben. Das ist ein schöner Vorsatz, der gleichermaßen uns selbst gut tut und dem Gegenüber.
 
Wenn es ans vermeintliche Gegenteil, das Loben geht, dann wird jedoch deutlich, daß wir uns noch im selben Denksystem befinden. Lob und Tadel kommen beide aus der Haltung “Ich beurteile Dich.” Wir erheben uns über den anderen Menschen und geben ungefragt Kommentar. “Du bist ... so und so”. Auch die scheinbar bessere Lösung, zu loben, ist immer noch eine top-down-Kommunikation.
 
Was Sie wahrscheinlich eher beabsichtigen, ist, eine Brücke zwischen gleichwürdigen Menschen zu schlagen. Das tun wir in unseren besten Momenten, wenn wir von uns selbst sprechen und dem Gegenüber: “Wenn ich Dich sehe, freue ich mich an Dir, denn ich finde Dich so schön, lebendig, mir geht das Herz über...” In der Anerkennung, wie Sie das “Lob” auf Seite 57 viel treffender nennen, steckt  wunderbarerweise die Erkenntnis. Wir erkennen, daß sich in uns etwas regt. Wir erkennen das Einzigartige im Gegenüber. Und wir sprechen es aus.
 
Das sind gute Momente im Leben. Jeden Tag ein paar davon!
Ich freue mich immer, wenn das neue Chrismon kommt, und danke Ihnen und der Redaktion von Herzen für Ihre Arbeit.
 
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Ahrberg
Supervisorin & Coach
Kassel