Im November ist Annette Kurschus von ihren Ämtern an der Spitze der evangelischen Kirche zurückgetreten. Das ist ein Verlust für die Kirche und für die Menschen, für die sie sich eingesetzt hat. Doch der Schritt war konsequent.
Anlass waren Zeitungsberichte über einen Kirchenmitarbeiter im Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein, der junge Männer zu sexuellen Handlungen genötigt haben soll. Kurschus war vor 25 Jahren Pfarrerin in Siegen und eng befreundet mit der Familie des mutmaßlichen Täters. Sie soll damals schon von den Verdächtigungen erfahren haben, was sie bestreitet. Als dies im November bekannt wurde, setzten sich leitende Geistliche schnell von Kurschus ab, aber entscheidend war, dass die Betroffenen im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD Kurschus’ Glaubwürdigkeit öffentlich anzweifelten.
Kurschus hatte die Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt bei ihrem Amtsantritt 2021 zur "Chefinnensache" erklärt. 2022 startete das Beteiligungsforum, in dem sich Vertreter der Kirche mit Betroffenen endlich auf Augenhöhe austauschen. "Jede kirchenpolitische Entscheidung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt erfolgt durch Partizipation Betroffener", hieß es im Gründungsstatement. Damit gebe die EKD die Deutungshoheit auf, sagte der Sprecher der Betroffenen damals. Durch ihren Rücktritt zeigte Kurschus, wie ernst sie das nimmt. Das ist für die Kirche ein großer Schritt in die richtige Richtung. Ende Januar will die EKD eine umfassende Studie zu Missbrauch in der Kirche veröffentlichen. Der Umgang damit ist die nächste Bewährungsprobe.
Rücktritt Kurschus
Ich kann der Meinung der Frau Keller nicht zustimmen: Der Rücktritt von Frau Kurschus war nicht "konsequent" und nicht nötig, sondern sie wurde systematisch in den Rücktritt getrieben: von Eiferern aus Siegen, die ein schlampig formuliertes Kirchengesetz gegen sexuellen Missbrauch Jahrzehnte rückwirkend gegen die ungeliebte Präses nutzen, geben "eidesstattliche Erklärungen" gegenüber einer zu deren Annahme gar nicht befugten Heimatzeitung ab, die EKD-Synodenpräses distanziert sich hastig presseöffentlich von Frau Kurschus, ihr eigener juristischer Vizepräses drängt sie ins Schweigen, und zwar nach eigenem Bekunden wegen des Persönlichkeitsschutzes eines gemutmaßten Täters (und wird trotzdem von der westfälischen Synode wiedergewählt). Denen muss man mehr Vorwürfe machen als der aufgehetzten Journaille. Und nun vergießt Frau Keller Krokodilstränen über den "Verlust für die Kirche", unterstellt aber unterschwellig, dass die Vorwürfe zutreffen, ohne auch nur zu erwähnen, dass die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft auch nach einem dreiviertel Jahr nichts erbracht haben. Schlechter Journalismus, Frau Keller!
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Rücktritt der EKD Ratsvorsitzenden Kurschus
Mir ist bis heute nicht klar, was eigentlich die Vorwürfe sind, die heute (im November) gegen Frau Kurschus erhoben werden! Und es ärgert mich zutiefst, dass auf der Leitungsebene der EKD hier so schnell ein Vetrauensbruch mitgeteilt wurde. Ich verstehe die Darstellung so: Zwei Pastorinnen bekommen etwas erzählt. Hörensagen heißt das m.E. im Prozeßrecht und bedarf durch einen Richter einer genauen Prüfung. Beide Pastorinnen reagieren nicht. Nun wird eine davon nach 25 Jahren an den Pranger gestellt, weil sie Karriere gemacht hat?
Sicher wäre es richtig gewesen, wenn eine von den beiden Pastorinnen sich damals an den angeblich anwesenden Betroffenen gewandt hätte. Und natürlich wäre es hier richtig gewesen, dem Betroffenem anzubieten ihn bei einer Strafanzeige zu unterstützen. Das ist leider nicht geschehen! Aber ich bitte hier auch zu bedenken, dass vor 25 Jahren es in der ganzen Gesellschaft noch nicht so eine Sensibilisierung hatte.
Aber ich verstehe nicht, wo hier Vertuschung stattgefunden hat!
Darum frage ich, was hier der Vorwurf ist?
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