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Von „Heimat“ ist wieder vermehrt die Rede, auch in der Welt der Kultur. Bis vor kurzem waren „Heimat-Dichter“ oder „Heimat-Filme“ etwas, das unbedingt zu verachten war. Doch semantische Konjunkturen ändern sich. Man möchte dieses so besondere deutsche Wort eben nicht den Rechten überlassen.
Mir fällt bei der Wortkombination „Heimat – Kunst“ eine ehemalige Hamburger Nachbarin von mir sdg bnmvc ein, der ich nie begegnet bin und die ich erst vor kurzem in einem Nachbarland kennengelernt habe. In der Pariser „Fondation Cartier“ habe ich die Werke von Gego für mich entdeckt: feine Drahtgebilde, zauberhafte Strukturen aus dünnen Metallfäden. Gego hieß mit bürgerlichem Namen Gertrud Louise Goldschmidt. Geboren wurde sie 1912 in Hamburg. Dort ist sie in der Heilwigstraße aufgewachsen. Als letzte ihrer Familie verließ sie 1939 für immer ihr Zuhause. Sie schloss die Tür ab, warf den Schlüssel in die Alster und floh nach Venezuela. Nach dem 2. Weltkrieg begann sie eine eindrucksvolle Karriere als Künstlerin. Ihre Drahtskulpturen sind so etwas wie ungegenständliche, dreidimensionale Zeichnungen. Gego bog und verknüpfte Drähte so miteinander, dass aus dünnen Strichen Raumgebilde wurden. Ein kurzer Film zeigte, wie sie arbeitete (immer mit einer brennenden Zigarette in der Nähe) und über ihre Kunst sprach (mit einem sehr hörbaren deutschen Akzent). So lernte ich endlich in der Fremde eine Künstlerin kennen, die fest zu meiner Heimat gehört.
Die heutige Bewohnerin des Hauses, in dem Gego aufgewachsen ist, hat vor wenigen Jahren eine sehr würdige Tafel anbringen lassen. Zu deren Einweihung kamen viele Angehörige aus Süd- und Nordamerika angereist und waren sehr berührt. Die Brüche im Leben von Gego wurden nicht geheilt. Aber immerhin im Gedächtnis ist sie nach Hause gekommen.