Dem Freund geht es oft nicht gut. Jetzt sagte er: Ich glaub, ich mach Schluss. Ich hab so getan, als hätte ichʼs nicht verstanden. Muss ich das ernst nehmen?
Waltraud Stubenhofer: Ja. Vermutlich denkt er an Suizid, so wie er es formuliert. Typische Sätze sind auch: Ich halte dieses Leben nicht mehr aus. Ich möchte endlich einfach nur meine Ruhe haben. Horchen Sie auf und fragen Sie nach, was er damit meint.
Soll ich etwa sagen: Willst du dich umbringen? Dann kommt er womöglich erst auf die Idee!
Davor haben viele Menschen Angst. Aber wenn er keine Suizidgedanken hat, wird er sich distanzieren. Wenn doch, wird es ihn erleichtern, darüber reden zu dürfen. Suizidale Menschen isolieren sich oft, mit seiner Andeutung hat er eine Tür geöffnet.
Ich habe die Tür zugeschlagen...
Sie sind erschrocken, das ist verständlich. Nehmen Sie einen zweiten Anlauf. Verabreden Sie sich neu und greifen das auf: "Es geht mir nicht aus dem Kopf, was du gesagt hast. Denkst du wirklich daran, dein Leben zu beenden?"
Waltraud Stubenhofer
Hanna Lucassen
Und wenn er dann Ja sagt, wie kann ich ihn davon abbringen?
Seien Sie erst einmal nur diejenige, der er sich anvertraut. Hören Sie zu, ohne zu verurteilen, fragen Sie nach: Wie lange hast du diese Gedanken schon? Wie konkret sind die? Was quält dich so? Geben Sie keine Ratschläge wie "Denk an deine Familie!". Bieten Sie aber an, mit ihm nach professioneller Hilfe zu suchen: Krisendienst, Sozialpsychiatrischer Dienst, Telefonseelsorge, der Hausarzt, eine Psychiaterin sind Anlaufstellen.
Müsste er nicht in die Psychiatrie? Dahinter steckt doch immer eine Depression, oder?
Ja, häufig leiden suizidale Menschen an depressiven Symptomen, die Hintergründe sind allerdings vielfältig. Ob ein Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik sinnvoll ist, können nur Fachleute klären. Nur bei Sui zidgefahr ist die Unterstützung einer psychiatrischen Klinik sofort nötig.
Was, wenn er nach Hause geht und sich doch etwas antut?
Sie sind nicht für ihn verantwortlich. Er hat sich Ihnen anvertraut, und Sie hatten genug Mut, ihm zuzuhören, Sie haben Hilfsangebote vorgeschlagen. Ich verstehe aber Ihre Angst. Es wäre gut, wenn Sie die mit jemandem teilen.
Hilfe im Notfall
Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr besetzt. Der Anruf ist kostenlos,
die Beratung anonym.
Tel. 0800/1110-111 und -222
www.telefonseelsorge.de
Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) listet weitere Hilfsangebote und Adressen für Betroffene und Angehörige auf: www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/fuer-betroffene-und-angehoerige/
Im Hilfeportal der Diakonie Deutschland finden Sie deutschlandweit Beratungsstellen zu fast jedem Thema.