Fast zehn Jahre lang amtierte Papst Franziskus mit dem Schatten seines zurückgetretenen Vorgängers Papst Benedikt XVI., des deutschen Theologen Joseph Ratzinger. Fast zehn Jahre lang doppelte sich das Bild der weißen Soutanenträger, die sich mit "Eure Heiligkeit" ansprechen ließen. Fast zehn Jahre wohnten die beiden Nachfolger Christi in Nachbarschaft im Vatikan. Einem anderen Ex-Papst wäre es wahrscheinlich eingefallen, wieder das rote Kardinalsgewand anzulegen und seinen Lebensabend entfernt von Rom zu verbringen. Nicht so Joseph Ratzinger. Er ließ sich von seinen konservativen Parteigängern an seinem römischen Amtssitz weiter als Garant der "Wahrheit" und als Bollwerk gegen den "Zeitgeist" feiern.
Eduard Kopp
Nach dem Tod des deutschen Emeritus kann Papst Franziskus freier agieren. Nicht, dass er sich von seinem Vorgänger hätte bestimmen lassen. Doch zumindest die Gefahr ist gebannt, dass weiter antijüdische Äußerungen aus den Vatikanmauern dringen und Abwertungen der evangelischen Kirchen fortgeschrieben werden.
Doch mit Ratzingers Tod hat das Eigenleben der vatikanischen Ämter (Dikasterien) nicht aufgehört, die theologisch konservativen Seilschaften bestehen fort, die noch von Joseph Ratzinger ernannten konservativen Kardinäle spielen ihren Einfluss aus. Daran ändern die von Franziskus erst jüngst ernannten neuen Kardinäle allenfalls langfristig etwas.
Die Kurienreform ist nicht bei allen angekommen
Auch wenn Papst Franziskus wollte (was nicht zu erwarten ist): Er wird nichts am Ausschluss der Frauen von kirchlichen Weiheämtern ändern können, nicht sein Veto gegen den deutschen Beratungsprozess des "synodalen Wegs" zurücknehmen, nicht die vielfältigen Blockaden bei der Aufklärung sexualisierter Gewalt wegräumen können. Die seit Jahren dauernde Kurienreform ist noch nicht in den Köpfen aller Amtsträger angekommen, viele träumen noch von den Zeiten des fröhlichen Durcheinanders, als schwarze Kassen der einzelnen Ämter zum täglichen Chaos beitrugen.
Franziskus wird nun sicherlich etwas souveräner handeln können. Aber im Vatikan wird keine neue Epoche eingeläutet. Er ist körperlich zwar angeschlagen. Aber noch fit genug, die einladenden Seiten der Kirche zum Glänzen zu bringen. Und dazu gehört auch die weitere Versöhnung mit den Kirchen der Reformation.
Wir wollten glauben, dass er
Wir wollten glauben, dass er souverän ist. Warum eigentlich? Das wollte er auch sein, er war es nicht und wird es weder werden noch dürfen. Die Macht der täglichen menschlichen Bedürfnisse verschlingt jeden guten Willen. In allen Dikasterien. Für jede Verantwortung. Dafür besteht keine Alternative. Spruch v. Franziskus: Ihr habt eine sehr gute ev. Kirche. Eine 2. (so gute) brauchen wir nicht". Vernichtender kann ein Lob nicht sein.
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