Herr Links, "Völkische Landnahme" heißt das Buch von Andrea Röpke und Andreas Speit. Warum jetzt dieser Band in Ihrem Verlag?
Christoph Links: Dieses Buch zeigt in dramatischer Deutlichkeit, wie weit der öffentliche Raum, vor allem eben auch in Dörfern auf dem Land, bereits von rechten Kräften unterwandert ist. Hier reden wir nicht mehr über eine abstrakte Gefahr, sondern über Realität. Röpke und Speit zeigen mit ganz konkreten Beispielen, wie halbe Dörfer von den Völkischen aufgekauft wurden, wie sie mit Pegida und AfD sympathisieren, von diesen politisch gestützt werden.
Die Politik redet das Problem immer noch klein?
Seit dem Mord an Walter Lübcke und dem Überfall auf die Synagoge in Halle geht das nicht mehr. Sogar Horst Seehofer ist umgeschwenkt. Bücher wie diese hier sorgen dafür, dass die Gefahr nicht mehr so einfach unter den Teppich gekehrt werden kann.
Kurz nachdem das Buch erschienen ist, bekamen Sie und die Autoren innerhalb weniger Wochen 16 Abmahnungen, vier davon aus der Kanzlei Höcker in Bremen.
Ja, das ist die Kanzlei, in der jetzt auch Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Verfassungsschutzpräsident, mitarbeitet. Wir vermuten dahinter eine gewisse Taktik: Man versucht, unsere Kräfte dahingehend zu binden, dass wir uns gegen die vielen Unterlassungsansprüche wehren müssen, anstatt weiter proaktiv zu recherchieren oder neue Bücher herauszugeben. Normalerweise würde man einem Buchverlag mehrere Tage Zeit gewähren, um auf die Abmahnungen zu reagieren und Gegenbeweise beim Gericht mit sogenannten Schutzschriften zu hinterlegen. Uns sind in der Regel aber nur ein bis zwei Tage Zeit eingeräumt worden, und der Streitwert, nach dem sich alle Folgekosten berechnen, ist außergewöhnlich hoch angesetzt worden. Das macht die Verteidigung der kritischen Aussagen über rechte Aktivisten, die wir durch die Meinungsfreiheit gedeckt sehen, für uns alle enorm teuer.
Machen wir jetzt mit diesem Interview Werbung für die Taktik der Rechten?
Im Gegenteil, wir klären auf. Man muss diese perfiden Techniken öffentlich benennen, denn sie dienen natürlich der Einschüchterung. Der Anwalt Ralf Höcker hat neulich in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" betont, wie stolz er darauf sei, dass er Journalisten einschüchtere und mit Abmahnungen überziehe. Bei uns hat er damit keinen Erfolg.
Sie waren auch schon Verleger in der DDR - war die Zeit damals schwerer als heute?
Ich bitte Sie, das kann man überhaupt nicht vergleichen. In der DDR gab es eine offizielle Vorzensur und eine Kontrolle der Verlage, die alle eine staatliche Lizenz für ihre Tätigkeit benötigten. Kritische Bücher, wie wir sie in unserem Verlag seit nunmehr drei Jahrzehnten veröffentlichen, hätten in der DDR nie eine Druckgenehmigung erhalten. Im Vergleich dazu leben wir heute in einem Rechtsstaat. Wir können uns wehren und haben dies in einem ersten Verfahren zu dem Buch gerade auch mit Erfolg getan.