Energiepreise - Diakonie Altholstein hilft mit Stromspar-Checks
Bei niedriger Temperatur schläft es sich besser
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Energiespartipps
"Wer zu uns kommt, erlebt sich als machtlos"
Strom und Gas sind teuer, das trifft vor allem Familien, die mit wenig Geld auskommen müssen. Wer hilft ihnen?
Tim Wegner
22.09.2022
4Min

chrismon: Welche Menschen kommen zu Ihnen und sagen: Bitte helfen Sie mir, ich möchte Energie einsparen?

Susanne Heidel: Generell Menschen, die wenig Geld ­haben. Das sind etwa Personen, die "Hartz IV", also Arbeits­losengeld II, beziehen, was dann ab ­Jahreswechsel Bürgergeld heißen soll. Und auch jene, die sich noch etwas zum Arbeitslosengeld II hinzuverdienen, die sogenannten Aufstocker. Außerdem Menschen, die Sozialhilfe, Wohngeld oder den sogenannten Kinderzuschlag erhalten. Rentnerinnen und Rentner, die nur niedrige Bezüge haben, nutzen ebenfalls unser Angebot.

Susanne Heidel

Susanne Heidel ist Projektleiterin des Stromspar-Checks der Diakonie ­Altholstein.

Stefan Saggau

Stefan Saggau ist Mitarbeiter bei der Diakonie in Alt­holstein: Er besucht Menschen und berät sie dabei, wie sie Strom und Energie sparen können.

Wie werden die Menschen auf Sie aufmerksam?

Heidel: Der Stromspar-Check hat sein Büro unter dem Dach des Sozialkaufhauses Neumünster. Wir bieten täglich Sprechzeiten für eine kostenlose Energieberatung an. Und es gibt ein Netzwerk, das uns weiterempfiehlt, zum Beispiel die Schuldnerberatung der Diakonie Altholstein. Das Jobcenter Neumünster und die Stadt­werke Neumünster kooperieren mit uns. Die meisten Menschen kommen zu uns, weil Kunden ihnen von unserer Arbeit erzählen.

Was checken Sie als Erstes?

Heidel: Bevor jemand aus unserem Team vorbeikommt, ­erklären wir den Ablauf des Besuchs am Telefon. Dann wissen die Leute, was auf sie zukommt und welche Unter- lagen wir brauchen. Wir möchten zum Beispiel wissen, wo die Stromzähler sind – und die letzte Stromrechnung einsehen. Wer sein Wasser elektrisch erwärmt, sollte uns auch die Wasserrechnung zeigen. Das ist sehr hilfreich, da der Durchlauferhitzer das teuerste Gerät im Haushalt ist und der Wasser- mit dem Stromverbrauch zusammenhängt.

Wo entdecken Sie die größten Einsparpotenziale?

Stefan Saggau: Es fängt an bei der "weißen Ware", das sind große Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, ­Waschmaschinen oder Wäschetrockner. Alte Geräte verbrauchen oft viel Energie. Das größte Einsparpotenzial liegt aber darin, dass Kunden ihr Verhalten ändern und das Licht oder den Fernseher ausschalten, wenn sie den Raum ­verlassen. Oder die Kaffeemaschine nicht als Warmhalteplatte ­nutzen, beim Kochen immer einen Deckel benutzen, beim Einschäumen unter der Dusche das Wasser abdrehen, den Fünf-Liter-Boiler in der Küche ausstellen, wenn gerade kein warmes Wasser benötigt wird. Wir geben auch Tipps für richtiges Lüften.

Wie geht das?

Saggau: Stoßlüften, ein- oder zweimal am Tag, am besten morgens. Heizungen aus, Fenster weit auf. Das ist viel effi­zienter, als Fenster den ganzen Tag über gekippt stehen zu lassen. Wer kann, sollte querlüften, das sorgt für einen guten Luftaustausch. Aber es gibt noch viel mehr Tipps.

Bitte, nur zu!

Saggau: Wenn jemand Wasser elektrisch erwärmt, ­helfen wir, den Durchlauferhitzer möglichst so einzustellen, dass kein kaltes Wasser zugemischt werden muss. Und von Robert Habeck haben wir ja alle schon gehört, dass es Duschköpfe gibt, die weniger Wasser verbrauchen. Unser Blick geht auch zur Decke, ein Beispiel: Eine LED-Lampe spart bei einer Leuchtzeit von drei Stunden am Tag etwa 15 Euro pro Jahr gegenüber einer Halogenlampe. Und gegenüber einer 60-Watt-Glühlampe sind es sogar 23 Euro. Wer einen Wäschetrockner hat, bekommt den Rat: Bitte möglichst selten nutzen und die Wäsche nicht übertrocknen. Programme wie "extra trocken" müssen nicht sein, "schranktrocken" genügt. Bei Fernsehern kann man den Eco-Modus nutzen, dann dimmt das Gerät die Helligkeit automatisch herunter, das spart Strom. Und bei Kühlgeräten gilt: regelmäßig abtauen und einen guten Standort wählen.

Der da wäre?

Saggau: Man sollte das Gerät möglichst nicht an einen sonnigen Platz in der Wohnung stellen – und nicht neben den Herd oder Backofen.

Eine moderne Kühl-Gefrierkombination spart mehr als 250 Euro an Stromkosten - pro Jahr

Wie viel Geld kann man sparen, wenn man zum Beispiel einen alten Kühlschrank austauscht?

Saggau: Das haben wir für eine Kühl- und Gefrierkombination ausgerechnet. Ein altes Gerät zieht jährlich mehr als 800 Kilowattstunden im Jahr und verursacht Stromkosten von mehr als 330 Euro, wenn die Kilowattstunde etwa 40 Cent kostet. Ein neues Gerät ähnlicher Größe kommt mit knapp 160 Kilowattstunden aus, das macht dann nur noch 65 Euro für Strom im Jahr.

Neugeräte sind teuer. Gibt es Unterstützung?

Heidel: Ja, unter bestimmten Voraussetzungen bietet der Stromspar-Check dafür einen Kühlgerätegutschein über 100 Euro an.

Leiden auch Kinder unter der Energiearmut?

Heidel: Eindeutig ja, leider. Die Energiekosten steigen, dadurch kommen Familien mit geringem Einkommen in eine wirtschaftliche Schieflage. Momentan ist noch nicht klar, wie weit finanzielle Unterstützungen vom Staat greifen. Wenn Stromschulden oder sogar Stromsperren drohen, wirkt sich das auf die gesamte Familie aus. Die steigenden Energiepreise beeinflussen immer auch ­andere Wirtschaftszweige und treiben die Inflation an, weil beispielsweise Lebensmittel teurer werden. Je stärker die ­Preise steigen, desto größere Folgen hat das für das Budget von Familien, die ökonomisch schwächer aufgestellt sind.

Weil solche Familien ohnehin schon einen sehr großen Anteil ihres Geldes für Dinge des täglichen Bedarfs ausgeben, also für Wohnen, Essen und Energie?

Heidel: Ja, genau. Ausgaben für kulturelle Angebote werden dann aus der Not heraus als Erstes eingespart. Kulturelle und soziale Teilhabe ist aber gerade für die Kinder und ihre soziale Bildung enorm wichtig.

Wie groß ist die Angst vor steigenden Energiekosten?

Heidel: Wer zu uns kommt, erlebt sich als machtlos gegenüber der Politik und dem Weltgeschehen. Der Krieg in der Ukraine und die steigenden Kosten für Energie, die Inflation insgesamt haben das nur verstärkt.

Was hilft Menschen mit wenig Geld jetzt am meisten?

Heidel: Wir sollten lernen, sparsam zu heizen und ­richtig zu lüften. Eine niedrige Temperatur im Schlafzimmer ist besser für den Schlaf. Hände nur mit kaltem Wasser ­waschen und das Wasser in der Zeit abdrehen, in der man sich die Hände einseift, wassersparende Duschköpfe einbauen. Und: Die Politik muss gezielt die Haushalte mit geringen Einkommen unterstützen, damit sie sich Gas und Strom leisten können, um Notlagen zu vermeiden.

Spendeninfo

Der Stromspar-Check der Diakonie Altholstein

Eine erste Bilanz war beeindruckend: Seit 2015 hilft die Diakonie Altholstein mit dem Stromspar-Check Haushalten mit geringem Einkommen, ihre Energiekosten zu reduzieren. Nach drei Jahren ermittelte die Diakonie Zwischenergebnisse: Das Stromspar-Team hatte 450 Haushalten mit geringem Einkommen zum Energiesparen beraten. In diesen Haushalten wurden über 5100 Soforthilfen wie Energiesparlampen, schaltbare Steckerleisten oder wassersparende Duschköpfe kostenlos installiert – mit einem sehr beeindruckenden Ergebnis: Auf insgesamt fast 51.000 Euro summieren sich die Einsparungen, zudem wurden dadurch ca. 114 Tonnen CO2 vermieden. Zum Vergleich: Das entspricht in etwa der Menge an Kohlendioxid, die freigesetzt wird, wenn 50 Menschen von Hamburg nach New York und wieder zurück fliegen (Quelle: eigene Berechnung mit dem Kompensationsrechner der "Klima-Kollekte".)

Spenden an die Diakonie Altholstein sind per Banküberweisung möglich:

Evangelische Bank Kiel
IBAN: DE79 5206 0410 2206 4848 40
BIC: GENODEF1EK1