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Privat
Ausflug in den Klimawandel
Der Auslandspfarrer will mit seiner Familie an den Badesee. Doch den gibt´s nicht mehr
11.02.2020

Bei uns ist gerade Hochsommer. Und so träumten wir mit den Kindern von einem Ausflug an einen nahe gelegenen See. Etwa zwei Stunden brauchten wir von der chile­nischen Hauptstadt zur Laguna de Aculeo, die Vorfreude stieg angesichts der großen Werbeschilder für Hotels, Restaurants und Bootsverleihe.
Dann allerdings die große Ernüchterung: kein Wasser. Nirgends. Wo Anfang der 2000er Jahre ein See war, herrscht jetzt gähnende Leere. Der Mann am Zeltplatz meinte, vor zwei, drei Jahren habe man noch durch ein wenig Schlamm waten können.

 

Privat

Johannes Merkel

Johannes Merkel ist Auslandspfarrer in Santiago de Chile

­Eine freundliche Frau am Eingang des angrenzenden kleinen Naturparks Altos de Cantillana erklärte, dass große Teile wegen Waldbrandgefahr gesperrt sind. Und dass weder Flora noch Fauna mit den raschen Klimaveränderungen in der Region mit­halten können. Selbst bei großen kräftigen Bäumen brechen plötzlich Äste herunter. Und die Tiere finden keine Nahrung mehr.
Der Klimawandel, darin sind sich die Wetterforscher einig, ist in Chile keine mögliche Zukunft, sondern erlebte Gegenwart. Für die Zentralregion, in der die meisten Menschen leben, heißt das vor allem: höhere Temperaturen und weniger Wasser. Die Gletscher auf den Anden ­werden von Jahr zu Jahr kleiner, und die Landwirte beklagen immer ­schwierigere Bedingungen.

Religiöse Gruppen vereint im Klimaschutz

Chile will bis 2040 auf die Kohle­verstromung verzichten, bei der extrem viel CO₂ entsteht. Und die UN-Klimakonferenz im Dezember 2019 sollte ursprünglich in Santiago stattfinden. Wegen der damaligen regierungskritischen Massen­proteste wurde sie dann kurzfristig nach Madrid verlegt. Viele Gruppen waren hier trotzdem aktiv. Unsere lutherische Kirche etwa schloss sich mit über 50 anderen religiösen Gruppen zu einer "Interreligiösen Allianz für das Klima" zusammen. Wir haben gemeinsam gebetet, Meditationen durchgeführt, Missstände angeklagt und damit versucht, den kulturellen und spirituellen Wandel, den unsere Erde braucht, zu unterstützen.
Es ist fraglich, ob man in der Laguna de Aculeo jemals wieder ­schwimmen kann. Aber dafür, dass andere Seen nicht ebenso ­aus­trocknen, ­müssen jetzt Ent­scheidungen getroffen ­werden.

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