Schmerzen
10 Mythen über Schmerzen
Wenn man auf dem Röntgenbild nichts sieht, ist es bestimmt psycho. Wenn es wehtut, ist das die Strafe für eine Sünde. Solche Mythen schwirren durch unsere Köpfe. Ein erfahrener Schmerztherapeut klärt auf
Das ist bestimmt was Psychisches!
Der beste Ansatz ist eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten
Karolina Grabowska/Pexels
Tim Wegner
25.03.2025
8Min

Fast jeder Mensch hat Schmerzen: 80 Prozent aller Deutschen leiden zumindest zeitweilig darunter, am häufigsten im Kopf oder am Rücken. Erstaunlich, dass es dennoch so viele Irrtümer und Mythen über Schmerzen gibt. Dr. Paul Nilges hat über 30 Jahre den Arbeitsbereich Psychologie im interdisziplinären Schmerzzentrum des Deutschen Roten Kreuzes in Mainz geleitet. Er ist vielen Mythen begegnet – hier stellt er einiges klar.

Mythos 1: Wenn man nichts findet, wird es wohl psychisch sein

Paul Nilges: Nein. In unseren Köpfen ist immer noch ein Modell, das letztlich auf Descartes zurückgeht, der zwischen dem Körper und der Seele klar unterschied: Der Körper ist eine Art Maschine, die über die Zirbeldrüse mit der Seele verbunden ist. Schmerz ist dann die Meldung an die Seele: "Es stimmt was nicht mit uns beiden." Das war für seine Zeit ein Fortschritt, weil er Schmerz damit als "weltliches" Problem definiert hat und dadurch den Weg für die wissenschaftliche Erforschung eröffnet hat. Dieser Dualismus ist aber inzwischen überholt!

Wir wissen heute: Psychische, soziale und körperliche Dinge sind nur als Begriffe getrennt, greifen aber unmittelbar ineinander.

"Das ist psychisch" ist oft das, was wir eine "Abfalldiagnose" nennen, eine Restkategorie: Man hat einfach keine andere Idee. Es gab mal die sieben heiligen Kühe der Psychosomatik: Von Polyarthritis über Morbus Crohn bis zum Magengeschwür. Alle diese "klassischen psychosomatischen Krankheiten" haben sich letztlich als ursächlich körperliche Erkrankungen entpuppt, die natürlich auch durch psychische Faktoren beeinflusst werden. In Wahrheit ist es halt oft komplizierter. Die Arbeit ist belastend, die Partnerschaft – diese sozialen Ursachen sind komplex.

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