Bei meiner Konfirmation in den 70er Jahren war es so: Nach dem Gottesdienst, als alle erleichtert und erlöst aus dem dunklen Kirchenraum hinaus in die Maisonne strömten, hatte der Fotograf Joos schon seine Kamera, sein Stativ und sein Licht an der Treppe aufgebaut. 20 Konfirmanden, ein Profi. Der einzige Zwist ging darum, ob die schwerst pubertierende Jana mit ihrem kurzen Rock wirklich in der ersten Reihe stehen sollte, obwohl doch Fritz 20 Zentimeter kleiner war.
Die Fotos sind – gestellt, logo. Aber man kann alle Jugendlichen erkennen, es gucken alle in die Kamera, das Licht stimmt. Und wir Jugendlichen liefen die Tage nach der Konfirmation auf dem Schulweg am Schaukasten von Foto Joos vorbei und suchten uns auf den Fotos. Iih, seh ich ich dick aus, ha, da sieht man mal, was der Pfarrer für eine Glatze hat! Als ich neulich, 30 Jahre nach der Konfirmation, auf einem geschäftlichen Kongress einen Mit-Konfirmanden traf, gab es großes Hallo. Beide suchten wir abends das berühmte Gruppenfoto raus, Mensch, klar, du bist das.
Jetzt wurde mein Sohn konfirmiert. Das Thema „Foto“ nahm beim Elternabend viel Zeit ein. Die meisten Profi-Fotografen, lernten wir Eltern, kommen nicht mehr zu Konfirmationen, weil es sich nicht mehr lohnt – die meisten Eltern haben ja selber eine semi-professionelle Ausrüstung. Ein Blick ins Internet: In Foto-Foren tauscht sich der engagierte Konfi-Vater („Ich kann von mir sagen, dass ich kein einfacher Knipser bin“), mit der foto-fanatischen Patentante aus: f 8, ISO 100. Belichtungszeit 1/125s. Klar, dass die kein Geld für einen Profi-Fotografen mehr bezahlen wollen.
Kommt er doch, der Fotograf, gibt es auch nur Stress. In einer Foto-Community schildert Peggy aus Sachsen, dass der bestellte Fotograf den anderen Eltern untersagen wollte zu fotografieren. Na, da ist was los im Forum. „Ein Fall für die Polizei“, schreibt Elisabeth aus Pfarrkirchen, und schnell diskutiert die ganze Community über die „Rechtsnatur der Einwilligung des Abgebildeten“. Bei so vielen Genitiven und Paragrafen würde ich mir als Berufsfotograf auch lieber ein anderes Betätigungsfeld suchen als ausgerechnet die Konfirmation. Vielleicht Aktfotos, da quatschen nicht so viele mit.
Und das Ergebnis? Von der Konfirmation meines Sohnes gibt es gefühlte 500 Fotos. Kein einziges bei Tageslicht, da fehlte dem Pfarrer offenbar die Autoriät, die früher der Fotograf hatte. Kein einziges, bei dem alle in die Kamera gucken. Entweder das Mädchen aus der ersten Reihe läuft gerade weg oder der Junge in der letzten Reihe hält die Kerze raumfüllend vors Gesicht.
Das Gruppenerlebnis vorm Schaukasten des Fotografen bleibt auch aus, jeder guckt für sich allein. Bei picasa im Internet. Und falls mein Sohn in 30 Jahren eine Mit-Konfirmandin bei einem Kongress trifft, kann er bestenfalls sagen: Bist du die mit dem weißen Rock, die gerade aus dem Foto läuft?
Schade!
Erinnerungen
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Das Hausrecht hat nicht der Fotograf
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