Überrascht durfte niemand sein von den Fluten, die Süd- und Ostdeutschland heimgesucht haben: Bereits 2001 hatte der Klimabeirat der Vereinten Nationen gewarnt, dass häufiger mit Überschwemmungen zu rechnen sei. Zwar lassen sich heftige Regenfälle im Einzelfall nicht darauf zurückführen, dass die Menschheit bereits enorme Mengen an Klimagasen freigesetzt hat. Aber die Wahrscheinlichkeit von katastrophalen Wetterereignissen steigt, je mehr Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen – also je mehr fossile Energie aus Kohle, Öl und Gas wir verbrennen.
Die Frage nach der Schuld richtet sich an Einzelne - nicht an unseren Lebensstil
Um diese Verantwortung aller reden wir kaum noch. In der Diskussion über die Juniflut richtet sich die Schuldfrage eher an Einzelne: Schuld haben Politiker oder Behörden, die beim Hochwasserschutz gezögert haben. Oder Bürger, die eine Flutmauer abgelehnt hatten. Dahinter steht der traurige Gedanke, dass die Flut nicht mehr aufzuhalten ist – also müssen wir sie ordentlich einhegen. Es ist gefährlich, so zu denken, weil es zeigt: Wir akzeptieren die Klimakatastrophe als Schicksal. Dann brauchen wir den eigenen energieintensiven Lebensstil auch nicht mehr zu hinterfragen.
Sicher ist besserer Hochwasserschutz wichtig. Aber das darf nur ein Teil der Verantwortung sein, wie ausgerechnet diese Erfolgsgeschichte zeigt: An der Iller – der Fluss fließt vom Allgäu her in die Donau – gab es im Juni kaum Hochwasserschäden; dort hatte man 200 Millionen Euro in Rückstaubecken und Renaturierungsmaßnahmen investiert. Für Länder wie Bangladesch, die besonders unter dem Klimawandel leiden, ist so eine Anstrengung unbezahlbar. Den Menschen dort sind wir es schuldig, wieder über unseren Anteil am Treibhauseffekt zu diskutieren – und sparsamer zu leben.