Das Thema war lange tabu. Nun aber diskutiert Ghana heiß über die Rechte von Homosexuellen und Menschen, die nicht der Geschlechternorm entsprechen. Der Anlass: Die vor drei Jahren gegründete Organisation LGBT+ Rights Ghana eröffnete in Accra erstmals ein Büro, das auch Anlaufstelle für sogenannte queere Menschen sein sollte. Es musste einen Monat später wieder schließen, nachdem Mitarbeiter:innen immer wieder bedroht wurden und Polizei und Sicherheitskräfte die Räume gestürmt hatten.
Rafael Dreyer
Ein Gesetz in Ghana erklärt gleichgeschlechtliche Liebe für widernatürlich und strafbar. Zwar kommt es selten zu strafrechtlicher Verfolgung, aber Homosexuelle werden so geächtet, oft auch innerhalb ihrer Familien, dass sich kaum jemand outet. Lesbische oder schwule Paare sieht man höchstens in Strandhotels, in einem eher international geprägten Ambiente mit vielen weißen Hotelgästen aus Europa oder den Vereinigten Staaten.
Gegen das LGBT-Büro hatte vor allem eine "Nationale Koalition" aus christlichen, muslimischen, nicht religiösen und traditionellen Meinungsführern protestiert, welche sich immer wieder für die Wahrung der traditionellen Familienwerte einsetzt. Das Büro sei illegal und verstoße gegen die Gesetze, Traditionen und Bräuche des Landes, so die Begründung. Der Präsident der katholischen Bischofskonferenz erklärte zudem, dass die Kirche weiterhin nur die Ehe zwischen Mann und Frau anerkennen würde.
Neokolonialismus?
Seit einiger Zeit diskutiert man auch über neue Lehrpläne für den Sexualunterricht. Nach dem Konzept der UN und der ghanaischen Regierung sollen Lehrer und Lehrerinnen nicht nur über die körperlichen Vorgänge informieren, sondern auch Aspekte wie Respekt, Inklusion, Diskriminierung oder Gleichberechtigung besprechen. Im Alltag höre ich eigentlich nur Stimmen, die das ablehnen. Viele sehen darin eine Strategie, um für sexuelle Vielfalt zu werben. Oder einen neokolonialen Vorstoß des Westens. Aber immerhin: Man spricht darüber.