Ab ins Museum
Öffentlich mahnen: Ja. Aber nicht mit antisemitischen Schmähwerken!
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
11.08.2022

Es ist ein mittelalterliches Schmähbild der übelsten Art. Eine Sau, an deren Zitzen Männer mit Spitzhüten saugen und Juden darstellen sollen. Ein dritter schaut in den After. Darüber die Aufschrift: "Schem HaMphoras", ein hebräischer Verweis auf den unaussprechlichen Namen Gottes bei den Juden. Das Relief ist noch immer über dem Südeingang der Stadtkirche zu Wittenberg zu sehen. Ein Skandal.

Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff

Burkhard Weitz

Burkhard Weitz war als chrismon-Redakteur bis Oktober 2022 verantwortlich für die Aboausgabe chrismon plus. Er studierte Theologie und Religionswissenschaften in Bielefeld, Hamburg, Amsterdam (Niederlande) und Philadelphia (USA). Über eine freie Mitarbeit kam er zum "Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt" und war mehrfach auf Recherchen in den USA, im Nahen Osten und in Westafrika. Seit November 2022 betreut er als ordinierter Pfarrer eine Gemeinde in Offenbach.

Die Stadtkirchengemeinde hat eine Gedenktafel angebracht, die das antisemitische Werk historisch einordnet. Dennoch sah sich ein Jude aus Bonn beleidigt und klagte. Doch drei Gerichtsinstanzen bescheinigten der Wittenberger Gemeinde: Weil sie das Werk historisch eingeordnet habe, sei der objektive Tatbestand der Beleidigung nicht erfüllt.

Muss eine Kirchengemeinde nicht alles daransetzen, dass von ihrem Haus keine Beleidigung ausgeht – egal, was die Rechtslage sagt? Ein Expertengremium empfiehlt nun, die Skulptur ins Museum zu befördern. Richtig so. Und das gilt nicht nur für Wittenberg. Auch die anderen "Judensäue" gehören in die historische Mottenkiste: Wasserspeier am Kölner Dom, an St. Laurentius zu Ahrweiler und an der Stiftskirche von Bad Wimpfen. Schnitzwerke im Chorgestühl der Dome zu Erfurt, Nordhausen und Köln. Sandsteinfiguren, wie die in der Marienkirche zu Lemgo. Nein, wir müssen das bleischwere Erbe des Antisemitismus nicht verleugnen. Aber wir müssen es auch nicht so präsentieren.

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