Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (rechts) umarmt Papst Franziskus. Die Szene wurde im Dezember 2015 im Petersdom aufgenommen.
Neuer Schub für die Ökumene
Gregorio Borgia/AP Photo/Picture Alliance
Neuer Schub für die Ökumene
Papst Franziskus kann nun freier agieren - auch bei der Versöhnung mit den evangelischen Kirchen. Wunder sollte man aber nicht erwarten.
Portrait Eduard KoppLena Uphoff
03.01.2023

Fast zehn Jahre lang amtierte Papst Franziskus mit dem Schatten seines zurückgetretenen Vorgängers Papst Benedikt XVI., des deutschen Theologen Joseph Ratzinger. Fast zehn Jahre lang doppelte sich das Bild der weißen Soutanenträger, die sich mit "Eure Heiligkeit" ansprechen ließen. Fast zehn Jahre wohnten die beiden Nachfolger Christi in Nachbarschaft im Vatikan. Einem anderen Ex-Papst wäre es wahrscheinlich eingefallen, wieder das rote Kardinalsgewand anzulegen und seinen Lebensabend entfernt von Rom zu verbringen. Nicht so Joseph Ratzinger. Er ließ sich von seinen konservativen Parteigängern an seinem römischen Amtssitz weiter als Garant der "Wahrheit" und als Bollwerk gegen den "Zeitgeist" feiern.

Portrait Eduard KoppLena Uphoff

Eduard Kopp

Eduard Kopp ist Diplom-Theologe und chrismon-Autor. Er studierte Politik und Theologie, durchlief die Journalistenausbildung des ifp, München, und kam über die freie Mitarbeit beim Südwestrundfunk zum "Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt" nach Hamburg. Viele Jahre war er leitender theologischer Redakteur bei dieser Wochenzeitung und seinem Nachfolgemedium, dem evangelischen Magazin chrismon. Seine besonderen Interessengebiete sind: Fragen der Religionsfreiheit, Alltagsethik, Islam, Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, Krieg und Frieden.

Nach dem Tod des deutschen Emeritus kann Papst Franziskus freier agieren. Nicht, dass er sich von seinem Vorgänger hätte bestimmen lassen. Doch zumindest die Gefahr ist gebannt, dass weiter antijüdische Äußerungen aus den Vatikanmauern dringen und Abwertungen der evangelischen Kirchen fortgeschrieben werden.

Doch mit Ratzingers Tod hat das Eigenleben der vatikanischen Ämter (Dikasterien) nicht aufgehört, die theologisch konservativen Seilschaften bestehen fort, die noch von Joseph Ratzinger ernannten konservativen Kardinäle spielen ihren Einfluss aus. Daran ändern die von Franziskus erst jüngst ernannten neuen Kardinäle allenfalls langfristig etwas.

Die Kurienreform ist nicht bei allen angekommen

Auch wenn Papst Franziskus wollte (was nicht zu erwarten ist): Er wird nichts am Ausschluss der Frauen von kirchlichen Weiheämtern ändern können, nicht sein Veto gegen den deutschen Beratungsprozess des "synodalen Wegs" zurücknehmen, nicht die vielfältigen Blockaden bei der Aufklärung sexualisierter Gewalt wegräumen können. Die seit Jahren dauernde Kurienreform ist noch nicht in den Köpfen aller Amtsträger angekommen, viele träumen noch von den Zeiten des fröhlichen Durcheinanders, als schwarze Kassen der einzelnen Ämter zum täglichen Chaos beitrugen.

Franziskus wird nun sicherlich etwas souveräner handeln können. Aber im Vatikan wird keine neue Epoche eingeläutet. Er ist körperlich zwar angeschlagen. Aber noch fit genug, die einladenden Seiten der Kirche zum Glänzen zu bringen. Und dazu gehört auch die weitere Versöhnung mit den Kirchen der Reformation.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.
Permalink

Wir wollten glauben, dass er souverän ist. Warum eigentlich? Das wollte er auch sein, er war es nicht und wird es weder werden noch dürfen. Die Macht der täglichen menschlichen Bedürfnisse verschlingt jeden guten Willen. In allen Dikasterien. Für jede Verantwortung. Dafür besteht keine Alternative. Spruch v. Franziskus: Ihr habt eine sehr gute ev. Kirche. Eine 2. (so gute) brauchen wir nicht". Vernichtender kann ein Lob nicht sein.