Accra - Tabubruch
Accra - Tabubruch
Robin Hammond/Panos Pictures/Visum
Tabubruch
Schwule und Lesben leben in Ghana gefährlich. Eine Zentrum in der Hauptstadt musste wieder schließen.
Rafael DreyerPrivat
21.05.2021

Das Thema war lange tabu. Nun aber diskutiert Ghana heiß über die Rechte von Homo­sexuellen und Menschen, die nicht der Geschlechternorm entsprechen. Der Anlass: Die vor drei Jahren gegründete Organisation LGBT+ Rights Ghana eröffnete in Accra erstmals ein Büro, das auch Anlaufstelle für sogenannte queere Menschen sein sollte. Es musste einen Monat später wieder schließen, nachdem Mitar­beiter:innen immer wieder bedroht wurden und Polizei und Sicherheitskräfte die Räume gestürmt hatten.

Rafael DreyerPrivat

Rafael Dreyer

Rafael Dreyer ist Pfarrer der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde Accra.

Ein Gesetz in Ghana erklärt gleichgeschlechtliche Liebe für widernatür­lich und strafbar. Zwar kommt es selten zu strafrechtlicher Verfolgung, aber Homosexuelle werden so geächtet, oft auch innerhalb ihrer Familien, dass sich kaum jemand outet. Lesbi­sche oder schwule Paare sieht man höchstens in Strandhotels, in einem eher international geprägten Ambiente mit vielen weißen Hotelgästen aus Europa oder den Vereinigten Staaten.

Gegen das LGBT-Büro hatte vor allem eine "Nationale Koalition" aus christlichen, muslimischen, nicht religiösen und traditionellen Meinungsführern protestiert, welche sich immer wieder für die Wahrung der traditionellen Familienwerte einsetzt. Das Büro sei illegal und verstoße gegen die Gesetze, Traditionen und Bräuche des Landes, so die Begründung. Der Präsident der katholischen Bischofskonferenz erklärte zudem, dass die Kirche weiterhin nur die Ehe zwischen Mann und Frau an­erkennen würde.

Neokolonialismus?

Seit einiger Zeit diskutiert man auch über neue Lehrpläne für den Sexualunterricht. Nach dem Konzept der UN und der ghanaischen Regierung sollen Lehrer und Lehrerinnen nicht nur über die körperlichen Vorgänge informieren, sondern auch Aspekte wie Respekt, Inklusion, Diskriminierung oder Gleichberechtigung besprechen. Im Alltag höre ich eigentlich nur Stimmen, die das ablehnen. Viele sehen darin eine ­Strategie, um für sexuelle Vielfalt zu werben. Oder einen neokolonialen Vorstoß des Wes­tens. Aber immerhin: Man spricht darüber.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.