Hochwertig ist jetzt alles. Sogar Sexualpartner. Gut, dass uns das mal jemand mitteilt.
Tim Wegner
08.07.2013

Es gibt viele Gründe, zu McDonald’s zu gehen. Es ist billig, es geht schnell und neuerdings gibt es genießbaren Latte macchiato. Ich kenne niemanden, der wegen ausgefallener Designerstühle oder dem Filet besonders glücklicher Kühe hingeht. Warum also benutzt der Deutschlandchef in einem Interview permanent das Wort „hochwertig“? Qualitativ hochwertige Zutaten, hochwertige Qualität, die Einrichtung aus „Natur­materialien wie Holz und Stein“ – man könnte grade meinen, ein junger wilder Koch erstreite sich den dritten Michelin-Stern in einer abgefahrenen Location. So ein Quatsch.

Hochwertig ist jetzt alles. Pferdefleisch, weil es 3,5 mg Eisen enthält statt 1,9 mg wie das Rind. Katzennassfutter, weil es Putenherzen statt billigem Getreide verpanscht. Kunststoffbrillengläser, weil sie leichter sind als die aus Glas. Schlicht: Alles, was der Werber verkaufen will, muss jetzt was mit Wert sein. Kostet ja nix. Und ist auch kein geschützter Begriff. Das wissen besonders Hausbauer, die in der Baubeschreibung eine „hochwertige Sanitärausrüstung“ eingekauft haben. Könnte sonst was sein – und ist dann meistens ein Klodeckel und ein Duschkopf von Obi.

Und was um Himmels willen soll erst ein „hochwertiger Sexualpartner“ sein, den laut Werbe­psychologie angeblich jeder von uns sucht, weshalb er bereitwillig teure Parfums, Rasierpinsel und Deos kauft. Ein hochwertiger Sexualpartner – ist das einer mit viel Eisengehalt? Einer mit Plastikbrille? Oder doch eher einer, der sich morgens duscht, egal mit welcher Brause?

Ach ja, und warum zieht das mit dem „hochwertig“ so gut? „Hoch“ ist so was wie himmlisch, sagt die Psychologie. Selbst Spendensammler, die sich an eine Rolltreppe aufwärts oben hinstellen, kriegen mehr Euros als solche, die an der Treppe abwärts stehen. Halle­luja. Neuromarketing-Blogger Roger Dooley erklärt das mit religiösen Bildern in unse­ren Hirnen: Gott ist oben im Himmel und der Teufel unten in der Hölle. Ach soooo. Gut, dass uns einer diese hochwertige Erkenntnis mitgeteilt, sorry, mitgebloggt hat.

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Sehr geehrte Frau Ott, danke für Ihren höchstwertigen Artikel