Und dann wird es still im Wohnzimmer von Familie Fuchs. Willi Weitzel hat eine Stunde lang Mutter, Vater und Tochter befragt, wie genau das funktioniert mit dem Energiesparen, den Elektroautos und der Wärmepumpe. Er ist zu Besuch bei Klimaschützern, von denen er in nächster Zeit noch mehr treffen wird für die chrismon-Serie "Die Bessermacher". Eine Frage hat er noch an seine Gastgeber: "Können wir die Erderwärmung stoppen?" Mit großen Augen blickt er seinen Worten hinterher und sieht, dass Beatrix Fuchs um Worte ringt. Ihre Augen werden feucht. "Ich bin pessimistisch", sagt sie. "Es ist fünf nach zwölf, das Klima kippt, aber in Politik und Gesellschaft bewegt sich so wenig. Manchmal frage ich mich, wofür ich das überhaupt alles mache." Willi zeigt auf Sarah, die Tochter von Beatrix Fuchs, und flüstert: "Für sie."
Willi Weitzel
Auf dem Weg zum S-Bahnhof muss Willi Weitzel sich erst mal kurz sammeln. Er hat gerade miterlebt, dass die Frage, wie der Erderwärmung beizukommen ist, große Gefühle und Konflikte berührt. Auf der einen Seite wollen viele die Forschung, Greta Thunberg und die "Fridays for Future"-Bewegung am liebsten verdrängen. Soll doch bitte alles so weiterlaufen wie bisher, bloß kein Verzicht, wird schon alles nicht so schlimm werden.
Hören Sie Folge 1 vom "Bessermacher-Podcast": Özden Terli über die Klimakrise
Auf der anderen Seite stehen Menschen wie Beatrix Fuchs, die sich in der Münchner "Parents for Future"-Gruppe engagiert und zu Hause Kohlendioxid einspart, wo es nur geht, weil sie möchte, dass auch ihre beiden Kinder in einer lebenswerten Welt ihr Glück suchen können. Und mittendrin die vielen, die gern etwas tun würden, aber dann sind da die Sachzwänge, die knappe Zeit und die Bequemlichkeit – und wieder wird es nichts mit dem Klimaschutz. Genau diese Leute möchte Willi Weitzel anregen, auch mal etwas auszuprobieren. Jeder, wie er kann.
Auch Willi Weitzel schafft nicht alles beim Klimaschutz
Weitzel, Vater dreier Töchter, schafft ja auch nicht alles. Er lebt in einem Dorf 40 Kilometer von München entfernt. Bis zur Kita sind es acht Kilometer. "Wenn ich die Kinder mit dem Rad bringen würde, wäre ich zwei Stunden unterwegs, auf der Rückfahrt geht es ja nur bergauf." Ohne Auto geht es nicht, denn der Bus fährt nur selten. Wenn er nach München muss, zum Bayerischen Rundfunk in Unterföhring, fährt er zum nächsten Park-and-ride-Parkplatz und lässt den Wagen stehen. Auch zu Familie Fuchs ist er mit der S-Bahn gefahren. "Ich kann nicht samstagabends Berichte über die Folgen des Klimawandels anmoderieren und einfach so weitermachen wie früher auch."
Helmar Rudolf Willi Weitzel, 47 Jahre alt, wurde mit seiner Sendung "Willi wills wissen" berühmt. Er erklärte einer Generation von Kindern, wohin das Klorohr führt, was nach dem Tod kommt oder warum ein Segelflugzeug ohne Motor in der Luft bleiben kann. Willis Markenzeichen waren die großen Augen, mit denen er seinen Gesprächspartnern signalisierte: Ich will wirklich wissen, was du zu sagen hast! Heute glaubt Willi Weitzel, dass das Format deshalb so erfolgreich war, weil er als Reporter immer auch Teil seiner eigenen Zielgruppe war. "Ich war im Grunde selbst der Junge, der immer mehr wissen wollte."
Ein Supermarkt war der Ursprung der Neugierde
Der Ursprung seiner Neugierde: ein kleiner Supermarkt im hessischen Stadtallendorf, die Chefin hieß Eugenia, Weitzels Mutter. Der Laden war der Mittelpunkt des Ortsteils, hier tauschten die Leute Neuigkeiten aus. Willi immer mittendrin. Es kam vor, dass er mit seinem Bruder aushelfen musste. Und wenn richtig viel los war, saß jeder an seiner Kasse, der Bruder rechts, Willi links. "Bei mir war die Schlange immer viel länger, weil ich mit jedem so viel geredet habe", erzählt Weitzel. Nicht nur die Neugier, auch Respekt und Höflichkeit im Umgang mit allen Menschen hat er im Laden der Mutter gelernt. Es kamen ja die unterschiedlichsten Leute ins Geschäft, ein Schnitt durch die Gesellschaft, viele waren nett, ein paar auch schwierig – aber umgehen musste er mit allen. Das war eine gute Schule. Außerdem war sein Vater Karnevalspräsident, seine Mutter Büttenrednerin: Der Weg auf die Bühne war keine Überraschung für seine Familie.
Mehr als die Hälfte seines Lebens hat Willi Weitzel in Bayern verbracht, man hört es ihm an. In München studierte er Lehramt für die Hauptschule. Hätte ihn nicht das Radiofieber gepackt, würde er heute vielleicht irgendwo Religion, Deutsch, Erdkunde und Sport unterrichten. Es kam anders, aber die pädagogische Leidenschaft ist geblieben. Auch die "edition chrismon" hat davon schon profitiert, vor zwei Jahren, als Weitzel mit Mouhanad Khorchide ein Buch über den Islam schrieb ("Der Islam. Fragen und Antworten für alle, die’s wissen wollen").
Immer öfter musste Weitzel den Willi spielen - es war Zeit für etwas Neues
2009 war Schluss mit "Willi wills wissen", nach 180 Folgen. Weitzel hatte bemerkt, dass er den Willi aus der Sendung immer öfter spielen musste. Am Ende eines Drehtages wanderte er ein Stück die Isar entlang und war erstaunt, wie weit man in kurzer Zeit kommen konnte. Einige Wochen später überquerte er die Alpen, von München bis Venedig. Ein Abenteuer, das aus ihm einen Abenteurer machte. Er tourt mit seiner Multivisionsshow "Willis wilde Wege" durchs Land und erzählt, wie es im Gebirge war – oder auf dem Weg von Nazareth bis Bethlehem und von Deutschland bis zur Grenze nach Syrien, wohin er Hilfsgüter per Lkw brachte.
Seit zwei Jahren steht er wieder regelmäßig vor der Fernsehkamera, immer samstagabends in der Sendung "Gut zu wissen" im Bayerischen Fernsehen, regelmäßig schauen 300 000 Menschen zu. Nie würde Weitzel von sich behaupten, besonders viel zu wissen oder schlauer zu sein als andere. Aber Wissen vermitteln, komplexe Zusammenhänge einzuordnen – das ist immer noch sein Job. Und wer anderen Woche für Woche erzählt, wie es um das Klima bestellt ist, kann irgendwann nicht mehr wegschauen, findet er. Oft schon hat er Berichte über brennende Wälder und schmelzende Gletscher in
"Gut zu wissen" angekündigt. Und auf Reisen für seine Produktionsfirma "Welterforscher Film und so weiter GmbH" die Auswirkungen der Erderwärmung gespürt.
Ein "berufsbedingt schlechtes Gewissen" nennt er das. In Churchill im Norden Kanadas erlebte er, wie bedrückt die Menschen waren, die kaum aus ihren Häusern konnten, weil Eisbären durch den Ort streiften,
die längst auf dem Eis hätten jagen sollen. Aber da war kein Eis. In Kenia sah er Menschen dem Jeep hinterherrennen, in dem er mitfuhr, sie machten
Bewegungen, als würden sie trinken. Aber es gab kein Wasser mehr. "Ich habe mich angesprochen gefühlt."
Wenn jeder für sich die Welt retten soll, ist der Kampf verloren
Willi Weitzel ahnt, dass es auch Kritik geben wird, wenn er jetzt ein Jahr lang Menschen vorstellen wird, die etwas in ihrem Leben ändern, für den Klimaschutz. Denn der Kampf gegen die Erderwärmung ist verloren, wenn jeder für sich die Welt retten soll, während sich nichts an den ressourcenintensiven Strukturen ändert, in denen wir leben. Es besser machen zu wollen als fast alle anderen; zu verzichten, wo viele noch zugreifen – das kann Menschen auch überfordern. "Ich mache das aber auch als Orientierung für mich. Eigentlich sollte ich als Vater mit meinen 47 Jahren sagen können: So geht richtig leben. Aber ich weiß es nicht", sagt Weitzel. Ihm wäre es auch lieber, es gäbe politische Mehrheiten, die die richtigen Beschlüsse zum Klimaschutz fassen, aber darauf will er nicht länger warten. Er sucht jetzt erst mal selbst nach einem Weg.
Ein Fixpunkt hilft ihm dabei. Willi Weitzel ist gläubiger Katholik, auch in diesem Jahr hat er den Sternsingerfilm fürs Kindermissionswerk produziert. Wie passt das zusammen: Einerseits an etwas zu glauben, das niemand beweisen kann – und andererseits im Job immer wieder in die Welt der harten Fakten einzutauchen? "Was die Forscher an Erkenntnissen über unsere Welt liefern, lässt mich manchmal daran zweifeln, dass es jemanden gibt, der das alles geschaffen hat. Aber ich fühle mich unwohl, wenn ich meinen Glauben komplett infrage stelle. Er ist wie eine Wurzel, ohne die ich umfallen würde", sagt er. Sein Lieblingsvers in der Bibel: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Mit seiner Haltung hat er sich Respekt verschafft in der Unterhaltungsbranche. Ein angenehmer Kollege sei der Willi, sagt Eckart von Hirschhausen. Und ein begnadeter Witzeerzähler, das habe er für die Aufnahmen zum Hörbuch "Ist das ein Witz?" zugunsten seiner Stiftung "Humor hilft heilen" gemerkt. "Aber vor allem habe ich Hochachtung für sein Engagement für die Sternsinger und soziale Projekte in aller Welt. Wer Kinder liebt, macht keinen Unterschied, wo sie leben, sondern will, dass es ihnen gut geht."
Ein guter Bekannter, mit dem man die Welt ein bisschen besser machen kann
Einen Tag nach seinem Besuch bei Familie Fuchs ist Willi wieder unterwegs in München. In einer halben Stunde ist er bei zwei Familien angekündigt, die keine Flugreisen mehr machen wollen und sowieso ganz anders über Mobilität nachdenken als früher. Er kommt nicht so richtig voran, die S-Bahn fährt nicht, er muss zum Marienplatz, zur U-Bahn. Kurzerhand geht er zu Fuß, zehn Minuten wird er zu spät kommen – aber das ist ihm lieber, als mit dem Auto pünktlich zu sein.
Auf der Rolltreppe zum Bahnsteig steht eine junge Frau vor ihm. Sie dreht sich um, blickt wieder nach vorn, schaut dann doch wieder hoch zu Willi Weitzel. "Du bist doch der Willi wills wissen, i hob als Kind jede Folge o’gschaut!"
Wie der Frau wird es nun elf weiteren Familien gehen, die Willi Weitzel besuchen wird. Es ist so, als würde ein alter Bekannter vorbeischauen. Und dann plaudert man ein Stündchen über Gott und die Welt – und darüber, wie sie vielleicht ein bisschen besser werden kann.
Familie Fuchs
Sehr geehrter Herr Weitzel,
interessiert habe ich Ihren Artikel „Die Bessermacher“ gelesen, da wir uns gern über die Thematik „Elektromobilität informieren. Ich habe dazu folgende Fragen:
• Mit welchem koreanischen Auto fuhr ihre Familie Fuchs, das REAL über 400 km ohne Nachladung fahren kann (vollbeladen?), ohne unter die empfohlenen 20% Restladekapazität zu kommen?
• An der Autobahn gibt es viele Schnellladestationen? Wir benutzen unser Auto meist für Fernfahrten, deshalb interessiert mich das besonders. Wo kann ich dazu eine Karte einsehen? Alle Artikel von Testfahrten, die ich bisher las, sagten etwas anderes aus. Die Fahrten waren meistens Zitterpartien, teilweise im Schleichgang, damit überhaupt noch eine funktionierende Säule irgendwo erreicht werden konnte. Dazu kommt, dass die Ladezeit auch an diesen Säulen deutlich höher war als 25 Minuten, um die 80% Kapazität zu erreichen.
• Kalabrien als Ziel? Dort gibt es nach meiner Recherche keine einzige E- Ladesäule.
Ich freue mich auf Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen!
Karin Müller
Mit Großem Interesse haben
Mit Großem Interesse haben wir diesen Artikel verfolgt. Hierzu ist zu bemerken dass eine Veränderung Immer von jedem einzelnen ausgehen muss und, dass man nicht darauf warten sollte dass irgend ein anderer für einen die Welt, das Klima, den Konsumverbrauch etc. ändern wird.
Wir haben bereits vor ca. 20 Jahren mit der Veränderung der Trinkgewohnheiten vom Plastiktrinkhalm, hin zum Trinkhalm aus Naturstroh (Strohhalm), damit begonnen einen kleinen Beitrag für eine bessere Umwelt zu leisten um auch hier eine unnötige Plastikflut zu vermeiden. Täglich werden alleine in den USA 5000 000 Plastiktrinkhalme verbraucht.
Mit freundlichen Grüßen
Marie-Luise Dobler