Diese Frau aus dem Umfeld Jesu eignet sich so recht als Projektionsfläche für Männerfantasien: Je nach Interesse stilisierten Künstler, Theologen, Historiker Maria aus Magdala als Sünderin, als Ehebrecherin oder reuige Büßerin. Manchen gilt sie gar als Geliebte Jesu oder als Prostituierte. Sie sei von sieben Dämonen besessen gewesen und wurde durch Jesus von ihnen befreit, heißt es. Alte Tafelgemälde zeigen sie demütig zusammengekauert zu Füßen Jesu, auf manchen hat sie ihren nackten Körper sogar nur mit ihren langen Haaren bekleidet. Eine dubiose, moralisch fragwürdige Frau, neben der ihr Lehrer und Vorbild, Jesus von Nazareth, umso glänzender dasteht.
Historisch sind viele dieser Erzählungen und Darstellungen haltlos. Maria aus Magdala war höchstwahrscheinlich keine anrüchige Sünderin. Sie war auch keine Mitläuferin Jesu, sondern eine selbstbewusste, möglicherweise vermögende Frau. Sie wird nämlich nicht – wie andere Frauen der Bibel – über einen Mann definiert. Sie stammte aus der reichen Stadt Magdala, einem Villenort am Westufer des Sees Genezareth. Und sie war auch durch ihre gemeinsame Muttersprache mit Jesus verbunden, das Aramäische.
Was sie vor allen anderen Frauen und Männern der Jesusgeschichte auszeichnet: Sie kann als Einzige den ganzen Weg Jesu von seinem Tod am Kreuz über seine Bestattung bis zur Auferstehung aus eigener Anschauung bezeugen. Sie hat, wie die altkatholische Theologin Brigitte Glaab erforscht hat, diesen Mann als eine der wenigen Zeitgenossen sogar von Anfang bis Ende seines öffentlichen Wirkens begleitet.
Maria ist die berühmteste aus einem Kreis von Frauen, die die Kreuzigung immerhin aus der Ferne verfolgten. Die Männer hatten sich bereits Tage zuvor bei der Festnahme Jesu aus dem Staub gemacht und waren nach Galiläa geflohen. Und Maria aus Magdala war es, die gemeinsam mit anderen Frauen (im Johannesevangelium allein) das geöffnete Grab Jesu entdeckte und der dann Engel und der Auferstandene selbst erschienen.
Diese Frauen, nicht Männer, erhalten als Erste den Auftrag, von der Auferstehung zu reden, den anderen Jüngerinnen und Jüngern das Erscheinen Jesu in Galiläa anzukündigen (Markus- und Matthäusevangelium). Die Quellenlage ist eindeutig. Doch schon im frühen Christentum wurde die Überlieferung umgeschrieben: Nun soll Simon Petrus, der wichtigste Apostel, der Erste gewesen sein, der den Auferstandenen erblickte. Und genau so wurde es in das allerälteste Glaubensbekenntnis der Christen hineingeschrieben, das sich im 1. Korintherbrief befindet (Kapitel 15, Vers 5).
Zeuginnen des zentralen christlichen Ereignisses
Frauen sind Schlüsselfiguren in den Osterberichten. Dass sie im Grab den auferstandenen Jesus gesehen hatten, hielten die Männer allerdings für Geschwätz, wie im Lukasevangelium zu lesen ist (24,11). Und so erlebte Maria aus Magdala durch die Jahrhunderte eine bemerkenswerte Abwärtskarriere.
Auch wenn sie neben Maria, der Mutter Jesu, die am meisten genannte Frau in den Evangelien ist und auch wenn sie als Einzige in den Osterberichten gleich dreier Evangelien genannt wird (Markus, Matthäus, Johannes), verlor sie doch in der Kirchengeschichte an Glanz, und sie musste in der volkstümlichen Theologie und Frömmigkeit hinter die führenden Männer der Kirche zurücktreten. Ihre besondere Rolle in der Ostergeschichte wurde überlesen, bis feministische Theologinnen sie in den vergangenen dreißig Jahren wieder in den Vordergrund rückten.
Angesichts des ursprünglichen Befundes in der Bibel ist es umso rätselhafter, warum Frauen in den Kirchen über Jahrhunderte an den Rand gedrängt wurden. Sowohl ihre Position in der Leitung als auch ihre Rolle in der Verkündigung wurden dem nicht gerecht, was an Ostern galt: Frauen waren die ersten Zeuginnen und Botschafterinnen der Auferstehung. Und das ist immerhin das zentrale christliche Ereignis.
...rätselhaft, warum Frauen in den Kirchen über Jahrhunderte
Frag Paulus IM "Saulus" (lebenslang römischer Staatsbürger) 1 Kor 11, 7-9, 1 Kor 14, 34, 1.Timotheus 2,11-12, 1.Korinther 7,1-2 oder sieh: https://www.youtube.com/watch?v=3CouYFxuiyA