Vor einigen Jahren kam bei mir einiges zusammen: Ich hatte gesundheitlich eine schwere Zeit, weswegen ich zurück in meine alte Heimat gezogen war. Ich musste Schulen für meine Kinder suchen, Papierkram erledigen, und dann kam auch noch der Herbst. Es gab Tage, da wollte ich am liebsten gar nicht das Haus verlassen, der graue Himmel lag wie eine viel zu schwere Decke auf mir. Außerdem musste ich nun früher aufstehen. Ich fing an zu arbeiten, als es hell wurde, und wenn ich fertig war, wurde es schon wieder dunkel. Doch hängen lassen, kam nicht in Frage. Wie also, fragte ich mich, komme ich da raus?
An Tagen, an denen ich mich am liebsten verkrochen hätte, zwang ich mich zum Joggen. Dass ich hinterher besser gelaunt war, lag nicht nur an der Bewegung selbst, sondern auch daran, dass ich eher im Hellen jogge und ich einfach mehr Licht bekam. Das ist wichtig für den Vitamin-D-Haushalt und damit das "Glückshormon" Serotonin gebildet werden kann. Im Winter ist es ja nicht nur länger dunkel und die Sonneneinstrahlung weniger intensiv, man ist auch weniger draußen und trägt mehr Klamotten, so dass der Körper nur an den Händen und im Gesicht Licht abgekriegt. Mit der ersten Frühlingssonne wurde meine Stimmung dann schnell besser.
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Als es mir im nächsten Winter wieder an Licht fehlte, kaufte ich mir eine Tageslichtlampe, in die ich morgens 20 Minuten reinschaute. Das half, aber so richtig gerne machte ich es nicht. Auch joggen gehen kostete mich oft viel Überwindung an tristen Tagen. Ich suchte also nach einer Routine, die mit einem guten Gefühl verbunden war.
Ich versuchte, zwischen 12 und 14 Uhr möglichst viel draußen zu sein, weil es da am hellsten ist: Kaffeepausen verlegte ich ins Freie, machte Erledigungen, die mit kleinen Wegen verbunden waren, arbeitete dafür abends länger, wenn es schon wieder dunkel war. Aus meinem Mindset "Nee, es ist so grau, da gehe ich nicht raus!" wurde: "Gerade wenn es draußen grau ist, musst du rausgehen!"
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Winterdepression: gibt's wirklich
Viele Menschen, die in nördlichen Regionen leben, leiden im Herbst und Winter an einer saisonal abhängigen Depression (SAD) – einer wiederkehrenden depressiven Störung, die meist im Herbst beginnt und im Frühling verschwindet. Am häufigsten ist die sogenannte Winterdepression.
Betroffene haben oft klassische Depressionssymptome wie gedrückte Stimmung, Konzentrationsschwierigkeiten, ständiges Grübeln und Antriebslosigkeit. Andere Symptome sind Heißhunger auf Kohlenhydrate, Gewichtszunahme, Libidoverlust und erhöhtes Schlafbedürfnis. Im Gegensatz zu anderen Depressionen sind Suizidgedanken seltener. Trotzdem kann eine saisonal abhängige Depression das Privat- und das Berufsleben stark beeinträchtigen. Viele ziehen sich zurück und vernachlässigen soziale Kontakte.
Es hilft, die Produktion von Serotonin im Körper anzukurbeln, etwa durch Bewegung an der frischen Luft bei Tageslicht. Auch Tageslichtlampen und die Einnahme von Vitamin D können helfen, Defizite auszugleichen.