Zwangsprostitution
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Zwangsprostitution
Wie holt man seine Tochter aus dem Bordell?
Elf Jahre lang war Katharina in der Gewalt eines Mannes, der erst ihr Reitlehrer war und dann ihr brutaler Zuhälter. Hier erzählen die Eltern, wie sie um das Mädchen kämpften.
Anja Meyer
Aktualisiert am 05.08.2024
16Min

Die Eltern leben in einem kleinen Ort in Oberfranken. Sie sind inzwischen pensioniert, sie war Lehrerin, er Rechtsbeistand und Steuerberater mit einer eigenen ­Kanzlei, die er vor ein paar Jahren verkauft hat. Sie haben außer Katharina noch eine jüngere Tochter und zwei Söhne. Die Journalistin ­Barbara Schmid begleitet die Familie seit Jahren. Sie hat mit Katharina ein Buch geschrieben* – und für chrismon sprach sie mit den Eltern. Sie erzählen, wie sie ihre ­Tochter verloren und wie sie mit allen Mitteln versucht haben, sie zurückzugewinnen.

Mutter: Katharina war ein tolles Kind, robust, zu­ver­lässig, manchmal fast schon draufgängerisch, wenn sie mit dem Rad so lange über Rampen gefahren ist, bis wieder ein Rahmen kaputt war. Als sie etwa zehn Jahre alt war, ­entdeckte sie das Reiten für sich, zusammen mit ihrer ­jüngeren Schwester. Der Reiterhof ganz in der Nähe wurde zum großen Sehnsuchtsort für meine beiden Mädchen.

Vater: Sie waren in Gedanken eigentlich immer im Stall. Beim Essen wurde über Turniere gesprochen, die ­Schleifen, die sie dort bei Wettbewerben gewonnen haben. Katharina hatte sich für das Spring­reiten entschieden, unsere jüngere Tochter für die Dressur.

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Produktinfo

Katharina M., Barbara Schmid: "Schneewittchen und der böse König - Wie mich mein Reitlehrer manipulierte und zur Prostitution zwang und wie ich mich daraus befreite"
mvg
272 Seiten
16,99 Euro

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Sehr geehrte Chrismon,
ihr ARTIKEL:Wie holt man seine Tochter aus dem Bordell"hat mich sehr berührt. Toll das die Eltern ihre Tochter nicht aufgegeben haben und ihr geholfen haben. Dafür wirklich sehr viel Respekt das zeigte ihre Liebe! Ich werde mir das Buch auf jeden Fall besorgen, weil ich wissen möchte wie es dazu kommt in eine Abhängigkeit zu kommen.
Mit freundlichen Grüßen
Janina D.

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Sehr geehrte Chrismon,
vorab: In den folgenden Überlegungen seien alle ökonomischen Begriffe für Emotionales als „in Anführungszeichen“ gesetzt zu betrachten.

Eine grundlegende Eigenschaft der menschlichen Psyche ist der emotionale Widerstand gegen das endgültige Abschreiben von Verlusten - welcher auch immer.

Das nützen sowohl Anlage- als auch Beziehungs-Betrüger, wie z. B. Zuhälter, wissentlich aus, indem sie bei ihren Opfern nach anfänglichen emotionalen Gewinnen die Höhe von deren Verlusten (!) schrittweise steigern. Für diese Opfer gibt es m. E. nur 2 Wege aus dieser Falle, 1. den Ruin, 2. das unter Umständen sehr schmerzhafte Eingeständnis, ihre Fehl-Investitionen als unwiederbringlich (!) verloren abzuschreiben.

Ein Weg, auf dem mir Hilfestellung möglich scheint, ist der 3 – Stufige: 1.) Überzeugung des Opfers, dass es diesen seelischen Mechanismus (ggf. auch „nur bei anderen“) gibt, und 2.) dabei die Vermutung, dass der Gesprächspartner auch Opfer dieses Effektes sein könnte, wohlwollend als „mögliche Meinung gegen Meinung“ stehen lassen. 3.) die Bereitschaft, ggf. mit dem Opfer den Schmerz über den endgültigen Verlust von all dessen Fehl-Investitionen zu teilen.

Wertvolle Informationen zu diesem sogenannten „Concorde-Effekt“ oder „Concorde-Trugschluss“ finden sich etwa bei Google[Concorde-Effekt].

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Sehr geehrte Damen und Herren / sehr geehrte Frau Schmid,
ich habe gerade erst den Beitrag "Wie holt man seine Tochter aus dem Bordell?" in der Chrismon 5 /20 gelesen und bin so schockiert, dass ich Ihnen das schreiben muss. Schockiert über Katharinas tragische Geschichte, aber auch darüber, wie wenig die Eltern laut des Artikels ihre Mitschuld zu reflektieren scheinen. Eine derart lapidare Frage an eine junge Frau, die sexueller Gewalt ausgesetzt ist: "Läuft da was mit deinem Reitlehrer?", die die Mutter wohl gestellt hatte, tut mir fast weh und zeigt, wie wenig Verständnis über sexuelle Gewalt inkl. der Manipulationen der Täter bei ihr auch heute noch vorhanden sein muss - da "läuft" nichts, da wird (mindestens psychische) Gewalt angewendet und da bedarf es Schutz und beherzte Aktion von Seiten der Erziehungsberechtigten anstelle von Vorwürfen, Verharmlosung und eines Mitschuldigmachens der Opfer! Meines Erachtens hätte die minderjährige Katharina eindeutig besser und mit mehr Mitteln und Nachdruck von elterlicher Seite vor diesem Gewalttäter geschützt werden müssen (Mir ist zum Beispiel nicht verständlich, warum erst nach Jahren der Reitstall gewechselt worden ist). Dass diese Geschichte in dieser Form so unreflektiert in einem christlichen Magazin erscheint, finde ich erschreckend und traurig. Der Tenor scheint zu sein: so etwas passiert in unserer Welt, die Tochter ist uns "entglitten" und wir konnten nichts tun, anstelle eines förderlicheren Tenors für junge Frauen und unsere Gesellschaft: wir hätten besser aufpassen und schneller eingreifen müssen - sexualisierte Gewalt zerstört Leben und gerade Minderjährige müssen mit allen Mitteln vehement davor geschützt werden - uns ist das nicht gelungen und wir haben schwer an dieser Schuld zu tragen - bitte machen Sie es besser.
Mit freundlichen Grüßen
G. S.