Es ist ein mittelalterliches Schmähbild der übelsten Art. Eine Sau, an deren Zitzen Männer mit Spitzhüten saugen und Juden darstellen sollen. Ein dritter schaut in den After. Darüber die Aufschrift: "Schem HaMphoras", ein hebräischer Verweis auf den unaussprechlichen Namen Gottes bei den Juden. Das Relief ist noch immer über dem Südeingang der Stadtkirche zu Wittenberg zu sehen. Ein Skandal.
Burkhard Weitz
Die Stadtkirchengemeinde hat eine Gedenktafel angebracht, die das antisemitische Werk historisch einordnet. Dennoch sah sich ein Jude aus Bonn beleidigt und klagte. Doch drei Gerichtsinstanzen bescheinigten der Wittenberger Gemeinde: Weil sie das Werk historisch eingeordnet habe, sei der objektive Tatbestand der Beleidigung nicht erfüllt.
Muss eine Kirchengemeinde nicht alles daransetzen, dass von ihrem Haus keine Beleidigung ausgeht – egal, was die Rechtslage sagt? Ein Expertengremium empfiehlt nun, die Skulptur ins Museum zu befördern. Richtig so. Und das gilt nicht nur für Wittenberg. Auch die anderen "Judensäue" gehören in die historische Mottenkiste: Wasserspeier am Kölner Dom, an St. Laurentius zu Ahrweiler und an der Stiftskirche von Bad Wimpfen. Schnitzwerke im Chorgestühl der Dome zu Erfurt, Nordhausen und Köln. Sandsteinfiguren, wie die in der Marienkirche zu Lemgo. Nein, wir müssen das bleischwere Erbe des Antisemitismus nicht verleugnen. Aber wir müssen es auch nicht so präsentieren.